Die FAS hat gestern eine lange, aber ungemein scharfe Analyse des Aufstiegs und Falls von KTG vorgelegt. Wer sich die Zeit nimmt, hat eine gehörige Dosis Antikörper gegen die beginnende Verklärung des Polit-Stars gebunkert. Die werden wir dringend brauchen, ob es nun ein Comeback gibt oder nicht – das Muster kann sich auch anderweitig wiederholen. Hier ein kurzer Auszug:
Politik ist die Chance für Leute, die nicht gut aussehen und weder singen noch tanzen können, sehr, sehr prominent zu werden, und wenn sie dann noch, wie Guttenberg, gut aussehen, singen und tanzen, dann sind sie kaum noch aufzuhalten. Bis sie an sich selber scheitern. (…)
Die Wähler lieben Politiker, die Knoten durchschlagen, Unmögliches möglich machen oder auch nur Mögliches möglich. Schnell wird dabei die Grenze zu einem Deal überschritten: Jene, die Übermenschen sein wollen, beweisen denen, die an Übermenschen glauben wollen: dass es sie gibt. Und jene, die an Übermenschen glauben wollen, beweisen denen, die es sein wollen, durch ihre Anhänglichkeit und Begeisterung: dass sie es sind. Sehr belastbar sind solche Deals natürlich nicht. Aber es reicht, um eine Menge Schaden anzurichten.
(…) Guttenberg führte höchstpersönlich die Bewegung derer an, die nicht hinschauen wollten, unterstützt von zahllosen Unionspolitikern, die damit beschäftigt waren, der Öffentlichkeit einzureden, dass Lügen und Betrügen vielleicht nichts Großartiges ist, aber bei großartigen Menschen nicht weiter ins Gewicht fallen. Sie machten sich zu Einpeitschern von Personen, die unübersehbar das Urteil durch den Affekt ersetzten.
(Ein echtes Rätsel ist für mich die Union, vor allem natürlich in Bayern: Statt gerechtfertigten Zorn über das parteischädigende Verhalten ihres Stars zu äußern, solidarisiert man sich in einer Art Stockholm-Syndrom mit dem Kidnapper. Aber der Mythos wird nicht ewig leben. Wenn die medienwirksamen Auftritte – mit denen ist ja erst einmal vorbei – in Vergessenheit geraten, stirbt er dahin. Und in ein paar Monaten werden sich die ersten CSU-Granden trauen, aus ihrem Herzen keine Mördergrube mehr zu machen.)