Armer Woody…

Woody Allen hat dem Stern verraten, dass ihm seine eigenen Filme zu seicht sind und er das Filmemachen als eine Ablenkung von seinen Problemen empfindet, im Zweifel aber weniger Probleme vorziehen würde, auch wenn das Leiden ihn kreativer macht:

„Meine Filmerei ist wie Korbflechten in Irrenanstalten: Der Patient fühlt sich dabei etwas besser.“

Den Grund für seine Probleme sieht Woody nicht etwa in traumatischen Erfahrungen, sondern in seiner Weltanschauung. Die Angstzustände begannen, als ihm klar wurde, „dass das wahre Bild allen menschlichen Lebens ein verschlingendes Toilettenrohr ist“. In dem Moment „verschwanden jede Niedlichkeit und alle Begeisterung aus mir. Stattdessen begann mein Körper, Angst zu produzieren.“
Irgendwie auch eine konsequente Lebenseinstellung. Nur ist sie weder gesund noch schön und auch nicht ganz ohne Alternativen. Vielleicht gibt es sogar bessere Gründe zu leiden als die Kloaken-Perspektive.

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Vater-Freuden

Die Wissenschaft hat festgestellt … dass es tatsächlich gesund ist, Vater zu sein und eine Familie zu haben. Das hat zumindest Prof. Eickenberg aus Dortmund nachgewiesen. Männer bleiben dank ihrer Kinder mehr in Bewegung, leben gesünder und profitieren obendrein noch vom „Anti-Ageing-Effekt“ durch regelmäßigen Sex (zumindest eben regelmäßiger als bei Singles oder wechselnden Partnern).

Kein Wunder, dass zu solchen (unser Kultur doch recht fremden) Idealen wie „alt und lebenssatt“ Kinder unbedingt dazu gehören. Das wäre eigentlich mal ein Kapitel wert in „Forever Young“. Oder, Herr Dr. Strunz?

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Der richtige Ort

Nicht neu, aber wirklich gut gesagt, dass Kirche in ihrer konkreten Gestalt immer neu „erfunden“ werden muss:


„Wenn ihr unter jungen Leuten in Amerika (bzw. Europa…) arbeitet, ruft sie nicht dahin zurück, wo sie waren, und ruft sie nicht dahin, wo ihr seid, so schön dieser Ort Euch zu sein scheint. Ihr müsst den Mut haben, mit ihnen dahin zu gehen, wo keiner von euch bisher gewesen ist.“

(Vincent J. Donovan in „Christianity Rediscovered“)

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Gut, aber nicht gut genug?

Landesbischof Johannes Friedrich machte jüngst Schlagzeilen, als er erklärte, er habe seine Position beim Thema Abtreibung revidiert. Nun tritt er für einen energischeren Schutz ungeborenen Lebens ein. So weit, so gut. Gut, weil wir solche Stimmen brauchen. Gut, weil es Hoffnung macht, dass jemand in dieser Position Fehler einräumt und umdenkt und gut, dass er auch noch offen darüber spricht.

Heute nun lese ich einen Leserbrief in den Nürnberger Nachrichten. Die Autorin kann sich gar nicht recht freuen. Abgesehen davon, dass der Bischof nicht schon immer die Auffassung vertreten hat, wie sie es für richtig hält, treibt sie die Sorge um, er könne aus falschen Motiven umgedacht haben.

Mal dumm gefragt: was spielt das für eine Rolle für die Betroffenen? Wenn Kanzler Schröder sich für die Entschuldung armer Länder einsetzt, ist es egal, ob er freundlich dazu genötigt wurde oder von ganz alleine auf die Idee kam (Gott könnte hinter beidem stecken…). Schon Paulus hat sich keinen Kopf darüber gemacht, ob andere Leute aus falschen Gründen das Richtige tun. Warum sollten wir heute damit anfangen? Es gibt Wichtigeres zu tun.

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Kapitalismuskritik

Es ist nicht ganz neu, passt aber so schön in die aktuelle politische Landschaft:

„Only the Christian Church (…) has maintained from the beginning that the danger was not in man’s environment but in man. Further, she has maintained that if we come to talk of a dangerous environment, the most dangerous environment of all is the commodious environment.

(…) You will hear everlastingly, in all discussions about newspapers, companies, aristocracies or party politics, this argument that the rich man cannot be bribed. The fact is, of course, that the rich man is bribed; he has been bribed already. That is why he is a rich man. The whole case for Christianity is that a man who is dependent upon the luxuries of this life is a corrupt man, spiritually corrupt, politically corrupt, financially corrupt.“ (Chesterton, Orthodoxy, 111)

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“b16”, der (post?)moderne Relativismus und wir

“Postevangelikale” haben ein deutlich unverkrampfteres Verhältnis zur katholischen Kirche. Wenigstens müssen sie sich nicht bei jeder Erwähnung und zwanghaft dogmatisch abgrenzen und stereotyp die Litanei katholischer “Irrlehren” herunterleiern, bevor sie etwas würdigen. So kann man auch “b16” (genial kurz für: Benedikt XVI) und die Akzente, die er setzt, nun mit erfrischender Offenheit betrachten.

Die Gefahren des Relativismus hat Kardinal Ratzinger noch kurz vor seiner Wahl zum Pontifex betont. Mit Rene Girard hat die “Literarische Welt” kürzlich einen der profiliertesten katholischen Denker befragt. Er sagt in dem spannenden Interview zum Thema Christsein in einer multikulturellen Welt über den neuen Papst: “Ratzinger ist ein intelligenter Konservativer. Er möchte den Fundamentalismus mancher Moslems und Christen (überhaupt keinen Wandel) vermeiden und gleichzeitig der Idee entgegentreten, daß alles Neue besser als das Alte sei.”

Letzteres (neu = besser) ist eigentlich ein typisch moderner Gedanke. Ob also der radikale Relativismus ein – vielleicht sogar das primäre – Wesenselement der Postmoderne ist, oder aber ein Übergangsphänomen, eine Altlast der Spätmoderne darstellt, ist schwerer zu bewerten.
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Siebenmal „gerettet“…

Jane Fonda über ihren atheistischen Ex-Ehemann Ted Turner, der vor einer Weile meinte, Christsein sei eine Sache für Loser: „And you know it’s funny because he ends all his speeches with „God Bless“. He studied; you know, he was an altar boy. He was considering becoming a missionary. He’s read the Bible cover-to-cover twice. He’s been saved seven times, including twice (Achtung:) by Billy Graham.“

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Erinnern und Vergessen

Am Wochenende fand man in England einen Mann durchnässt am Strand, der nicht sprechen konnte (und offenbar auch nicht schreiben), aber absolut konzertreif Klavier spielt. Er ist jetzt in einer psychiatrischen Klinik und spielt stundenlang – langsam geht es ihm besser.

Wie es scheint, bin ich derzeit nicht der einzige, der Chestertons “Orthodoxy” liest. Die Geschichte hat mich an folgende Passage dort erinnert:

“Wir alle haben in Lehrbüchern, und in der Tat in allen Romanzen, von dem Mann gelesen, der seinen Namen vergessen hat. Der Mann läuft durch die Straßen und kann alles sehen und würdigen; er kann sich nur nicht erinnern, wer er ist. Nun, jeder Mensch ist der Mann in dieser Geschichte. Jeder hat vergessen, wer er ist. Man mag den Kosmos verstehen, aber nie das Ego; das Ich ist weiter weg als jeder Stern. Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben; aber dich selbst sollst du nicht kennen. Wir leiden alle unter dem selben mentalen Unglück; wir alle haben unsere Namen vergessen. Wir haben vergessen, was wir wirklich sind. Alles, was wir gesunden Menschenverstand und Rationalität und Pragmatismus und Positivismus nennen, bedeutet nur, dass wir für bestimmte tote Schichten unseres Lebens vergessen, dass wir vergessen haben. Alles, was wir Geist und Kunst und Ekstase nennen, bedeutet nur, dass wir uns für einen furchtbaren Augenblick erinnern, dass wir vergessen.”


“Orthodoxy” (G. K. Chesterton, Ignatius Pr)

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Wie sag ich’s nur?

Dieser Satz verfolgt mich seit einer Weile:

„Christen werden Worte weniger leichtfertig verwenden, mehr wie es Liebhaber und Künstler tun, weniger wie Anwälte und Verkäufer. Wir haben es mit kostbaren Bedeutungen zu tun, mit Gegen- und Heilmitteln, die Leben retten können, aber zum Gift werden, wenn sie nicht sorgsam zubereitet werden.“ (Brian D. McLaren)

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Verantwortungsflüchtlinge

Gestern morgen las ich in der Zeitung, dass nach einer Studie des Innenministeriums inzwischen über 14% der jungen Frauen und über 26% der jungen Männer keine Kinder wollen. Gegenüber 1992 ist das ein Zuwachs von etwa 50% bei Frauen und über 100% bei Männern. Und es steht ja zu vermuten, dass die, die keine Kinder wollen, ziemlich sicher keine bekommen werden, während sich umgekehrt ja leider längst nicht bei allen anderen, die sich eigentlich Kinder wünschen, dieser Wunsch auch erfüllt.

Ob und wie sich dieser Trend umkehren lässt wird die Experten beschäftigen. Ich denke aber auch, dass die Zahlen deutlich zeigen, dass die Männer hier das größere Problem sind (und schon immer waren) – nicht die Frauen. Wie bringt man Männer dazu, gerne Verantwortung zu übernehmen?
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„Wir“ sind Papst…

Unter den vielen Kommentaren zur Papstwahl fand ich ausgerechnet eine Stimme aus England, die im Gegensatz zur Yellow Press nicht in Kriegsrhetorik verfiel, sondern den Bogen zum Kriegsende schlug. Charles Moore vom Daily Telegraph schreibt:

„Während der letzten 25 Jahre fand allwöchentlich ein Treffen statt, das der Geschichte des 20.Jahrhunderts zuwiderlief: Ein Pole und ein Deutscher berieten sich friedlich über den Ratschluss Gottes. Jeden Freitag traf Papst Johannes Paul II., der Pole, mit Joseph Kardinal Ratzinger, dem Deutschen, zusammen, allein. Jetzt ist der Pole tot, und der Deutsche ist Papst geworden. Letzteres wirkt fast noch erstaunlicher, als dass zuvor ein Pole Papst war. Während das Gros der polnischen Gesellschaft unter der kommunistischen Verfolgung seine katholische Integrität bewahrte, erlag die deutsche Gesellschaft der Verführung durch Hitler und kompromittierte sich völlig. Einen Mann zum Papst zu machen, der in jenen dunklen Jahren in jenem Milieu aufwuchs, heißt, dass auch die korrupteste Gesellschaft, wie die deutsche es war, erlöst werden kann. Indem die Weltkirche einen deutschen Papst an ihre Spitze wählt, wird auch Deutschlands Sühneleistung anerkannt und seine Ehre unter den Nationen wiederhergestellt.“

Das ist doch ein Wort, das sich von den übrigen Jubel- und Unkenrufen wohltuend abhebt. Dass Deutschland (und jedes andere Land) erlöst werden kann, sollte selbst allen Protestanten ein Ansporn sein.

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Christen in die Politik – wirklich?

In letzter Zeit mangelt es ja nicht an Aufrufen, dass Christen sich politisch interessieren und einmischen sollen. Vor ein paar Wochen erreichte mich ein Brief an den Bundeskanzler samt der Aufforderung, diesen zu unterschreiben. Ich tat es nicht, denn der Brief von Dr. Hans Penner aus Linkenheim-Hochstetten enthielt unter anderem folgenden Absatz:

„Wer Gott nicht respektiert, dessen Verstand wird unbrauchbar und verfällt hirnrissigen Ideen wie Windräder und Klimaschutz oder er begeistert sich für widernatürliche Unzucht. Vielleicht sollte man auf den Hunde-Adventskalender Ihrer Frau die verheißungsvolle Prognose von Emanuel Geibel schreiben:

„Glaube, dem die Tür versagt, steigt als Aberglaub‘ durchs Fenster.
Habt die Gottheit ihr verjagt, kommen die Gespenster.“

Der Atheismus Ihrer Regierung läßt Deutschland in eine gespenstische Zukunft blicken.“

Am kommenden Sonntag nimmt der Kanzler an einem Gedenkgottesdienst für die Flutopfer teil, obwohl er diesen Brief erhalten hat und obwohl sicher etliche fromme Eiferer unterzeichnet haben. Natürlich ist er es gewohnt, Drohungen und Beschimpfungen zu erhalten und kann damit umgehen.

Ich schäme mich trotzdem, dass es immer noch Menschen gibt, die im Namen Christi solche Tiraden verfassen. Vermutlich denkt Jesus sogar über Windräder anders als Dr. Penner. Ganz sicher aber hat er in der Bergpredigt klar und deutlich gesagt, dass verächtliche Beschimpfungen in Gottes Augen ein Verbrechen sind. Ich habe dem lieben Mitchristen, der mir den Brief zur Weiterleitung zusandte, eine empörte Antwort geschrieben; der ließ seinerseits jedes Problembewusstsein vermissen.

Vielleicht sollten wir uns das mit den politischen Aufrufen noch einmal überlegen. Liebe ist ein großes und vielfach missbrauchtes Wort. Vielleicht sollten wir erst einmal ein paar Jahre über Achtung, Respekt, gute Umgangsformen und Toleranz (!) gegenüber Andersdenkenden sprechen – und das praktisch einüben. Macht Gerhard Schröder eigentlich auch etwas richtig – dann sollten wir ihn dafür loben. Wir sollten ihm im Zweifelsfall die denkbar besten Motive unterstellen und nicht die Sprache seiner übelsten politischen Gegner imitieren. Und wir sollten die, die sich daran nicht halten wollen, ebenso öffentlich zur Rede stellen, wie sie ihre peinlichen Statements abgeben.

Was ich hiermit tue.

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