Nichts gegen Einsatz, Spielfreude, Biss, Entschlossenheit oder gar ein bisschen Ehrgeiz, aber das ewige Gier-Gelaber im Fußball ist mir schon seit Monaten auf die Nerven gegangen.
Nun scheint sich vielleicht doch eine andere Tugend oben auf der Hitliste zu etablieren, und diesmal wäre es eine echte, wie Christian Eichler in der FAZ online spekuliert – jetzt muss man damit nur noch nachhaltig Ernst machen:
Als die Dortmunder in den vergangenen beiden Jahren Meister wurden, prägten sie mit ihrem bissigen Spiel das neue Modewort der Liga: Gier. Jeder wollte seitdem „gierig“ spielen, auch die Bayern. Im Zusammenhang mit dem Fall Hoeneß hat das Wort seine wahre Bedeutung zurück erlangt. Prompt haben die Bayern ihrer angeblichen Einstellung, mit der man auch als Favorit in ein Spiel gehen will, ein neues Schlagwort verpasst – diesmal ein ethisch einwandfreies. Bayern-Vorstandschef Rummenigge sprach es kürzlich aus: Demut.
So etwas nennt man auch „Understatement“…
Nur sollte man dem Wort Demut – und das meine ich jetzt ganz bewusst nicht auf den FCB gemünzt – gerade wenn es öffentlich (!) geäußert wird, durchaus mit Skepsis begegnen. Man denke an die FDP, die den Wählerwillen seiner Zeit „mit Demut“ annehmen wolle.
Ich denke wenn man das Wort Demut erst äußern muss, dann hat man schon was falsch gemacht. Es gibt ja durchaus auch im Fußball Persönlichkeiten, denen man eine gewisse Demut auch so abnimmt. Man denke an Christian Streich.
Ja, der SC Freiburg ist mein Lieblingsverein 🙂 Und Christian Streich ist ein toller Trainer, wobei ich bei ihm eher von Bescheidenheit denn von Demut reden würde.
Trotzdem wundert es mich nicht, dass dieses unsägliche Thema UH auch hier angesprochen wird. Haben die nicht auch Gnade und Menschenwürde verdient, auch wenn sie tief gefallen / Sünde auf sich geladen haben? Warum sind wir da oft so gnadenlos und ächten sie völlig, während bei anderen Menschen aus anderen sozialen Schichten das gesellschaftlich völlig ausgeschlossen wäre. Denn da gibt es viele Entschuldigungen, warum sie da sind, wo sie sind. Bei Menschen wi UH gilt das anscheinend nicht. Da stimmt doch etwas mit unseren (tief in der Gesellschaft verankerten) Maßstäben nicht…
Weder mir noch dem Verfasser in der FAZ ging es primär um Hoeneß, um das gleich klarzustellen. Sondern darum, wie sich die Tonlage der Statements ändert – Kalle Rummenigge kann man das m.E. auch abnehmen – und sich das seltsame Ideal „Gier“ (nebenbei ja eher eine Klopp’sche Wortschöpfung, auch wenn Sammer sie gern aufgriff) nun hoffentlich ausgedient hat.
Guardiola ist auch kein Mann der lauten Töne und großen Sprüche, insofern hat es durchaus die Perspektive, stilbildend zu wirken. Und von den Spielern beider Teams hat man ja die im Fußball durchaus nicht ungewöhnlichen martialischen Sprüche schon lange kaum noch gehört, obwohl sie mehr Grund denn je dazu hätten.
@ Anarchie
Zum ersten Absatz: Neid ist vielleicht das Leitmotiv? Da boomt der Verkauf von Zeitungen. Seine Verdienste sind erst einmal vergessen. Ich fände es in Ordnung, wenn ihn seine Verdienste so weit tragen, dass er nicht ins bodenlose fällt.
Ansonsten (Absatz 2), wer schaut schon auf die Kleinen, wenn sie fallen. Der Sozialarbeiter der die Notlage einer Alleinerziehenden ausnutzen möchte und ungeschoren davon kommt, der Chef der ebenso denkt, der Psychologe, der 1 mal im Jahr Zeit hat für die Normalos und neue Patienten schon gar nicht mehr aufnimmt, weil er nicht mehr schafft und dessen Standard-Weg die Verabreichung von Tabletten ist. Wer will das schon hören? Ja, Beispiele von Leuten aus unteren sozialen Schichten werden immer einmal zitiert und gern benutzt aber Hilfe habe ich bspw. in schlimmen Zeiten, so komisch das jetzt klingt, sehr oft von Leuten erfahren, denen es noch schlechter ging als es mir selbst und das meist ganz unerwartet. Ja und was das „nachtreten“ anbelangt, wenn ein Mensch am Boden liegt – das ist nicht nur den Medien eigen. Sie nutzen das lediglich.
Hab Deinen aktuellen Blogbeitrag gelesen. „Die Kirche“ als Ganzes trat nicht subversiv auf. Das hab ich auch so empfunden. Trotzdem gab es Vorbehalte gegen Christen und manchen Christen wurde das Leben richtig schwer gemacht. Alles Vergangenheit. Gott sei Dank.
Ich gebe Dir völlig recht, dass man schon eine gewisse Skandal-Kultur ausmachen kann und um das auch mal lauthals zu bekennen: Jesus liebt auch Uli Hoeneß. Lustigerweise habe ich jetzt auch von Kollegen die wirklich allen Grund der Welt hätten, etwas gegen UH zu haben, kein einziges negatives Wort gehört, selbst wenn man bei einigen förmlich sah, dass sie sich auf die Lippen beißen mussten.
Nur ich muss dir widersprechen: ja es gibt unterschiedliche Maßstäbe für unterschiedliche Schichten, nur gucke dir bitte einmal an, wie unbarmherzig mit Leuten verfahren wird, die beim BAFÖG Antrag etwas vergessen haben oder mit Hartz IV Empfängern die eine Wohnung haben die dem Staat 2 qm zu groß ist. Wie sind denn die Menschen gefallen, die in den letzten Jahren in einen Skandal verstrickt waren? (Außer vielleicht Christian Wulff). Und wie tief fallen dagegen Menschen aus anderen Schichten, die nicht ein großes finanzielles Kissen haben oder zig Therapeuten, mit denen sie dann ihre „schwere Zeit“ aufarbeiten können oder die auch einfach nicht die rhetorische Finesse (andere würden sagen: die Chuzpe) haben, dass man ja fehlerhaftes Handeln einfach pathologisieren kann.
Wie gesagt: mir missfällt auch ein wenig diese übermäßige öffentliche Moralisieren. Ich denke es liegt auch ein wenig daran, dass die Medien für öffentliche Personen nur 2 Skripte kennen: Helden und gefallene Helden und die betroffenen lassen sich auch nicht selten auf diese Skripte ein. Dennoch gibt es eben doch bei UH gute Gründe das ganze „hochzuschreiben“, weil man eben annehmen muss, das es symptomatisch ist.
„weil man eben annehmen muss, das es symptomatisch ist.“
Muss man das? Und wenn ja, was kann UH dafür?
Deine BAFÖG und Wohnungsbeispiele passen nicht ganz, da es da eigentlich nicht um Betrug / Kriminalität geht.