Feuchter Triumph

Heute ist das ja zum Glück kaum noch ein Problem – im 19. Jahrhundert standen sich jedoch im frommen Wuppertal Reformierte und Lutheraner nicht sehr freundschaftlich gegenüber. Das Unglück des anderen wurde als Zeichen dafür gedeutet, dass er auch theologisch im Unrecht war. Vor allem an der Frage nach der Prädestination schieden sich die Geister, wie ein (zugegeben: sehr bissiger) Zeitzeuge schildert:

Einmal kam ein alter steifer Lutheraner ein wenig angetrunken aus einer Gesellschaft und mußte über eine baufällige Brücke gehen. Das mochte ihm in seinem Zustände doch etwas gefährlich dünken, und so begann er zu reflektieren: Gehst du hinüber, und es geht gut, so ist’s gut, geht es aber nicht gut, dann fällst du in die Wupper und dann sagen die Reformierten, es hätte so sein sollen; nun soll es aber nicht so sein. Er kehrte also um, suchte eine seichte Stelle, und an dieser watete er, bis an den Leib im Wasser, hindurch, mit dem seligen Gefühl, die Reformierten eines Triumphes beraubt zu haben.

Friedrich Engels, Briefe aus dem Wuppertal (1839)

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