Wenn alles glatt geht, wird hier ab und zu ein kleiner Gruß aus dem Urlaub (oder von späteren Reisen) erscheinen. Philosophische Abhandlungen in T9 einzugeben ist kein Spaß, daher werden die Texte viel kürzer und die Posts bunter als bisher. Aber wer Lust hat, mal reinzuschauen – herzlich willkommen!
Newbigin (10): Die Logik der Mission
Dies wird für die nächsten zwei Wochen wohl der letzte Post zu Newbigin. In den Urlaub nehme ich andere Bücher mit und mit dem Bloggen wird es da wohl auch schwierig. Die nächsten 10 Kapitel folgen im September. Zum Einstieg ein Zitat, das ich schon mal gepostet hatte, nun aber im Zusammenhang. Die besten Stücke aber kommen am Ende:
Es ist üblich geworden, vom “Missionsbefehl” zu sprechen. Diese Art, die Sache auszudrücken, ist sicher nicht unberechtigt, und doch scheint sie mir am Wesentlichen vorbei zu gehen. Sie tendiert dahin, Mission eher zu einer Last als zu einer Freude zu machen – eher ein Bestandteil des Gesetzes als des Evangeliums.
Sieht man den neutestamentlichen Befund an, ergibt sich ein anderer Eindruck: Mission beginnt mit einer Explosion von Freude. Die Neuigkeit, dass der abgelehnte und gekreuzigte Jesus am Leben ist, ist etwas, das einfach nicht unterdrückt werden kann. Es muss erzählt werden. Wer könnte über solch eine Tatsache schweigen? Die Mission der Kirche auf den Seiten des Neuen Testaments ist mehr wie der Fallout einer gewaltigen Explosion, radioaktiver Fallout, der nicht tödlich ist, sondern Leben spendet.
Überhaupt wird Mission von den ersten Christen weniger als menschliche Aktivität verstanden, sondern ein Teilnehmen an Gottes eigener Mission, dem Wirken des Heiligen Geistes. Damit ist auch ein Lernprozess verbunden – die Kirche ist weder allwissend noch Herrin der Weltgeschichte. Mit ihrem Zeugnis aber konfrontiert sie jede neue Generation mit dem Ziel der Geschichte. Versteht man Mission trinitarisch (der Vater offenbart sich im menschgewordenen Sohn und diese Offenbarung wirkt weiter in der Gegenwart des Geistes unter seinen Nachfolgern), dann ist die Kirche weniger der Akteur der Mission, sondern der Ort, wo sie sich ereignet. Sie besteht im Hereinbrechen einer neuen Wirklichkeit.
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Umfrage: Der oder das?
Der Duden verweigert die Auskunft: “Blog” und “Weblog” kennt das amtliche Sprachorgan nicht. Ich wollte eigentlich nur wissen, ob es jetzt “der” oder “das” Blog heißt. Irgendwo hatte ich mal gelesen, “Blog” sei ein Neutrum. So scheint es auch die Wikipedia zu sehen.
Die meisten schreiben aber “der” Blog, vielleicht weil wir es von Notizblock, Zeichenblock etc. so gewohnt sind und es ganz ähnlich klingt – vor allem für Franken.
Am Ende wird sich die Mehrheit durchsetzen. Vermutlich wartet der Duden noch darauf (inzwischen geht sogar der berüchtigte Deppenapostroph dort durch). Hier könnt Ihr abstimmen:
Einstein und Milchschaum
Geheimnisse der Physik aus Küche und Kantine – die Zeit zeigt es im Video-Podcast: Latte Macchiato wird zum Modell, an dem verschiedene physikalische Prozesse erklärt werden. Wieder mal ein Beispiel dafür, was Tag für Tag vor meiner Nase an kleinen Wundern passiert, ohne dass es mir so richtig bewusst ist: Schichtstruktur, schwappende Wellen, Schaum. Am Schluss erfährt man unter anderem, dass eine Simulation des Umrührens mit seinen Turbulenzen Supercomputer ins Schwitzen bringt.
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Grasse Enthüllung
Aus all den Sachen, die über das späte Bekenntnis von Günter Grass (der sich inzwischen schon als Opfer von Neid- und Hasskampagnen sieht) geschrieben wurden, sticht die messerscharfe Analyse von Evelyn Finger in der Zeit heraus. Grass stilisiert sich mit Hilfe der FAZ “als Schaf unter Schafen” und verschleiert mit dem, was er preisgibt, mehr als er enthüllt. Nicht so sehr die “Fakten”, sondern die Frage nach der Verantwortung:
Das Fürchterliche an dem Interview ist nicht Grass‘ fortgesetzte Feigheit vor der eigenen Biografie, sondern dass er die Lebenslügen seiner Generation und auch der Generation seiner Eltern nachträglich beglaubigt. Wenn schon der junge Grass, das angehende Genie, der spätere Nobelpreisträger »verführt« wurde, wie hätten da erst alle anderen das Dritte Reich in seiner Grausamkeit durchschauen sollen? Sich gar verweigern?
Der Gipfel dieser Entschuldungstaktik ist die Anekdote über den Kriegsgefangenen Joseph, mit dem Grass sich anfreundete und von dem er uns glauben machen will, es sei Ratzinger gewesen. Die FAZ entblödet sich nicht, ein Uniformporträt des Luftwaffenhelfers und späteren Papstes zu drucken, dessen frohe Botschaft lautet: Auch du, Ratzinger! Nicht nur Grass, nicht nur alle Deutschen, sogar der Stellvertreter Gottes, also im Grunde Gott selbst war, wie man so sagt, verstrickt.
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Newbigin (9): Christus – der Schlüssel zur Geschichte
Im Gegensatz zur Griechentum, das sich nicht vorstellen konnte, wie aus den Wirrungen der Geschichte Vollkommenheit entstehen könnte, setzt das hebräische Geschichtsdenken immer ein Ziel voraus. Freilich nicht eines, was auf rein evolutionärem Weg in einem geschlossenen System erreichbar wäre, sondern man lebte in der Spannung von Verheißung und Erfüllung. An diesem Punkt verbinden sich Prophetie und Apokalyptik im Judentum. Betrachtet man nun Jesu Deutung der Geschichte im Hinblick auf das Kommen Gottes und seiner Herrschaft, so fällt folgendes auf:
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Newbigin (8) Die Bibel als Universalgeschichte
Ein befreundeter Hindu hat Newbigin darauf aufmerksam gemacht, dass die Bibel eine einzigartige Interpretation der Universalgeschichte und verantwortlichen menschlichen Handelns bietet. Religiöse Schriften dagegen gäbe es in Indien schon genug, daher bräuchten die Missionare die Bibel auch nicht als ein solches zu behandeln.
Geschichtsschreibung stellt immer die Frage nach der Auswahl relevanter Ereignisse. In unserer Kultur lieferten lange die Nationen den Rahmen der Erzählung, Weltgeschichte wurde als Geschichte der Zivilisationen verstanden. Ein Problem heutiger Geschichtsdarstellung ist die Frage, ob man in der Geschichte überhaupt einen Sinn ausmachen kann. Ohne Vorstellung von Sinn sind weder Hoffnung noch Verantwortung denkbar.
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Heilige Küsse?
Mr. Warren wäre nicht mit dem einverstanden, was Dan Kimball da ausprobiert hat: Der “heilige Kuss” als liturgisches Element? Der Anstoß kam durch ein Interview in Christianity Today. Das ist tatsächlich sehr lesenswert, weil es die Entwicklung dieses Rituals durch die alte Kirche hindurch verfolgt und beschreibt, wie der biblische Kuss erst eingeschränkt und dann abgeschafft wurde.
Heute geben wir einander halt die Hand. Manchmal bin ich ganz froh drüber, wenn ich ehrlich bin. Das ist dann genau der Moment, wo ich denke, es wäre gar nicht so schlecht, durch eine körperliche Geste wie Umarmen oder Kuss mit meinen inneren Widerständen konfrontiert zu werden und meiner Schwierigkeit, manch andere Christen so anzunehmen wie sie nun mal sind. Kennt das jemand?
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Low budget, highly creative
Okgo macht die witzigste Tanzeinlage, die ich seit langem gesehen habe: Low budget, highly creative. Einfach hier gucken.
Newbigin (7): Die Logik der Erwählung
Die Vorstellung, Gott könne seine Offenbarung und damit den Weg zum Heil willkürlich einzelnen Menschen oder Gruppen anvertrauen ist einer der anstößigsten (und am häufigsten, von außen wie von “innen” missverstandenden) Aspekte des Juden- und Christentums. Das Ziel des modernen Rationalismus war ja, sich jeglicher Abhängigkeit von einer Tradition zu entledigen und alle Überlieferung der Kritik durch die (fälschlich für voraussetzungslos gehaltene, “reine”) Vernunft zu unterziehen, um dem autonomen Individuum unmittelbaren Zugang zur Wahrheit zu verschaffen.
Im Gegensatz dazu sieht die biblische Überlieferung den Menschen eingebunden in ein Netz von Beziehungen. Sie versucht erst gar nicht, abtrakte Wesensdefinitionen zu erstellen oder die Beziehung zu Gott (oder zur Wahrheit) “an sich” zu bestimmen. Gottes Offenbarung kommt nicht etwa senkrecht von oben (“durchs Dachfenster”), sondern:
Um Gottes rettende Offenbarung zu empfangen, müssen wir die Tür öffnen für den Nachbarn, den er als seinen beauftragten Boten schickt, und – mehr noch – diesen Boten nicht als einen zeitweiligen Lehrer oder Führer annehmen, dessen wir uns wieder entledigen können, wenn wir alles Nötige gelernt haben, sondern als jemanden, der unser Heim auf Dauer mit uns teilt.
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Zeit verplempern
Auf “Out of Ur” ist ein bissiger Beitrag des Australiers Steve Addison erschienen, wie Christen ihre Zeit verplempern und sich Sand in die Augen streuen können, anstatt neue Gemeinden zu gründen. Er verteilt Seitenhiebe nach allen erdenklichen Richtungen. Ziemlich treffend fand ich etwa folgende Vorschläge:
- Bezeichne dich als Apostel. Drucke ein paar Visitenkarten. Verteile sie.
- Setze ein Komitee ein, um eine Studie zu machen und einen Bericht zu schreiben. Warte drei Jahre und mach dasselbe wieder.
- Wenn du eine gesunde Gemeindgründung siehst, sage: Ja, aber die sind ja keine richtigen Reformierten/Baptisten/BFP/…
- Lass deine besten Leiter an den größten Problemen arbeiten statt an den besten Gelegenheiten.
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(un)korrekte Peilung
Wer sich schwer tut, dem Partner zu vertrauen, kann ihn bzw. sie (oder die Kinder) nun via Internet überwachen. Das heißt, sofern das Handy eingeschaltet ist. Dann kann man auf ehebruch24.de (klingt wie eine dieser Seitensprung-Agenturen, ist aber das Gegenteil) eine Peilung vornehmen und erfährt den ungefähren Aufenthaltsort. Was sich liebt, das peilt sich. Der Ehering des dritten Jahrtausends?
Vielleicht sollte Rick Warren zu seinen Geboten einfach noch dazu schreiben: Thou shalt not turn off your cellphone…
Der Markt jedenfalls ist laut Spiegel im Aufwind. Neben Partner und Kind lassen sich mit entsprechender Hardware entlaufene Haustiere und Senioren orten.
Verwarrener Ethik Code
Rick Warren schlägt aktuell einen Ethik-Code für verheiratete Mitarbeiter (Hauptamtliche vermutlich) vor, der in apodiktischer Sprache neben einer Reihe vernünftiger Anweisungen auch folgende Vorschläge enthält, die der Meister notfalls auch mit dem Baseballschläger (das meint er nicht ernst, oder doch?) durchzusetzen gewillt ist, um Ehebruch und Unmoral in den eigenen Reihen zu verhindern. Zunächst die gute Nachricht – der Schleier wird nicht eingeführt. Warrens Gebote lauten unter anderem vielmehr so:
- Thou shalt not go to lunch alone with the opposite sex.
- Thou shalt not have the opposite sex pick you up or drive you places when it is just the two of you.
- Thou shalt not kiss any attender of the opposite sex or show affection that could be questioned.
- Thou shalt not visit the opposite sex alone at home.
Ich frage mich, ob das erstens den gewünschten Erfolg bringt und zweitens in dieser Form erwachsenen Menschen angemessen ist. Wenn das jemand so machen möchte, schön. Aber als “Gesetz”? Keine Küsschen (Punkt 3) – geschenkt; aber welcher Ausdruck von Zuneigung kann denn nicht in Frage gestellt oder missverstanden werden?
Ich kenne natürlich die Geschichten nicht, die zu diesen Maßnahmen geführt haben. Trotzdem: Müsste man nicht an ganz anderen Stellen ansetzen und das Verhältnis eher entkrampfen, so dass nicht jeder Kontakt gleich verdächtig erscheint und Leute ins Grübeln bringt – ganz abgesehen davon, wie kompliziert alles wird, wenn man sich nicht mehr traut, jemanden im Auto irgendwohin mitzunehmen? Leuten helfen, ihre eigenen Grenzen zu erkennen und damit verantwortlich umzugehen?
Und schließlich: Muss es eigentlich immer nur das andere Geschlecht sein, das einen in Verlegenheit bringt? Erinnert alles ein bißchen an Wal-Mart, auch wenn Unverheiratete in Saddleback (noch?) mit einem Exemplar des anderen Geschlechts Essen gehen dürfen.
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Newbigin (6): Offenbarung in der Geschichte
Zwar sind alle Religionen “historisch”. Christentum, Judentum und Islam aber beziehen sich (in unterschiedlicher Weise) auf bestimmte geschichtliche Ereignisse, an denen sie die Wahrheit oder Gültigkeit des Glaubens festmacht, während Buddhas Lehren zeitlos gültig und an keinerlei historische Ereignisse geknüpft sind. Vielen bereitet das Unbehagen, weil man sich damit dem Widerstreit der Geschichtsdeutung aussetzt. Pietisten wie Hindus betonen daher die innere Realität (etwa der Beziehung zu Gott) unabhängig von der Frage, was äußerlich bzw. geschichtlich nun eigentlich war. Doch dieser Rückzug bedeutet, dass ich aufhöre, mein Leben als Teil einer noch andauernden Geschichte und eines größeren Zusammenhangs von Beziehungen (und Verantwortung!) zu sehen.
Natürlich ist es keine einfache Sache, von Gottes geschichtlichem Handeln zu reden. Und weil nicht nur die Historiker, sondern auch viele Theologen an dieser Stelle skeptisch sind, fragt Newbigin zurück:
Wenn Gott nicht in der Geschichte handelt, welchen Sinn hat es dann, davon zu reden, dass er überhaupt handelt? Und wenn es keine Kategorien gibt, in denen wir dieses Handeln Gottes aussagen können, welche Bedeutung können wir dann noch mit dem Wort “Gott” verbinden?
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Mal Pause machen und anderen helfen…
Egal, ob Ihr euren Urlaub noch vor Euch oder schon hinter Euch habt, diesen schlitzohrigen Clip mit einer “Botschaft von Steve Jobs” solltet Ihr nicht verpassen – selbst wenn Ihr keine Programmierer seid…
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