Deutsch zum Abgewöhnen: “Es menschelt”

“Es menschelt” ist der verharmlosende Ausdruck dafür, dass sich jemand daneben benommen hat. Meist geht es um Eitelkeiten, Rivalität, Lügen und Intrigen. Und um den Betreffenden zu schonen, tarnt man die Sache semantisch als Kavaliersdelikt, indem man das Verhalten für “menschlich” erklärt. Halb so schlimm: Es menschelt eben überall.

Nobody’s perfect – aber die Banalität dieser Aussage wird nun nicht mehr mit stoischer Gelassenheit oder heiligem Zorn, sondern mit einem verschmitzten Augenzwinkern quittiert, das den Täter wegen Geringfügigkeit des Delikts nicht nur freispricht, sondern pauschal einen Freibrief für weitere Bagatellvergehen erteilt.

Und ich frage mich: Sind nun eigentlich die, die sich nicht gehen lassen, die sinnvolle Spielregeln einhalten und dafür auch einen Preis zu zahlen bereit sind – sind die nun Unmenschen? Ist es also gerade das, was einen als Menschen auszeichnet, dass man in kritischen Augenblicken selbstbezogen reagiert?

Oder ist die Fähigkeit, nicht den niedrigeren Instinkten zu folgen oder den Weg des geringsten Widerstands zu wählen, eben das Besondere an Geschöpfen, die zu Ebenbildern Gottes bestimmt sind? Ich würde das lieber glauben, wenn es mal wieder irgendwo unmenschelt: Dass wir es besser können und es uns selbst wie unseren Mitmenschen zum Wohle aller auch gönnen sollten, unsere dunkle Seite zu zähmen.

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