Es ist nicht so, dass wir ein einzelnes Kind in uns hätten, vielleicht verletzt, verängstigt, das gebraucht werden will oder sich zurückzieht, um etwas zu kompensieren, sondern eine ganze Schar von Kindern, einen veritablen Kindergarten, zu dem der Klassenclown gehört, der Künstler, der Rebell und das spontane Kind, das mit der Welt im Einklang ist. So gut wie alle wurden vernachlässigt oder unterdrückt. Daher fördert es die Therapie oft, wenn man ein Gespür für ihre Anwesenheit entwickelt. Gewiss ist das eine Art, Jesu Feststellung aufzugreifen, dass man wieder ein Kind werden muss, um in das Reich Gottes zu kommen.
Sicher müssen wir uns auch mit unserem narzisstischen Kind auseinandersetzen, unserem eifersüchtigen Kind, unserem wütenden Kind, dessen, Ausbrüche oft peinlich und destruktiv sind. Aber noch wahrscheinlicher haben wir die Freiheit vergessen, die wunderbare Naivität, sogar die Freude, wenn man das Leben frisch lebt. Eine der zersetzendsten Erfahrungen der Lebensmitte ist das Gefühl der Vergeblichkeit und Freudlosigkeit, das mit der Routine einhergeht. Und freilich ist das freie Kind, das wir mit uns herumtragen, im Büro selten erwünscht, vielleicht nicht einmal in der Ehe.
James Hollis, The Middle Passage