Priester oder Propheten?

Der klassisch griechischen Anschauung zufolge ist die Welt im Wesentlichen unveränderlich. Die Geschichte ist eine Abfolge von Zyklen, die sich endlos wiederholen. Man kann nichts Neues erwarten. Die Zeit ist unfruchtbar, ihr Vergehen ohne Bedeutung. Nur der Raum hat Bedeutung: Territorium, Boden, Blut, Rasse. Eine gewisse Art von Religion – normalerweise als „priesterliche Religion“ bezeichnet – feiert und stärkt diese Sicht der Welt. Priesterliche Religion ist die Religion von Menschen, die an das geheiligte Land gebunden sind, eine Religion, die die Grenzen sanktioniert. Ein Volk vertraut seinem Gott, dass er sein Gebiet beschützt.

Im Gegensatz dazu war die jüdische Weltsicht dynamisch, man verstand die Geschichte als kontinuierlichen Entfaltungsprozess, in den Gott mit „mächtigen Taten“ eingreift, und die Zeit ist möglichkeitsschwanger. Wichtiger noch als Blutsbande war der geschichtliche Bund mit Gott. Diese Weltsicht feiert man in einer anderen Art von Religion, die man normalerweise „prophetisch“ nennt. Prophetische Religion ist die eines Volkes, das nicht an Grund und Boden gebunden ist, ein Volk im Aufbruch, ein Volk, das eine historische Aufgabe vor sich hat – die Aufgabe, Grenzen zu überwinden.

gefunden in: Ronald Marstin, Beyond Our Tribal Gods. The Maturing of Faith (1979)

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Kirche trifft Zukunft

Unter diesem Motto werden wir vom 12. bis 14. April ein Wochenende lang nachdenken, diskutieren und mit Musik und Mahl (einem richtigen) feiern. Und das nicht einfach nur intern – ELIA wird in diesen Wochen 20 Jahre alt – sondern mit möglichst viele und möglichst vielen unterschiedlichen Christen aus nah und fern.

Ein besonderer Gast an diesem Wochenende ist Paul M. Zulehner aus Wien, den viele von seinen Büchern oder Vorträgen schon kennen. Ich finde seine poetische Sprache, seine theologische Weite und sein Wiener Humor sehr erfrischend, und weiß von vielen, denen das ganz ähnlich geht.

Dazu gibt es Workshops zu spannenden Themen, die einige MitarbeiterInnen aus der Gemeinde machen, aber auch Tobias Fritsche von Lux in Nürnberg. Wer also mal hinter die Kulissen von „Gott im Berg“ schauen möchte, bekommt hier seine Chance.

Den Flyer könnt Ihr hier herunterladen und gern weitergeben.

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„Missionale“ Kleingruppen – geht das?

In seinem Buch Missional Small Groups geht M. Scott Boren der Frage nach, welche Rolle Kleingruppen in einer Gemeinde spielen, die sich als missional versteht. Es ist weniger die große Theorie, sondern die vielen praxisnahen Ideen und Gedanken, die die Lektüre wertvoll machen. Und man muss etwas Übersetzungsarbeit leisten, nicht nur sprachlich, sondern auch kulturell. Boren setzt mit einer Unterscheidung von vier „Typen“ ein. Wenn Menschen über ihre Kleingruppen berichten, dann hört er vier unterschiedliche Geschichten.

Man trifft erstens auf die Geschichte der persönlichen Verbesserung („personal improvenment“): Das Leben ist ein bisschen leichter, wenn man es mit ein paar Freunden bespricht. Man nimmt an der Gruppe teil, wenn es sich so einrichten lässt, dass alle anderen Lebensrhythmen (Arbeit, Familie, Freizeit) davon nicht betroffen sind. Es tut gut, anderen von sich erzählen zu können und miteinander zum Beispiel auch in der Bibel zu lesen.

Zweitens funktionieren Kleingruppen nach der Geschichte der Anpassung des Lebensstils („lifestyle adjustment“): Die einzelnen haben es zu einer Priorität gemacht, die Vorrang vor anderen Lebensrhythmen bekommt. Also werden Inhalte, Struktur und Verbindlichkeit ganz wichtige Themen, andere Aktivitäten der einzelnen stehen öfter hinten an, um an den Gruppentreffen teilnehmen zu können.

Drittens gibt es die Geschichte der gemeinschaftlichen Umorientierung („relational revision“). Hier ist nicht so sehr die Zeit im Blick, die man in den regelmäßigen Zusammenkünften miteinander verbringt, sondern die Frage, wie man einander unterstützt in der Gestaltung des Alltags, wie man Kontakt hält, für einander da ist und gemeinsam lernt, aus der ständigen Verbindung mit Gott heraus anders zu leben, als wenn man der Eigendynamik der einzelnen Lebensbereiche weitgehend freien Lauf lässt.

Und schließlich ist da noch die Geschichte der missionalen Neugestaltung („missional recreation“), die das Blickfeld noch mehr weitet. Die ist insofern schwierig zu beschreiben, als sich lauter einzigartige Gestalten entwickeln, denn die entscheidende Frage einer solchen Gruppe lautet, wie sie sich in ihrem Umfeld (sei es ein Dorf oder Stadtteil, eine bestimmte „Szene“ o.ä.) sinnvoll engagieren und auf vorhandene Nöte und Bedürfnisse eingehen kann. Je nach Umfeld und je nach Zusammensetzung der Gruppe kommt dann ein ganz anderer Rhythmus heraus.

Boren beschreibt auch gleich die unterschiedlichen Reaktionen auf seine Typologie. Da ist einerseits der verbreitete Wunsch nach „mehr“ und die Enttäuschung, dass sich das bisher so nicht umsetzen ließ. Andererseits ist da die Tendenz, besonders die beiden erstgenannten Selbstverständnisse einer Kleingruppe als defizitär abzulehnen. Drittens ist da das Gefühl der Überforderung: Wenn die Latte so hoch liegt, schaffen wir das nie. Die meisten werden gemischte Gefühle haben. Die gute Nachricht jedoch ist, dass das Umlernen, wenn es denn erwünscht ist, in kleinen Schritten vor sich gehen kann.

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Pogrom und Provokation

Eigentlich hat Erzbischof Gerhard Ludwig Müller gar nichts Neues gesagt im Gespräch mit der Welt. Ich fand es dennoch interessant, weil es Parallelen aufweist zu der innerevangelikalen Diskussion um die Position, die man im Blick auf eine pluralistische Gesellschaft einnimmt oder einnehmen sollte.

Müller als Wortführer des konservativen Establishments schlägt da alarmistische Töne an und zieht einen Vergleich zur Zeit des Nationalsozialismus und Kommunismus. Damals wurde die Kirche von der gleichgeschalteten Presse gezielt ins denkbar schlechteste Licht gerückt (wie andere Staatsfeinde auch…), um den Weg für Repressalien zu ebnen. Müller nennt das eine künstlich erzeugte Wut und spricht von einer drohenden „Pogromstimmung“. Diese äußerst provozierende Formulierung hat ihm verständlicherweise viel Kritik eingebracht.

Die Ursache für die beklagten Feindseligkeiten liegen für ihn offenbar nicht so sehr in den Fehlern seiner Kirche, sondern in dem, was sie richtig macht. Daher kritisiert er als nächstes jene innerkirchlichen Forderungen nach Reform, die für ihn am „Wesentlichen“ vorbeigehen. Da schließt er eine Veränderung an drei Stellen kategorisch aus und erklärt damit auch jeden Dialog zu diesen Themen von vornherein für überflüssig: Die Ordination von Frauen, den Pflichtzölibat für Priester und die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Und immer verweist er dabei auf die Bibel und die katholische Auslegungstradition. Dass diese Dinge und mit ihnen der abgrundtiefe Frust vieler Katholiken das „Wesentliche“ – nämlich die Weitergabe des Glaubens durch Katechese und Sakrament – gravierend erschweren oder verhindern können, darauf nimmt Müller keinen Bezug. Der Ruf nach den oben genannten Reformen und die damit einhergehende Uneinigkeit lenkt aus seiner Sicht anscheinend nur von den eigentlichen Aufgaben ab.

Nun lässt sich nicht leugnen, dass Christen und Kirchen in der Öffentlichkeit hier und da angefeindet werden. Das ist die neue Normalität eines nachchristlichen Pluralismus, dass man nicht mit Samthandschuhen angefasst wird. Die spannende Frage ist ja: Wie reagieren die Kirchen? Schon der Versuch, die Vielstimmigkeit nun zu Totalitarismus umzudeuten und die Kritiker – und sei es so verklausuliert wie hier – in die Nähe von Rassisten und Nazis zu rücken, erinnert trotz aller Unterschiede im Ton an die frustrierten weißen Konservativen in den USA, die freilich in ihren haarsträubenden Gleichsetzungen von Obama und Hitler alle Hemmungen fallen gelassen haben. Ist das nicht ein weiterer Schritt zu einem Schwarz- (oder Braun?)/Weiß-Kontrast und einer unterschwelligen Dämonisierung, die man doch eigentlich – wenigstens da, wo sie einen selbst betrifft – verhindern will?

Mit dieser Wagenburgmentalität (hier drinnen die aufrechten Verteidiger des wahren Glaubens, draußen die Feinde Gottes) kann man nun nach innen auf Einheit und Geschlossenheit drängen. Im Kulturkampf des 19. Jahrhunderts hat das funktioniert: Bismarcks Angriff auf die katholische Kirche hat den Modernismusstreit (dessen Neuauflage wir gerade erleben) in Deutschland entschieden und die Katholiken hinter dem Papst versammelt. Ich glaube dennoch nicht, dass die Rechnung ein zweites Mal aufgeht. Aber wer weiß, vielleicht kommt ja irgendwann eine Art Syllabus Errorum 2.0?

Die gleiche Dynamik ist punktuell (auch Müller spricht ja nicht für die Gesamtheit der Katholiken oder auch nur der Bischöfe!) im evangelikalen Spektrum anzutreffen: Kritik und Widerstand reflexartig in Christenverfolgung umzudeuten und Abweichler in den eigenen Reihen – mal subtil, mal drastisch in der Wortwahl – als Komplizen und Kollaborateure der Verfolger erscheinen zu lassen. Vielleicht hilft ja der distanzierte Blick auf die katholischen Mitchristen beim Nachdenken darüber, wie sinnvoll so ein Kurs tatsächlich ist.

Eines jedenfalls fällt auf: Über einen oder sogar zwei der drei Punkte, bei denen Erzbischof Müller absolut keinen Interpretationsspielraum sieht, sind viele ja schon weg…

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So gewinnt man Herzen zurück. Oder?

Die katholische Bischofskonferenz hat einen Standardbrief entworfen, den Pfarrer demnächst an Menschen verschicken sollen, die aus der großkirchlichen Institution austreten (zum Anlass vgl. diesen Bericht). Der Brief fragt weder nach den Gründen des Austritts, noch zeigt er Verständnis für das Bedürfnis nach mehr Distanz, er warnt nur vor den Folgen. Und spart weder mit tadelnden Worten noch mit (das werden die wenigsten Empfänger entschlüsseln können) Verweisen auf das kanonische Recht, wenn es dort wörtlich heißt:

Die Erklärung des Kirchenaustritts vor der zuständigen zivilen Behörde stellt als öffentlicher Akt eine willentliche und wissentliche Distanzierung von der Kirche dar und ist eine schwere Verfehlung gegenüber der kirchlichen Gemeinschaft. Wer vor der zuständigen Behörde seinen Kirchenaustritt erklärt, verstößt gegen die Pflicht, die Gemeinschaft mit der Kirche zu wahren (c. 209 § 1 CIC) und seinen finanziellen Beitrag zu leisten, dass die Kirche ihre Sendung erfüllen kann (c. 222 § 1 CIC i.V.m. 1263 CIC).

Wer austritt, wird – auch das wird die Mehrheit nicht unbedingt stören – von allen Ämtern ausgeschlossen, ebenso von den Sakramenten und er muss mit Schwierigkeiten rechnen, wenn er kirchlich heiraten will oder bestattet werden soll. Im letzteren Fall leiden freilich eher die Hinterbliebenen. O-Ton des pastoralen Serienbriefs: „Ebenso kann Ihnen, falls Sie nicht vor dem Tod irgendein Zeichen der Reue gezeigt haben, das kirchliche Begräbnis verweigert werden.“

Ob Menschen, die – aus welchem Grund auch immer – mit der Institution Kirche nichts anfangen können oder wollen, sich davon umstimmen lassen, dass man im Behördentonfall und paragraphenbewehrt schreibt? Dass ein Verwaltungsangestellter in irgendeiner Amtsstube solche Sätze schreibt, wäre bedauerlich. Dass jedoch die Bischöfe selbst diesen Ton anschlagen (lassen), macht es noch brisanter, zumal das Verhältnis zwischen Basis und katholischer Hierarchie derzeit ja alles andere als unkompliziert ist.

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Reformation auf Koreanisch

Das zweite Podiumsgespräch am gestrigen Montag: Generationenwechsel in traditionellen (Mega-)Gemeinden – der verlief keineswegs überall gut, aber es gibt etliche gute Beispiele:

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Rev Kee Chae Han von der Evangelical Homines Church (1907 von Koreanern gegründet, inzwischen als quasi eigene Konfession auf 3.000 Gemeinden im Land). Theologische Ausbildungsstätten sind die Laboratorien und Übungsfelder für ihn. Seine Gemeinde spricht von „total care ministry“ – jede Lebensphase vom Mutterleib bis an die Schwelle zur Ewigkeit soll möglichst gut begleitet werden. Rund 1.200 ehrenamtliche Leiter arbeiten in seiner Gemeinde mit.

Rev. Han spricht die Sprache des Managers: Er nennt drei Paradigmenwechsel, über die er ein Buch geschrieben hat, reißt fünf Stadien der Entwicklung von Leitern nach John Maxwell an und erklärt die vielfältigen Programme seiner Gemeinde für alle möglichen Zielgruppen, Sprachen und Kulturen und nennt Bildungsprojekte in Nepal und Kambodscha. Den Werten seiner Gesellschaft, Macht, Geld und Ansehen, setzt er die Begriffe Liebe, Frieden und Freiheit entgegen.

Aber auch er sorgt sich um den Ansehensverlust der Evangelikalen, daher hat eine eine Art Ethikcode für sich und seine Kollegen geschrieben. Offenbar gab es eine ganze Reihe von Fällen, wo diese moralisch versagt haben: sexuelle Belästigung von Gemeindegliedern, die Veruntreuung von Geld und Ähnliches. Dazu kommt die absurde Zersplitterung: Allein die Presbyterianer haben 250 (!!) Verbände – vermutlich das problematische Erbe der US-amerikanischen Mutterkirchen, die dürften auch für das antikatholische Ressentiment verantwortlich zeichnen.

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Pastor Park, Samuel No-Cheol spricht von den Wundern in Korea: Gemeindewachstum (heute sendet man Missionare in alle Welt), Wirtschaftswachstum (von Nehmer- zum Geberland). Er ist seit drei Jahren Pastor einer großen, aber im Stil sehr traditionellen Gemeinde, der Seoul Presbyterian Church, in der seine zeitgemäße Predigtweise trotzdem gut ankommt. Auch viele andere Gemeinden werden inzwischen von Koreanern geleitet, die einen großen Teil ihrer Kindheit und Jugend im Ausland verbracht haben und mehrsprachig aufgewachsen sind. Der Fachbegriff lautet 1.5 Generation.

Pastor Hyung Eun Lee von der Sungnak Evangelical Holiness Church („nur“ ca. 3.000 Gottesdienstbesucher, 7.000 Mitglieder) spricht über die Notwendigkeit des Wandels und der Reformation in Korea. Er hat über den Pietismus promoviert, der nicht nur kirchliche, sondern auch gesellschaftliche Reform im Blick hatte, und hat auf Eugene Petersons Kritik an Megachurches geantwortet. Praktische Alltagssituationen sind in seinen Predigten sehr wichtig. Der Lebensbezug darf nicht verloren gehen. Zugleich müssen wir wieder zurück zum Ursprung, zur alten Kirche und zum Text des Neuen Testaments.

Hier sitzen drei Männer, die sich sehr um die Zukunft ihrer Kirchen sorgen. Sie spielen die Probleme nicht herunter, suchen nach Lösungen, brechen mit alten Mustern, lösen sich von ihren Vorgängern und sind bereit, dafür selbst einen hohen Preis zu bezahlen. Ob ihre Konzepte schon weit genug greifen oder nicht, wird man sehen müssen. Aber wenn sie sich durchsetzen, bekommt vielleicht die Ökumene eine neue Chance. Immerhin!

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Korea (7): Die großen Fragen der Zukunft

Taifun Bolaven ist noch einen Tag entfernt. Ein weiterer sonniger und vor allem hochkarätig besetzter Studientag hat begonnen: Pastor Daniel Donwon Lee von der Global Mission Church begann den Vormittag. Er kam – wie viele seiner Kollegen – als Student in die USA und war dort mit der Gemeindewachstumsbewegung und Donald McGavran in Kontakt. Aber wie viele seiner Kollegen stellt auch Pastor Lee kritische Fragen angesichts rückläufiger Trends in Korea: Die (evangelische) Kirche schrumpft und ihr Einfluss geht zurück. Lee spricht über die zehn Qualitätskriterien natürlicher Gemeindeentwicklung und die Kritik von Howard Snyder am Church Growth Movement, weil dort neben dem quantitativen auch das qualitative Wachstum der Gemeinden in den Blick kommt. Nun sind Zellgruppen und „Spiritual Formation“ ein großes Thema hier.

Interessant ist das insofern, als es zeigt, dass die Koreaner trotz ihrer Erfolge und Größe immer noch Impulse aus dem Ausland suchen und aufnehmen. Irgendwie gelingt das uns Deutschen insgesamt weniger gut, würde ich sagen. Bei allen kulturellen und theologischen Differenzen muss man vor dieser Haltung erst mal den Hut ziehen.

Gesunde geistliche Leitung hat mehrere Faktoren, sagt Lee:

  1. eine Balance zwischen Vision und Mission, zu der neben dem Mut zum Träumen auch die Fähigkeit gehört, die eigenen Grenzen anzunehmen
  2. eine Balance zwischen großen und kleinen Gruppen: große Sonntagsgottesdienste allein machen keine gesunde Gemeinde
  3. eine Balance zwischen Familie und Gemeinde
  4. eine Balance zwischen Arbeit und Ruhe: viele Koreaner sind sehr fleißig und ungeduldig, sie gönnen sich kaum Ruhe. Eine Spiritualität des Sabbat und des kontemplativen Gebets kann da helfen. Leider sehen viele das noch als etwas „Katholisches“ an.
  5. eine Balance zwischen Evangelium und kulturellem Kontext: koreanische Christen haben hier in Lees Sicht eher auf Konfrontation gesetzt und alles andere unter Synkretismusverdacht gestellt
  6. eine Balance zwischen der eigenen Gemeinschaft und der Herrschaft Gottes
  7. eine Balance zwischen den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen und der Gemeinschaft

Der Direktor von Campus für Christus in Korea, Sung Min Park, spricht über die Herausforderung freier Werke, dem ursprünglichen Auftrag treu zu bleiben und zielorientiert zu arbeiten. Jedes Jahr werden die praktischen Methoden der evangelistischen Gesprächsführung überarbeitet und angepasst – im Moment ist das „Soularium„, eine Bildkartensammlung, der letzte Schrei.

Jik Han Koh von YOUNG 2080 bildet junge Leiter aus und arbeitet mit Charles Kim zusammen, der am Freitag hier war. Er bezeichnet sich als Hersteller von Sprengstoff („TNT“ steht auch für „Twenties ’n‘ Thirties“). Ausgewogenheit findet er weniger wichtig, geistliche Aufbrüche können Kultur und Gesellschaft nur dann verändern, wenn sie Durchschlagskraft entwickeln. Seine Arbeit zielt in drei Richtungen: „Bible Korea“, „United Korea“ und „Mission Korea“ – da ist also wieder die Verbindung von Glaube und Nation, die wir aus der Geschichte schon kennen.

Und die Wachstumskurven der zurückliegenden Jahrzehnte scheinen für ihn Ansporn und Norm zu sein, wenn es um die Zukunft geht: Zahlen über Zahlen füllen seine Präsentationsfolien. Immer wieder fallen Begriffe wie „Dynamit“ und „Revolution“ im Zusammenhang mit der jüngeren Generation, die dafür sorgen soll, das die nächste Generation von Christen zur „goldenen Gans“ der koreanischen Gesellschaft wird.

Die anschließende Diskussion ergibt weitere interessante Aspekte:

  • „Liberale“ (in unserem Sprachgebrauch wohl eher: politische) Theologie entwickelte sich in Korea im Widerstand gegen die Diktatur. Evangelikale glaubten, dass Evangelisation irgendwann die Gesellschaft von selbst verändern würde und hielten sich heraus aus Demonstrationen. Heute sehen sie das selbstkritisch. Der Versuch, durch die Gründung einer christlichen Partei politisch mitzuwirken, gilt als gescheitert, nun herrscht etwas Ratlosigkeit über das weitere Vorgehen. Da waren die Katholiken besser dran, sie konnten zum Beispiel auf Befreiungstheologie aus Lateinamerika zurückgreifen.
  • Vielen Gemeinden scheint die jüngere Generation wegzubrechen. Unter jungen Christen ist eine Stillebewegung entstanden. Leider, sagt Pastor Lee, bleibt aber selbst diese Bibelmeditation oft an der Oberfläche; damit sie wirken könnte, müsste die kontemplative Dimension gestärkt werden.
  • Die jüngere Generation in Korea leidet unter der für hiesige Verhältnisse hohen Arbeitslosigkeit (knapp 10%), daher zögern viele zu heiraten und es werden weniger Kinder geboren. Die Zukunftsaussichten haben sich eingetrübt. Junge Leute stehen unter solchem Leistungsdruck, dass sie oft den Kontakt zu jeglicher Form christlicher Gemeinschaft verlieren.
  • Bei Campus, sagt Rev. Park, hat man die „modernistische Apologetik“ zurückgestellt zugunsten dialogischerer und emphatischerer Ansätze. Wie „postmodern“ die tatsächlich sind, frage ich mich gerade – das klingt mir noch mehr nach Techniken denn nach verinnerlichten Haltungen: Er würde gern Kreationismus neben der Evolutionstheorie in die Schulbücher bekommen, aber auch das ist bisher gescheitert (Gott sei Dank…!). Da sind wir wieder bei der Spannung zwischen der eher fundamentalistischen Tendenz vieler Protestanten hier (und von Campus für Christus generell) und einer zunehmend pluralistischen Kultur.
  • Für unsere Referenten benutzen „christlich“ und „protestantisch“ als Synonyme. Katholiken werden wie Buddhisten, der Islam oder Konfuzianismus weitestgehend als Konkurrenz empfunden. Wer sich zu positiv äußert, kann in konservativen theologischen Ausbildungsstätten hier durchaus seine Anstellung verlieren (Karl Barth zu erwähnen reicht anscheinend auch schon – warum auch immer). Insofern fallen die Antworten auf Nachfragen sehr zurückhaltend aus. Unbefriedigend, demnächst soll in Busan der Ökumenische Rat der Kirchen tagen.
  • Interessante selbstkritische Einsicht gegen Ende: Die Koreaner haben westlichen Imperialismus in der Mission kritisiert und zwischenzeitlich festgestellt, dass die eigenen Missionare denselben Fehler begingen.
  • Pastor Kang unterstreicht die Bedeutung der Spiritualität. In Korea ist das Thema unterentwickelt, gerade hier sind Richard Foster, Dallas Willard oder Philip Yancey Vorbilder – und das Studienkonzept des George Fox Seminary. Lee erwähnte immerhin Henri Nouwen. Vielleicht stehen in zehn oder zwanzig Jahren ja auch Katholiken wie Richard Rohr, Franz Jaliczs oder Thomas Merton auf der Liste?
Die Frage, die bei mir zurückblieb, lautet: Lassen sich Fehler und Schwächen, die man im 19. Jahrhundert aus Amerika übernommen hat (konfessionelle Zersplitterung, Gesetzlichkeit im Blick auf Alkohol, sehr traditionelle Definition von Geschlechterrollen, autoritäre Führung, kleinkarierter Dogmatismus), nun mit (durchaus respektablen) Denkern und Autoren aus dem Amerika des 20. Jahrhunderts (selbst wenn Willard, Foster u.a. alle noch leben, da liegt ihr Schwerpunkt) kurieren? Oder ist das lediglich eine momentane Zwischenstation auf dem Weg ins 21. Jahrhundert, in dem die meisten schlicht noch nicht angekommen sind?
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Retrocharismatiker

Mitte der 80er Jahre hatte die charismatische Bewegung ihren Zenit erreicht. Damals ahnte das keiner, alle schienen zu glauben, die Kurve würde immer weiter nach oben zeigen und die große Erweckung sei nur eine Frage der Zeit. Doch so weit ich sehe, stagniert die Entwicklung seither, zumindest in den traditionellen Kirchen. Pfingstgemeinden und ihre Verbände wachsen recht moderat weiter, und manches Element charismatischer Spiritualität (Segnung oder Gebet für Kranke mit Handauflegung, „Lobpreislieder“, Gabenorientierung im Gemeindebau, „innere Heilung“) ist zum Allgemeingut geworden, das man heute fast überall antrifft.

Die einst jugendlich-ungestümen Leiterrunden begannen zu ergrauen. Der Brite Gerald Coates schrieb zehn Jahre später etwas provokativ von der „postcharismatischen Depression“. Eine Trotzreaktion blieb aus. Um so spannender fand ich die Beobachtung, wie praktisch eine Generation später an manchen Stellen nun eine Art „Retro-Effekt“ auftritt. Nachdem sich Gruppen und Gemeinden die letzten 20 Jahre an diesem oder jenem Thema oder Projekt versucht hatten, gehen jetzt etliche wieder zurück zum Stil und den Inhalten von damals.

Freilich hat sich die Welt um uns her minimal verändert in dieser Zeit. Ist dieser Retro-Kurs also ein stylisches „Back to the Roots“ wie der Mini und der Cinquecento im Automobilbau, oder schon der Nostalgiezug in Richtung Museum?

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Nicht vom Pferd fallen

Edward Schillebeeckx schreibt in „Menschen. die Geschichte von Gott“ als Fazit seiner Betrachtungen:

Die Kirche hat Zukunft in dem Maße, in dem sie allen Supranaturalismus und Dualismus fahren lässt: also, einerseits, Heil nicht auf ein bloß geistiges Reich oder eine nur himmlische Zukunft reduziert und sich, andererseits, nicht introvertiert auf sich selbst als Kirche konzentriert, sondern sich, nach außen gewandt, auf den anderen ausrichtet: auf Menschen in der Welt. Und dann nicht ausschließlich an die eigene, geschichtliche Selbsterhaltung als geistige Macht in der Welt denkt.

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… und dann macht es leise „plopp“

Bei Menschen ist das Altern zwangsläufig, bei Organisationen nicht. Ein pointiertes Zitat aus Kirchenvisionen von Paul M. Zulehner:

… das Altwerden einer Organisation [setzt] just dann ein, wenn die Kraft der Vision nachlässt. Es ist […] eine beliebte Zeit für Jubiläen. Die jubilierenden Gemeinschaften der Kirche schauen (wie Ehepaare, Ordensleute, Priester, Vereine) zurück und freuen sich über die Kraft des Anfangs und was daraus geworden ist.

Nach den Visionen werden die Programme alt, wenn sie nicht rechtzeitig aktualisiert werden. Was bleibt, ist eine gut verwaltete, selbstzufriedene, aber zugleich alternde Gemeinschaft. Geht auch die Gemeinschaft verloren, regiert nur noch die Administration mit ihrer Lust an visionsarmen Strukturen. Es geht dann oft nur noch um Geld, kaum noch um Gott. Eine sterbende Kirchengestalt wird erfolgreich verwaltet. Ihr Ende: der organisatorische Tod nach einer schleichenden, lautlosen Implosion.

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Ziemlich verzweckte Sache

Ein Dozent berichtete vor kurzem, er habe in einem Seminar mit BWL-Studenten gefragt, was der Zweck eines Unternehmens sei. 90% antworteten „Geld verdienen“. Er sei versucht gewesen, „setzen, Sechs.“ zu antworten, habe dann aber etwas behutsamer erklärt, dass Gewinne zwar zum Überleben des Unternehmens wichtig seien, aber eben kein Selbstzweck. Dass auch die meisten Bosse das nicht verstanden haben, ist eine der Ursachen für so manches Problem heute.

Beim Gespräch über den „Zweck“ von Kirche bzw. einer Gemeinde passiert hin und wieder jedenfalls etwas Analoges: Sie sei dazu da, zu wachsen, sagen einige. Und machen denselben Fehler: Freilich ist ein gewisses Wachstum nötig, um die Aufgaben erfüllen zu können, die der Kirche gestellt sind. Aber Wachstum als Selbstzweck wäre ein großes Missverständnis. Ist das Ziel Gottes etwa eine Verkirchlichung der Welt?

Eine andere Unterhaltung führte neulich in eine ähnliche Richtung. Da ging es um eine Gemeinde, die sich ausgesprochen jungdynamisch präsentiert und damit auch viele junge Christen aus anderen, „älteren“ Gemeinden anzieht. Meine Gesprächspartnerin meinte, ob die bestehenden Gemeinden nicht mit der neuen kooperieren sollten. Theoretisch wäre das eine gute Idee, es würden sich bestimmt Win-win-Lösungen finden lassen. Mein Eindruck war, dass die Partnerschaft deswegen scheitern würde, weil die eine Seite nichts Größeres kennt als den eigenen Erfolg. Statt selbstlosem Verhalten und echter Kooperation schien es mir dort eher einen dezent mitleidigen Blick auf jene zu geben, die es halt nicht so drauf haben wie man selbst.

Vielleicht ist es ja auch nur eine Art naiv-frommes „Mia san mia“. Aber selbst das passt besser in die Bundesliga als dass es zum Selbstverständnis einer christlichen Gemeinschaft taugt. In dem Moment, wo sich irgendeine Organisation als Selbstzweck definiert, verhält sie sich ihrer Umgebung gegenüber parasitär. Denn selbst der gesündeste Organismus wächst nicht grenzenlos vor sich hin. Und wenn Zellen im Körper nichts anderes mehr im Sinn haben, als möglichst schnell zu wachsen, dann ist das ein Tumor.

Freilich kann man als Vertreter einer solch selbstgenügsamen Gemeinde (die übrigens weder jung noch neu sein muss…) einwenden, man biete doch den Menschen etwas, die in die Gottesdienste kommen. Sie begegnen Gott und erleben vielleicht auch in dieser oder jenen Form Heilung und positive Veränderung und überhaupt zähle das ewige Heil mehr als jeder Nutzen für die Gesellschaft. Vielleicht sieht man sich auch als moralisches Leuchtfeuer in einer korrupten Welt. Vielleicht ja sogar mit einem gewissen Recht. Und doch greifen diese Rechtfertigungen noch zu kurz. Die Ermahnung des Jeremia, der Stadt (wir reden heute von „Gesellschaft“) Bestes zu suchen und Jesu Wort aus der Bergpredigt vom Salz und Licht weisen in eine andere Richtung. Von den eigenen Leuten mal abgesehen: Wer würde unsere Gemeinde eigentlich vermissen, wenn es sie nicht mehr gäbe?

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Niedergang und Neuanfang

Ich habe die Klage von Os Guinness aus Kapstadt (und mein spontanes Befremden darüber) noch gut in Erinnerung: Der Niedergang der Kirchen in Europa sei dem „Liberalismus“ anzukreiden. Theologisch konservative Kirchen dagegen, so hörte man lange Zeit und oft, wiesen überlegenes Wachstum auf.

Nicht mehr, wenn man Diana Butler-Bass‘ Beitrag im Huffpost glauben kann. Dort stellt sie fest, dass die Kirchen in Nordamerika dramatisch schrumpfen und dass der Trend bei konservativen Denominationen wie den Southern Baptists zwar später (so sind Konservative nur einmal…) kam, aber eben doch. Innerhalb einer Generation hat sich der Gottesdienstbesuch in den USA halbiert.

Aber vielleicht hilft die gemeinsame Misere ja, abseits alter Lagerkämpfe neue Wege zu beschreiten. Einzelne Gemeinden, die gegen den Trend wachsen, gibt es eben auch überall. In den Umfragen dreht sich viele um die Begriffe religiös und spirituell. Zwischen 1999 und 2009 fiel die Zahl derer, die sich als „religiös, aber nicht spirituell“ bezeichneten, von 54 auf 9% der Bevölkerung. 30 Prozent bezeichnen sich heute als „spirituell, aber nicht religiös, 48% dagegen als spirituell und religiös“. Darunter lässt sich die Suche nach einer authentischen Glaubensgemeinschaft ohne das Korsett herkömmlicher Institution verstehen.

Ob daraus dann umgehend wieder ein neues geistliches Erwachen resultiert, wie Butler-Bass hofft, das bleibt abzuwarten. Freilich nicht untätig, sondern es ist Zeit zum engagierten Experiment in Sachen postinstitutionelle Gemeindeformen. Meinetwegen gern so postevangelikal wie postliberal.

Nachtrag: Eben lese ich in diesem Bericht aus der Zeit zur Situation der katholischen Kirche aktuelle Zahlen für Deutschland:

Besuchten 1990 noch 21,9 Prozent regelmäßig den Gottesdienst, waren es im Jahr 2010 nur noch 12,6 Prozent.

 

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Frischer Zahlensalat

kommt aus England auf den Tisch: Die Anglikanische Kirche meldet aktuell 1.000 sogenannte fresh expressions, nochmal 1.000 existieren bei den Methodisten, die in dieser Frage Kooperationspartner sind:

The first ever statistical analysis of the Fresh Expressions movement has concluded that there are at least 1,000 CofE fresh expressions of church or new congregations across the country. These aim to provide new forms of church which are different in ethos and style from the church which planted them because they are designed to reach a different group of people than those already attending the original church. The emphasis is on planting something which is appropriate to its context rather than cloning something which works elsewhere.

Around 30,000 people attend fresh expressions each month who don’t attend traditional regular services, equating to an average of around 40 people per participating parish exploring new forms of church – the statistical equivalent of an additional diocese. These 30,000 are included in the average weekly and monthly statistics. Almost all dioceses have reported fresh expressions or new congregations with over half of these initiatives aimed at families with young children.

Diesen 30.000 Teilnehmenden an nichttraditionellen Gottesdiensten stellt die CofE die Gesamtzahl von 923.700 Gottesdienstbesuchern gegenüber, die allerdings rückläufig ist.

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Steuerfreier Gewinn

Die Welt (danke an Frank Heinze für den Tipp!) schreibt über evangelische Gemeinden, die ihre Pfarrer selbst finanzieren. Der Artikel stellt ein paar gelungene Beispiele vor und beleuchtet dann auch den kirchenpolitisch-institutionellen Hintergrund:

Er beschreibt das Zögern evangelischer Kirchenleitungen (doch etwas weit hergeholt dabei das Argument, man wolle keine besser dotierten Stellen aus Spendenmitteln – in der Regel sind die ja aus guten Grund bescheidener ausgestattet!) wie auch das bislang bestenfalls theoretische Abrücken der katholischen Kirche von der Kirchensteuer – auch wenn der Papst seine Bischöfe mit der Idee einer Angleichung an die übliche Praxis der Weltkirche neulich schon verschreckt hat.

Wichtig sind aber vor allem die Hinweise auf den größeren Nutzen und Sinn solcher Modelle:

  • Gemeinden kommen “aus der Defensive“ und setzen ein Zeichen nach innen wie nach außen, dass mit ihnen zu rechnen ist, statt sich in der „passiven Betrachtung des Niedergangs“ zu ergehen.
  • Gemeinden, die sich ihre Pfarrstellen etwas kosten lassen, werten damit den Berufsstand insgesamt auf, und das in einer Zeit schwindenden Nachwuchses (und so mancher überlasteter, ausgebrannter Amtsträger).

Freilich macht eine Pfarrstelle noch keine blühende Gemeinde, und auch der Pfarrer schafft das nicht allein. Wohl aber fördert die gemeinsame Anstrengung die oft nur mäßige Identifikation evangelischer Christen mit ihrer Gemeinde. Der emeritierte Berliner Superintendent Wolfgang Barthen bringt es auf den Punkt (und redet gewiss von mehr als nur Geld), wenn er sagt:

Es ist eine Form der Mission, wenn wir die Leute ermuntern können, dazu beizutragen, dass die Gemeinde attraktiv bleibt und attraktiver wird.

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Caution: Bible Hazard :)

Da hatten wir es doch erst vom evangelikalen Linksruck in den USA, schon folgt das nächste Aha-Erlebnis: Christianity Today hat jüngst auf eine Studie der Baylor University hingewiesen, die der Frage nachgeht, was eigentlich mit Leuten passiert, wenn sie in der Bibel lesen. Viele würden nun erwarten, dass vor allem konservative Werte und Einstellungen davon befördert werden, und an einigen Stellen ist das auch der Fall.

Zugleich aber entdeckten die Forscher, dass Christen die rabiaten Sicherheitsgesetze des Patriot Act um so kritischer sahen, je öfter sie zur Bibel griffen. Ähnliches gilt für die Abschaffung der Todesstrafe und einen humanen Strafvollzug oder die Vereinbarkeit (!) von Bibel und moderner Wissenschaft.

Soziale Gerechtigkeit und Konsumverzicht standen bei den Viellesern deutlich höher im Kurs als bei den Weniglesern. Man fragt sich, ob der Bible Belt mit seinem stramm konservativen Wählerpotenzial seinen Namen eigentlich noch verdient, oder ob diese Positionen nicht ein Hinweis darauf sind, dass den Konservativen die Bibel herzlich egal ist oder nur insofern relevant, als sie ihre rechte Agenda vermeintlich legitimiert.

Warum das so ist, erklärt Aaron B. Franzen so:

Frequent Bible readers may have different views of biblical authority, but they tend to read it devotionally, looking for ways in which Scripture is speaking directly to them. They will read until struck by something that sticks out in the text. Even if the reader thinks the Bible has some error or needs a lot of interpretation, this thunderbolt moment can take on tremendous personal significance.

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