idea: ungeliebt oder unentbehrlich, oder doch beides?

Es ist deutlich seltener geworden über das letzte Jahr, aber ab und zu begegnet mir das Thema „Evangelikale und idea“. Vor ein paar Wochen analysierte Philipp Greifenstein die Inhalte des Spektrum auf theologiestudierende.de und konstatierte ein Übergewicht politischer Themen, wenig Bibel und Theologie, eine inhaltliche Nähe zur AfD und eine anti-muslimische Grundhaltung. Manchmal denke ich, die Abonnenten könnten das Geld auch gleich an die AfD spenden.

Viele moderate Evangelikale klagen seit Jahren über diesen Kurs, sie schimpfen, schämen und distanzieren sich, wenn sie darauf angesprochen werden. Im Stillen ganz oft, manchmal sogar öffentlich. Aber dann kommt im Nachsatz: „Wir haben doch nichts anderes“. So auch diesmal.

Mich erinnert das an das Bilderbuchklischee einer zerrütteten Ehe, in der die Ehefrau von ihrem Mann immer wieder abgekanzelt und ausgenutzt wird. Ab und zu entschuldigt er sich, macht der Gedemütigten kleine Geschenke. Aber wenn es darauf ankommt, fällt er wieder in die alten autoritären, groben und dominanten Verhaltensmuster zurück.

Und sie bleibt an seiner Seite. Aus Angst vor dem Alleinsein. Weil das Geld eh schon knapp ist. Um der Kinder willen, die sie doch immer noch brauchen und die man ja nicht im Stich lassen darf. Weil die Kinder darunter leiden, wenn sich Papa und Mama streiten (diese Stimmung war in den sozialen Netzwerken sehr präsent, als letztes Jahr Ulrich Parzany auf Michael Diener losging). Aber so geht das ja schon seit vielen Jahren – mal mehr, mal weniger. Es ist ein sehr stabiles Verhaltensmuster.

Und genau da, in der Stabilität der zyklischen Konfliktverläufe, liegt das Problem: Ist es tatsächlich klüger (oder glaubensstärker), immer wieder nachzugeben und zurückzustecken? Was lernen die Kinder aus diesen eingespielten Verhaltensmustern? Und wie lebenstüchtig sind sie, wenn sie das Haus verlassen? Könnte das der Grund sein, dass viele auf gar keinen Fall mehr zurück wollen? Und dafür, dass sich unter denen, die sich wohlfühlen zuhause, dieselben blinden Flecken ausbilden wie bei ihrem Vormund? Was wird dann aus der nächsten Generation?

Liebe moderate/progressive/offene Evangelikale: Was würdet Ihr einer Freundin oder Bekannten in einer solchen Lage raten? Hilft Euch unser Mitgefühl, oder hindert es Euch daran, die Misere tapfer zu beenden (jetzt, wo sich sogar Brangelina getrennt haben…)? Was braucht Ihr, um Euch zu entscheiden? Oder ist es eigentlich gar nicht so schlimm, wie wir denken?

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