Während Christen heute im Blick auf die Rolle und Gleichberechtigung von Frauen eher hinterherhinken, war das in den ersten Jahrhunderten umgekehrt. Rodney Stark nennt auch dazu interessante Details:
Der Status von Frauen in der jüdisch-christlichen Subkultur war beträchtlich höher als der in der griechisch-römischen Welt: In Rom kamen auf 100 Frauen 131 Männer, etwa 140 in Italien, Kleinasien und Afrika, denn ungewollte Mädchen (heute heißt das perinataler Femizid) und missgebildete Knaben wurden vielfach als Säuglinge getötet oder ausgesetzt – in allen sozialen Schichten, keineswegs nur bei sozial Schwachen. Unter den Christen sah diese Relation anders aus, dort gab es mehr Frauen als Männer. Eine Hauskirche in Nordafrika sammelte etwa im Jahr 303 16 Tuniken für Männer und 82 für Frauen.
In der Mehrheitsgesellschaft führte das dazu, dass Frauen als knappes Eigentum behandelt wurden, in den christlichen Gemeinden hatten sie einen ganz anderen Stand. Es gab zahlreiche Konversionen von Frauen, vor allem auch aus den höheren Schichten (z.B. Marcia, die Konkubine des Commodus). Junge Frauen hatten als Christinnen die Wahl, ob sie heiraten wollten oder unverheiratet blieben, Kinderbräute mit alten Ehemännern waren ein sehr viel selteneres Phänomen als in der Mehrheitsgesellschaft. Unter Juden und Christen waren außerdem Säuglingsmord und Abtreibung tabu – das bedeutete: weniger Mütter starben nach hochriskanten Eingriffen, mehr Mädchen blieben am Leben, und so war auch die Fruchtbarkeit christlicher Ehen höher als im Durchschnitt der Gesellschaft.
Während „Keuschheit“ damals allgemein hoch im Kurs stand, verzichteten die Christen auf die in der Antike übliche Doppelmoral, die für Männer alle möglichen Ausnahmen machte. Aber es entstanden neue Fragen: Im Jahr 220 verursachte der römische Bischof Callistus Aufregung, als er einen „gerechten Konkubinat“ ohne formale Eheschließung befürwortete: Frauen, besonders aus höheren Schichten, fanden keine sozial gleichrangigen Männer in der Gemeinde, durch eine Heirat hätten sie aber ihren gesellschaftlichen Status und ihr Vermögen verloren, also sollten sie offiziell unverheiratet zusammenleben.
Paulus (1.Korinther 7) und Petrus (1.Petrus 3) kannten Frauen in Mischehen. Diese waren auch in späteren Zeiten an der Tagesordnung, fast immer waren die Männer Heiden. Die Polemik mancher Bischöfe dagegen (Tertullian sprach von „Sklaven des Teufels“) muss keineswegs bedeuten, dass diese Fälle selten waren. Im Gegenteil: „Sekundärkonversionen“ von Ehemännern waren wohl vergleichsweise häufig. Der Glaube dieser Frauen hatte offenbar etwas sehr Überzeugendes.