Zusammendenken, was zusammen gehört

Gerade kommt „Die Vermessung der Welt“ in die Kinos (ich bleibe wohl lieber beim Buch). Von Kehlmanns Protagonisten lebt der eine in der Welt des abstrakten Geistes und der andere schlägt sich sammelnd und katalogisierend durch die unwegsame und unerbittliche Wildnis. Zwei Vertreter einer Moderne, die Geist und Materie nicht mehr zusammenbringt.

Der Anthropologe und Kybernetiker Gregory Bateson hielt gegen Ende seines Lebens die Überwindung dieses Dualismus für eine lebensnotwendige Aufgabe. Seine Tochter hat das Manuskript zu Wo Engel zögern nach seinem Tod fertiggestellt und veröffentlicht. Bateson grenzt sich von den sympathischen, aber abergläubisch-esoterischen Nachbarn, die auf Geister und Übersinnliches abfahren, ebenso ab wie von den Kollegen aus den Naturwissenschaften, die sich aufs Messen von Quantitäten und simple Kausalitäten haben reduzieren lassen.

Bateson ist ein origineller Denker und sein Buch eine anregende Lektüre. Seine Themenstellung – die Wiederentdeckung einer zusammenhängenden, geistleiblichen Wirklichkeit (er kann auch von „Monismus“ reden) – finde ich jedenfalls faszinierend:

Meine Aufgabe ist es, zu erforschen, ob es irgendwo zwischen diesen beiden Schreckgespenstern des Unsinns [d.h. des Materialismus und des Supranaturalismus, die beide die cartesische Spaltung der Welt in Geist und Materie widerspiegeln] einen geistig gesunden und gültigen Platz für die Religion gibt. Ob sich, wenn die Religion weder die Wirrköpfigkeit noch Scheinheiligkeit nötig hat, in Erkenntnis und Kunst die stützende Grundlage einer Affirmation des Heiligen finden ließe, die die natürliche Einheit zu Ehren bringen würde.

Würde eine solche Religion eine Einheit neuer Art bieten? Und könnte sie eine neue und dringend benötigte Demut wecken?

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