Spannendes Frauen-Fazit

In einem lesenswerten Artikel der SZ macht Cathrin Kahlweit sich Gedanken zum Scheitern von Angela Merkel in der Wahl, die sie zur ersten Kanzlerin Deutschlands hätte machen können. Ihre These: Die historische Chance hat sie verpasst, weil sie sich nicht bewusst genug als Frau zeigte und den potenziell zehnprozentigen Frauenbonus verschenkte – die Sympathien (in diesem Fall: Mitleid) erntete sie erst in der Niederlage, also zu spät.

Der Artikel schließt mit einer provozierenden Feststellung: “Alice Schwarzer hat mal, sinngemäß, den legendären Satz gesagt, die Gleichberechtigung sei erst dann vollendet, wenn eine Frau genauso doof sein dürfe wie ein Mann. Die Deutschen hatten am 18. September die Chance, eine Frau zu wählen, die von diesem Unterschied wenig hören wollte, sie wollte weder explizit Frau sein müssen noch doof sein dürfen.”

Mitreißende Frauenzimmer wie Katrina und Rita sorgen derzeit woanders für Wirbel als in Berlin. Inzwischen können wir uns wohl allmählich auf einen “Grand ohne zwei” einstellen, um es mal in Schröder-naher Kartenspieler-Sprache zu sagen. Zwei Buben natürlich…

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Dank Kummer besser drauf?

In einer Flughafenbuchhandlung in Köln habe ich in der überbordenden Selbsthilfeecke den Titel “Ab heute besser drauf” entdeckt.

Der Autor heißt witzigerweise Peter Kummer. Vielleicht hätte das Buch doch lieber Peter Lustig schreiben sollen?

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Geist und Gemeinde

Bei Michael Welker (Gottes Geist: Theologie des Heiligen Geistes) habe ich heute den folgenden – auf das Wirken Jesu bezogenen – Satz gelesen:

Erkennbar wird eine Kraft, die einseitige, monozentrische, einlinige, gut reproduktionsfähige, schnell übertragbare, bequem anschlussfähige Machtformen in Frage stellt und aufhebt. Erkennbar wird, dass dieser Geistträger in eine unübersehbare Fülle und vielfältige Konkretheit individuellen Lebens und Leidens hineinwirkt. Aus dieser Fülle soll die geistgewirkte Kraft des Zeugnisses ausstrahlen.

Wenn man das mal auf die populären Modelle kirchlich-institutioneller, vereinheitlichender Strukturen und Konzepte von Gemeindeaufbau und -gründung bedenkt (die gelegentlich an das Franchise-Prinzip erinnern oder gar wie ein Strukturvertrieb im Schneeballsystem gedacht sind und mit – zumindest theoretisch – exponentialen Wachstumskurven locken), dann wirft das allerhand Fragen auf. Da könnte Gottes Geist tatsächlich zum massiven Störfaktor werden?

Es geht ja nicht in erster Linie Fragen der Machbarkeit, also ob so etwas funktioniert (das tut es nicht immer, aber immer wieder…), sondern ob sich in solchen Ansätzen Gottes Geist am Werk zeigt und ob sich Gott in ihnen offenbart. Dass die Alternative zu einer solchen regulierten Ordnung Chaos hieße, ist eine typisch deutsche Befürchtung…

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Glaube auf Afrikanisch

Die folgende Geschichte von Vincent Donovan zeigt vielleicht etwas von der Schönheit, die ich im vorletzten Post erwähnt hatte. Gleichzeitig ein Anstoß für alle, die Narnia-Bücher wieder auszupacken, bevor im Dezember der Film in die Kinos kommt und uns vielleicht ebenso gute oder noch bessere Anknüpfungspunkte für ein Gespräch mit anderen Leuten bietet wie Mel Gibsons Passion Christi:

Monate später (…) saß ich und sprach mit einem Ältersten der Massai über die Qual von Glauben und Unglauben. (…) Er bedeutete mir, dass das Wort, das ich für ‚Glauben“ verwendet hatte, in ihrer Sprache kein befriedigender Begriff war. Es bedeutete wörtlich ‚zustimmen” Ich wusste selbst, dass dieses Wort ungenügend war. Er sagte, so zu “glauben” sei ähnlich wie ein weißer Jäger, der ein Tier mit seiner Flinte aus großer Entfernung erlegt. Nur seine Augen und Finger waren daran beteiligt. Wir sollten ein anderes Wort finden. Er sagte, wenn ein Mann wirklich glaubt, dann ist das wie ein Löwe, der seiner Beute nachstellt. Seine Nase und Ohren erhaschen die Beute. Seine Beine geben ihm das Tempo, um sie zu fangen. Die ganze Kraft seines Körpers legt er in den tödlichen Sprung und den einen Schlag mit der Vorderpfote ins Genick, der eigentlich zum Tod führt. Und wenn das Tier zusammenbricht, schließt der Löwe es in seine Arme (…), zieht es an sich und verleibt es sich ein. So tötet ein Löwe. So glaubt ein Mann. Das ist Glaube.

„Glaube auf Afrikanisch“ weiterlesen

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Blogs lesen zahlt sich aus

Letzte Woche bekam ich eine Mail, in der ein – kostenpflichtiger – christlicher Nachrichten- und Infodienst angeboten wurde. Ich habe mal in das Testexemplar hineingeschaut und festgestellt, dass man einfach ein paar gute Blogs regelmäßig lesen muss, um mindestens so up to date zu sein wie die Autoren, die vermutlich auch nichts anderes machen. Ich habe wenigstens kaum Neues darin entdeckt, was nicht auch schon (etwas weniger ideologisch frisiert) z.B. bei Andrew Jones stand.

Schon wieder Geld gespart 😉

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“Harter Boden” wird fruchtbar

Eines der Bücher, die mich im Urlaub beschäftigt haben, ist Vincent Donovans “Christianity Rediscovered”. Pater Donovan ging in den 70ern ins heutige Tansania und stellt dort den Bankrott der traditionellen Missionsarbeit fest.

Dann macht er sich auf zu den Massai und spricht mit ihnen ein ganzes Jahr über den christlichen Glauben. Die anderen Missionare hatten alle gesagt, das sei nicht möglich. Als Resultat entsteht eine Kirche unter den Massai, die ihre ganz eigene Schönheit besitzt (mir fällt kein besseres Wort ein, es ist einfach schön zu lesen).

Das andere Wunder ist, dass Donovan das Evangelium selbst neu entdeckt, frei vom kulturellen Ballast westlicher Kirchentümer und frei von der extrem individualistischen Weltsicht unserer Zivilisation.

Donovan spart nicht mit leidenschaftlicher Kritik am katholischen Traditionalismus, Kirchen- und Amtsverständnis, bleibt aber seiner Kirche gegenüber loyal, indem er sich nicht einfach über Regeln und Strukturen hinwegsetzt. Aber auch für Protestanten hat er ein paar kräftige Denkanstöße auf Lager.

Für alle, die heute scheinbar Unmögliches wagen wollen, eine gewinnbringende Lektüre.

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Lernen von Israel

In der Woche des Papstbesuchs in der Kölner Synagoge veröffentlicht das ZDF ein bemerkenswertes Interview (auch als Podcast!) mit Avi Primor, Israels Botschafter in Deutschland von 1993 bis 1999. Primor hat 1997 ein Buch veröffentlicht, das den Titel “…mit Ausnahme Deutschlands” trägt – ein Passvermerk des frühen jüdischen Staates.

Dass er zu einem ganz anderen Verhältnis zu Deutschland gefunden hat, verrät nun auch das Interview, in dem Primor von und für Deutschland träumt. Den Deutschen fehlt der Glaube an sich selbst und eine feste Hoffnung. Anstatt sich selber zu entwickeln, wollen viele nach Amerika auswandern oder träumen zumindest davon – man blickt weit weg und ergibt sich einer anderen Kultur, oder stolpert über die eigene Nüchternheit:

“Wer nur an Realpolitik glaubt, ist verkrampft. Zu viel Pragmatismus unterdrückt den Erfindungsgeist”, sagt Primor und zitiert David Ben Gurion, den ersten Ministerpräsidenten des Staates Israel: “Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist!”

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Links zum Wochenende

Wahlkampf und das ganze Drumherum mal aus einer anderen Perspektive vermitteln Politiker-Blogs, die hier überparteilich zusammengestellt sind. Unklar ist, ob die Damen und Herren alle selber schreiben oder Ghostblogger beschäftigen. Bei der Union bloggen deutlich weniger als bei der FDP. Vielleicht eher ein Vorteil, bei den vielen Glanzleistungen von Stoiber und Merkel in den letzten Wochen…

Brian McLaren schreibt in der SojoMail (Registrierung nötig) darüber, wie es sich anfühlt, wenn man sich als Brücke versteht, und was es dazu an biblischen Hilfen und Voraussetzungen gibt. Wenn er dabei anmerkt, als Brücke öfter mal den Fußabdruck anderer auf der eigenen “Rückseite” zu tragen, dann hat das auch damit zu tun, dass er für viele Kritiker zu einem beliebten “Watschenmann” geworden ist. Dazu hat er in drei Teilen einen lesenwerten Post unter dem Titel “Becoming Convergent” verfasst. Nebenbei: Das beste seiner Bücher (und das am wenigsten umstrittene) ist immer noch “The Church on the Other Side”. Finde ich..

Die FAZ kommt unter anderem zu dem Ergebnis, dass die Diskussion um die Geburtenrate daran scheitert, dass Kinder ökonomisiert werden: Kinder erscheinen fast als “biopolitische Ressource zur Füllung von Vorsorgelücken”. Das muss doch potenzielle Eltern abstoßen, oder?

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Denk-Würdig

Und daher ohne Kommentar dieses Zitat von Milan Kundera:

Wer glaubt, die kommunistischen Regimes in Mitteleuropa seien ausschließlich das Werk von Verbrechern, dem entgeht eine grundlegende Wahrheit: die Verbrecherregime wurden nicht von Verbrechern, sondern von Fanatikern geschaffen, die überzeugt waren, den einzigen Weg zum Paradies gefunden zu haben. Diesen verteidigten sie vehement und brachten dafür viele Menschen um. Später stellte sich dann heraus, dass es kein Paradies gab und die Fanatiker folglich Mörder waren.

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Leben mit der Bombe?

Johann Christoph Arnold vom Bruderhof hat in the ooze einen lesenswerten Artikel über die wachsende Angst nach den Bombenanschlägen in London (und inzwischen auch Sharm el Sheik) geschrieben.

Ein Kernsatz lautet: “Die biblische Geschichte zeigt, dass immer dann, wenn wir denken, wir hätten die Antworten, und versuchen, die Ereignisse der Welt in die Hand zu nehmen, sich Gott von uns zurückzieht.” Das ist erfrischend anders als die brisante Mischung aus Patriotismus und Religion, die bei ähnlich tragischen Anlässen auch schon bemüht wurde.

Im Übrigen beeindruckt mich die ruhige Gelassenheit (oder der Friede und die Zuversicht), die Arnolds Zeilen ausdrücken, mehr als das brüchig-trotzige “jetzt erst recht” mancher Leute, das die Medien in letzter Zeit transportiert haben. Hier hat einer tatsächlich keine Angst vor dem Tod und daher keine Angst vor dem Terror. Die Trotz-Partys haben doch irgendwie auch ein Moment von Verdrängung, scheint mir.

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Prophetisches oder imperiales Bewusstsein

Walter Brueggemanns Gedanken zur bewusstseinsbildenden Funktion von Propheten finde ich faszinierend – und sehr provokativ zugleich. Sie bringen eine ganz andere Dimension ins Spiel, die wir heute vielleicht deshalb so leicht übersehen, weil wir zu satt sind und zu „imperial“ denken? Vor knapp 100 Jahren hat Chesterton schon prophezeit, dass der Mangel an Idealen und Visionen zum Diktat der Ökonomie führen würde. Wenn man den eben beginnenden Wahlkampf betrachtet, könnte man die Lage nicht treffender beschreiben. Jede Lösung, die nicht das Bewusstsein verändert, greift zu kurz.

In der imperialen Welt des Pharao und Salomo ist die prophetische Alternative ein schlechter Witz, den man entweder mit Gewalt unterdrückt oder in Sattheit ignoriert. Aber wir sind ein umgetriebenes Volk, weil wir glauben, dass der schlechte Witz im Wesen Gottes selbst wurzelt, eines Gottes, der nicht das Spiegelbild des Pharao oder Salomo ist. Er ist ein Gott mit einem eigenen Namen, den niemand als er selbst aussprechen kann. Er ist kein Spiegelbild von etwas, denn er hat seine eigene Person und behält das alles für sich. Er ist ein Gott, der nicht vom Imperium gebilligt wurde, unbekannt bei Hofe, unerwünscht im Tempel. Und seine Geschichte beginnt mit seiner Aufmerksamkeit für die Schreie der Ausgestoßenen.

„Prophetisches oder imperiales Bewusstsein“ weiterlesen

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„Das“ globale Dorf

Heute las ich bei Ken Wilber (Ganzheitlich Handeln, S. 71), wie die Weltbevölkerung aussähe, wenn sie auf ein Dorf mit 100 Leuten geschrumpft würde. Dort wären:

  • 57 Asiaten
  • 21 Europäer
  • 14 Nord-/Südamerikaner
  • 8 Afrikaner
  • 30 Weiße
  • 70 Farbige
  • 6 Menschen, die 59% des Reichstums besitzen und US-Bürger sind
  • 80 leben in ärmlichen Behausungen
  • 70 können nicht lesen
  • 50 sind unterernährt
  • 1 hat akademische Bildung
  • 1 besitzt einen Computer

Wow (Stimmt, Thomas: ein Anglismus;-))! Wir sollten das mal irgendwo aufbauen, um es sichtbar und „begehbar“ zu machen. Nur – wo bekommen wir 50 Leute her, die unterernährt aussehen…?

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Geht’s zur Abwechslung auch mal auf Deutsch?

Ich hätte als einer, der liebend gern Englisch liest und spricht, nie gedacht, dass ich diese Zeilen einmal schreiben würde – und daherreden wie meine Oma. Aber so schön Englisch sein kann und so schön Deutsch ist – die Mischungen sind es nicht! Ungefähr so, wie wenn man eine Flasche guten Rotwein und eine flasche guten Weißwein zusammenkippt: Es kommt kein toller Rosewein dabei heraus…

Flattert mir doch beispielweise heute ein Prospekt auf den Schreibtisch, in dem „Deutscher Worship mit Drive“ angepriesen wird. Wenn doch schon das Besondere an der Nachricht ist, dass die Produktion deutsch ist, wären da nicht ein paar deutsche Attribute angebracht?

Aber es sind nicht nur die Freunde vom frommen Marketing: Gestern sagte Olli Kahn im Interview, das Spiel um Platz 3 beim Confederations Cup sei „der nächste Step“. Gut, auch Olli wird kein Deutschlehrer mehr werden, und auch sonst scheint er nicht mehr ganz so viel Vorbild sein zu wollen. Hoffentlich stumbelt unser Idol auf diesem Step nicht. Welcher Fan würde ihn dann noch mit Drive worshippen wollen?

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PodCasts – schnell und einfach „auf Sendung“ gehen?

Seit heute morgen kann man nun auch über iTunes 4.9 und den iTunes Music Store alle möglichen Podcasts finden und abonnieren. Die meist gesprochenen Audiodateien werden dann geladen und aktualisiert. Aus den USA stehen schon viele „Godcasts“ bereit – darunter so nette Sachen wie „Popecast“ (leider nicht wahnsinnig aktuell) oder „The Church Fathers This Week“.

Natürlich gibt es auch andere interessante oder schräge Podcasts. Mehr als man in der knapp bemessenen Freizeit je hören könnte.

Ich bin mal neugierig, wann die ersten Deutschen sich einklinken (Wo sind ERF und BibelTV eigentlich?). Podcasts sind eine tolle und vor allem spottbillige Alternative zum Radio. Besitzer eines iPod können die Sachen dann auch im Zug oder beim Joggen hören.

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