Barth Missional (13): Lust und Ernsthaftigkeit

Barth spricht vom dienenden Zeugnis der Gemeinde. Ein Aspekt des Dienstes liegt darin, das Evangelium so zu verkünden, dass es für andere Menschen nachvollziehbar ist. Zu hoch schrauben sollte man die Erwartungen an den „Erfolg“ dabei zwar nicht:

Sie [die Gemeinde] wird sich davor hüten, das, was sie in dieser Richtung tun kann, zu überschätzen, ihr bißchen Erklären für ein göttliches Offenbaren zu halten und auszugeben, um dann enttäuscht und betrübt zu werden, wenn es nicht die Wirkung eines solchen hat. Sie wird sich aber erst recht davor hüten, ihr Pfund zu vergraben, dem Evangelium und den Menschen, an die es sich richtet, den beschränkten, aber bestimmten Dienst nicht zu leisten, den sie in Gestalt der Erklärung ihrer Aussage und also des Evangeliums leisten kann.

Nur weil etwas (die „göttliche Offenbarung“ nämlich) nicht machbar ist, bedeutet nicht, dass man gar nichts dazu beizutragen hätte. Also fügt Barth umgehend hinzu, dass man sich nicht zu schnell damit abfinden darf, nicht verstanden zu werden. Ungeteilte Zustimmung zu erwarten, wäre ein Fehler. Aber wenn einem völliges Unverständnis entgegenschlägt, dann sollte man dies nicht als Zeichen interpretieren, dass man auf dem richtigen Weg ist:

Das dürfte nämlich bei allen … Menschen, ob sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen können oder nicht, erreichbar sein, daß ihnen wenigstens die innere Konsistenz und insofern der Sinn der evangelischen Botschaft einleuchte. Erreichte die Gemeinde auch das nicht, dann dürfte ihr zu raten sein, sich zu fragen: ob das nicht an einem Versagen ihres eigenen Aufmerkens auf die innere Klarheit, die Rationalität, die Vernünftigkeit des Evangeliums einerseits und an einer Vernachlässigung der ihr zu Gebote stehenden menschlichen Mittel anderseits liegen möchte? Es dürfte ihr dann zu raten sein, den Fehler bei sich selbst und nicht bei der bösen Welt zu suchen, und darum mit neuer Lust und Ernsthaftigkeit zu neuen Anstrengungen und Versuchen in dieser Richtung aufzubrechen. (KD IV,3 S. 972f.)

Gefragt sind also „neue Anstrengungen und Versuche in dieser Richtung“. Sie beginnen mit dem „eigenen Aufmerken“, denn die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass ich selbst etwas nicht richtig verstanden habe, wenn ich es anderen nicht erklären kann. Das zuzugeben, ist keine Schande, es zu verdrängen dagegen wäre kirchliche Selbstsabotage. Zweitens geht es um die “Wahl der Mittel“. Welche Formen und Räume der Kommunikation stehen uns offen? Sind die bisher genutzten noch erste Wahl? Das wäre doch etwas, wenn viele Gemeinden sich aufmachten, diese Fragen mit „neuer Lust und Ernsthaftigkeit“ anzugehen!

Share

7 Antworten auf „Barth Missional (13): Lust und Ernsthaftigkeit“

  1. Ja und hier sind wir dann an den Punkt, wo ich benennen kann, was mich an Barth stört: spitzt er nicht im Wesentlichen alles auf ein Kommunikationsgeschehen, genauer: eine Botschaft zu? Verkürzt er das Christentum nicht auf ein lehrmäßigen Gehalt? Auf Satzaussagen, die mich so Gott will auch existentiell treffen? Ist er nicht ein Beispiel für eine kognitivistische Verkürzung des Christentums? Und da ist dann auch dieser autokratische Impuls: wenn das Wort völlig kontingent auf den Menschen senkrecht von oben trifft. Gut, das lässt sich auch als eine kritische Figur lesen, aber degeneriert es dann nicht ganz schnell dahin, dass der das Wort Sprechende von oben herab der Gemeinde das Wort bringt? Vertritt Barth nicht – gerade wenn er paternalistisch einräumt, dass „die Gemeinde“ (und ist das nicht: „der Prediger“) das Wort auch mal erklärt – ein autoritäres Bild von Gott und von Gemeinde?

    1. @Arnachie: Nachdem ich jetzt den ganzen Paragraphen von knapp 200 Seiten gelesen habe, kann ich Deine Vermutung/Befürchtung der Verengung auf kognitive Inhalte so nicht bestätigen. Dass es sich um eine Botschaft handelt, impliziert ja schon der Begriff „Evangelium“. Und wenn man eine Nachricht weitergibt, die für andere neu ist, dann kann das freilich von oben herab passieren, Barth räumt die Gefahr auch ein. Wenn man sie kennt, kann man sie vermeiden, indem man z.B. festhält, dass die Kirche immer auch die erste Hörerin des Evangeliums bleibt.

  2. Ich hatte ja auch schon meine Versuche mit Barth, aber irgendwie will ich keinen rechten Zugang zu ihn finden. Ich vermute, es liegt – wenn es nicht daran liegt, dass der Heidelberger Mainstream sehr Barth-lastig ist – an seiner Sprache. Genauso wie ich vermutlich so großer Nietzsche Fan bin, weil ich Nietzsches Sprache so gut finde.Ist mir halt irgendwie bei Barth zu apodiktisch, zu langatmig (ich habe weder die Zeit noch das Lesetempo um diesen Berg KD auch nur annähernd angehen zu können) und die Dinge die ich von ihm kenne – also die Spitzensätze – sind meistens auch nciht sehr aufregend. Vielleicht liegt es auch daran, dass Barth kein Denker, mit dem man gut in Dialog (alá das finde ich gut, das finde ich nicht gut) treten kann, man muss irgendwie die ganzen gewichtigen Voranahmen schlucken oder es bleiben lassen.
    Deshalb mal meine Frage: was fasziniert dich denn an Barth? Wie kommst du auf Barth und woher nimmst du den langen Atem, durch die KD zu lesen?

  3. Ich stimme Deiner Kritik an der „Benutzerfreundlichkeit“ Barths uneingeschränkt zu. Auf KD IV bin ich gekommen, weil Barth laut Ulrich Kühn der erste war, der die Sendung der Gemeinde in die Christologie integriert hat. Dem wollte ich nachgehen und bin nach kurzer Eingewöhnungszeit auf viele originelle Gedanken gestoßen, zumal das Buch ja schon ein paar Jahre alt ist. Für mich hat es geklappt, so eine Art Dialog mit Barth zu führen. Einfach war es ganz und gar nicht. Ich finde es schade, dass er so viele Perlen so tief in dem monströsen Werk verbuddelt hat. Und etliche Male dachte ich, ich höre Jüngel reden. Wobei dessen Stil trotz allem viel zugänglicher ist als Barths. Aber auch weniger kauzig als der alte Schweizer…

  4. Tja siehste, vielleicht passt er nicht so gut „in unsere Schnelllebige Zeit, in der sich ja niemand mehr Zeit nimmt auch mal 1000 Seiten zu lesen“. 😀
    Ja wenn ich drüber nachdenke, finde ich ja auch Barth Wiederbelegung der Trinität ehm besser des trinitarischen Dogmas richtig gut. Ich hab mir auch ein paar Kapitel die ich noch aus der KD hatte, mal ausgedruckt und werd die bei Gelegenheit mal lesen. Aber ansonsten hat’s mir halt der Tillich angetan: der regt mich zwar ohne Frage auch dauernd auf, aber er wendet sich halt einem großen Reichtum an Phänomenen zu. Oder eben Panneberg, der zwar auch irgendwie furchtbar zu lesen ist, aber dessen Eschatologie vermutlich recht gut mit N.T. Wright zusammenpassen würde. Wobei ich vielleicht Barth als gutes Korrektiv ansehen würde, der die Enthobenheit Gottes (gern mal auch auf Kosten der Abwertung der Menschheit?) betont.

Kommentare sind geschlossen.