Seit einer Weile verfolgt mich Jeremia 20, wo Jeremia sich beschwert, dass Gott sein Leben ruiniert hat und er trotz allem nicht von ihm loskommt. Ich finde das eine der leidenschaftlichsten und anrührendsten Passagen in der ganzen Bibel. Berufungen sind doch auch etwas – ich bin versucht zu sagen: höllisch – Gefährliches.
Natürlich bin ich meilenweit entfernt von der dramatischen Situation damals, doch manchmal kann ich es wenigstens ansatzweise nachempfinden. Wie nett wäre es, ab und zu einfach passiv und teilnahmslos im Strom zu schwimmen, weniger Konflikte und Auseinandersetzungen zu erleben und ein bißchen mehr gemocht zu werden (nicht geliebt, dazu wäre der Weg zu farb- und harmlos, aber eben gemocht).
Etwas weniger einsam in manchen Momenten, weil ich mit weniger zufrieden sein könnte: Weniger beunruhigende Fragen und Zweifel, weniger Wunsch nach Veränderung, weniger gewagte Träume, weniger Ungeduld mit dem Status quo, weniger Verletzlichkeit. Das Leben könnte einfacher sein. Es geht aber nicht! In einem Song von REM heißt es ganz passend:
I told you I wanted to be wrong
but everyone is humming a song
that I don’t understand.
Vielleicht sollten wir unsere christlichen Berufungsseminare alle noch einmal umschreiben und überdenken. Jeremia 1 kommt oft vor, Kapitel 20 dagegen eher im Kleingedruckten. Dabei wollen wir doch gern Leute mit brennenden Herzen sein:
Sagte ich aber: Ich will nicht mehr an ihn denken und nicht mehr in seinem Namen sprechen!, so war es mir, als brenne in meinem Herzen ein Feuer, eingeschlossen in meinem Innern.