Ich lese gerade in Desmond Tutus No Future Without Forgiveness. Im Blick auf den Konflikt in Palästina ist das ja höchst aktuell. Tutu schildert dort, dass ein Tribunal wie die Nürnberger Prozesse unmöglich gewesen wäre. Es hätte quälend lange gedauert, hätte Millionen gekostet, den friedlichen Wandel gefährdet und in vielen Fällen wäre zudem die Beweislage nicht ausreichend gewesen. Die Strafandrohung führte zu immer hartnäckigerem Leugnen.
Was deutlich besser funktionierte, waren die Kommissionen, vor denen die Täter ihre Verbrechen eingestehen konnten, weil ihnen zuvor für ein vollständiges Geständnis Amnestie zugesichert worden war. Im Prinzip verfährt Gott mit uns ja auch nicht anders: Erst die Zusage der Rechtfertigung (und das heißt ja: der Freispruch) versetzt uns in die Lage, der eigenen Schuld ins Gesicht zu schauen und die Dinge beim Namen zu nennen.
So kam wenigstens die Wahrheit ans Licht. Im Zweifelsfall ist das wichtiger als die Strafgerechtigkeit. Oder um es mit Römer 2,4 zu sagen, Güte führt zur Umkehr, nicht Härte.
Ich denke die Nürnberger Prozesse hatten eine andere Ausgangslage. In Deutschland war damals eine Aussöhnung zwischen Gruppen nicht aktuell. Die Täter waren quasi untersich. Die Opfer geflohen oder Tod. Die Aufgabe der Nürnberger Prozesse war es der Legendenbildung vor zu beugen. Ganz hat das aber auch nicht funktioniert. Siehe die Legenden um das Attentat vom 20. Juli 1944. „Operation Walküre“ war kein glorreicher Versuch für Demokratie und Menschenrechte zu kämpfen, wie es immer gern dargestellt wird, um der Reichswehr noch den doch noch Anstrich von Wahrhaftigkeit zu verpassen. Es währe schlicht ein Militärputsch gewesen. Also die Pest von der Cholera abgelöst worden. Oder den Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben…
Olaf hat da nicht ganz Unrecht wobei ich auch Ttus Variante bei vielen Dingen befürworte, nur im Falle der Naziverbrecher nicht.
Auch war es schlimm genug das die Meisten von ihnen einfach von den siegermächten außer Landes geschaftt wurden und als Spione oder Wissenschaftler ein gutes Leben führen konnten.
Siehe den hochgepriesenen Wernher von Braun usw.
‚Güte führt zur Umkehr, nicht Härte‘ würde ich sofort unterschreiben.
Im Konflikt Israel und Palästina ist es wohl notwendig sich gegenseitig zu akzeptieren, dem jeweils anderen ein unverletzliches Dasein zu zugestehen.