Zweimal Sehnsucht

Bei David Schnarch bin ich über Gedanken des katholischen Theologen Sebastian Moore gestoßen, der zwei Arten von Sehnsucht oder Verlangen beschreibt, die sowohl für die Beziehung zu Gott als auch für menschliche Beziehungen gelten, besonders die Ehe. Frei umschrieben sieht es so aus:

  • Verlangen aus Leere dreht sich darum, mit Hilfe des Gegenübers die innere Leere zu füllen und den Selbstwert zu steigern. Ich sehe mich selbst primär durch meine Defizite. Entsprechend wichtig ist die ständige Bestätigung durch den anderen und der Versuch, es ihm/ihr “Recht zu machen”. Nachteil: Ist die schlimmste Not einmal gelindert, nimmt das Verlangen ab.
  • Verlangen aus Fülle ist eine andere Sache. Ich will mich an den anderen verschenken und glaube, dass ich ihm/ihr damit tatsächlich ein Geschenk mache – keine Zumutung. Dieses Verlangen speist sich aus keiner fremden Quelle und kann daher weiter wachsen. Es lebt aus meiner freien Entscheidung, das Gute in mir zum Zug kommen zu lassen.

Ich finde die Unterscheidung hilfreich. Verlangen aus Fülle ist für mich die Art, wie Gott leidenschaftlich liebt. Er “will” mich, ohne dass er mich “braucht”, und ich glaube, er freut sich (bei aller Abhängigkeit des Geschöpfes vom Schöpfer) darüber, wenn ich ihn nicht aus Schwäche oder besser gesagt aus der Not heraus suche, sondern als das Gegenüber, zu dem er mich geschaffen hat, das seine Würde und Schönheit verstanden hat und daraus lebt.
Im geistlichen Leben wie in der Partnerschaft ist weder das verzweifelte “ich brauche dich” noch das apatisch-resignierte oder trotzige “ich brauche dich nicht” das Ziel, sondern das positiv “lustvolle” (an dieser Stelle muss man das wohl so sagen!) “ich will dich”.

Nicht, dass ich es schon ergriffen hätte, aber ich jage ihm nach…

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