So gewinnt man Herzen zurück. Oder?

Die katholische Bischofskonferenz hat einen Standardbrief entworfen, den Pfarrer demnächst an Menschen verschicken sollen, die aus der großkirchlichen Institution austreten (zum Anlass vgl. diesen Bericht). Der Brief fragt weder nach den Gründen des Austritts, noch zeigt er Verständnis für das Bedürfnis nach mehr Distanz, er warnt nur vor den Folgen. Und spart weder mit tadelnden Worten noch mit (das werden die wenigsten Empfänger entschlüsseln können) Verweisen auf das kanonische Recht, wenn es dort wörtlich heißt:

Die Erklärung des Kirchenaustritts vor der zuständigen zivilen Behörde stellt als öffentlicher Akt eine willentliche und wissentliche Distanzierung von der Kirche dar und ist eine schwere Verfehlung gegenüber der kirchlichen Gemeinschaft. Wer vor der zuständigen Behörde seinen Kirchenaustritt erklärt, verstößt gegen die Pflicht, die Gemeinschaft mit der Kirche zu wahren (c. 209 § 1 CIC) und seinen finanziellen Beitrag zu leisten, dass die Kirche ihre Sendung erfüllen kann (c. 222 § 1 CIC i.V.m. 1263 CIC).

Wer austritt, wird – auch das wird die Mehrheit nicht unbedingt stören – von allen Ämtern ausgeschlossen, ebenso von den Sakramenten und er muss mit Schwierigkeiten rechnen, wenn er kirchlich heiraten will oder bestattet werden soll. Im letzteren Fall leiden freilich eher die Hinterbliebenen. O-Ton des pastoralen Serienbriefs: „Ebenso kann Ihnen, falls Sie nicht vor dem Tod irgendein Zeichen der Reue gezeigt haben, das kirchliche Begräbnis verweigert werden.“

Ob Menschen, die – aus welchem Grund auch immer – mit der Institution Kirche nichts anfangen können oder wollen, sich davon umstimmen lassen, dass man im Behördentonfall und paragraphenbewehrt schreibt? Dass ein Verwaltungsangestellter in irgendeiner Amtsstube solche Sätze schreibt, wäre bedauerlich. Dass jedoch die Bischöfe selbst diesen Ton anschlagen (lassen), macht es noch brisanter, zumal das Verhältnis zwischen Basis und katholischer Hierarchie derzeit ja alles andere als unkompliziert ist.

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6 Antworten auf „So gewinnt man Herzen zurück. Oder?“

  1. Sehr frech ist folgender Satz, vor allem für die, die Opfer von Misshandlung der Kirche wurden „Man verstößt gegen die Pflicht die Gemeinschaft der Kirche zu wahren“. Da fühlt man sich gleich als Verbrecher. Fehlt nur noch, dass man mit der Hölle droht. Ist man nicht freiwillig in der Kirche? Lässt sich so ein Kirchengesetz überhaupt mit dem Grundgesetz in Übereinstimmung bringen? Das verheißt nichts gutes für die öffentliche Kirche. So verspielt man noch den Rest der Glaubwürdigkeit.

  2. Ha ja, wenn alles andere nicht wäre: Allein der Schluss ist ein Genuss: „…würde mich diesbezüglich über Ihre Rückmeldung
    freuen“. Da wird dem Amtsschimmel das Herz warm. 🙂

  3. Ei ei ei, verschicken die so etwas wirklich?

    Kleine Korrektur:
    „Der Brief fragt weder nach den Gründen des Austritts“
    doch:
    „Ihre Entscheidung ist mir, wie Sie verstehen werden, keineswegs gleichgültig. Ich würde gerne mit Ihnen über die Gründe, die Sie zu Ihrem Schritt bewogen haben, sprechen und habe als Seelsorger auch die Pflicht, die Motivation Ihres Kirchenaustritts zu erfragen“

    Aber das amtsdeutsch versteht doch kein Mensch, noch lässt sich davon jemand wieder zur Rückkehr bewegen…

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