Beim Lesen der Tageszeitung traue ich meinen Augen nicht: Die Waynesville Baptist Church hat mehrere Gemeindeglieder ausgeschlossen, weil sie letztes Jahr nicht George W. Bush gewählt hatten. Unter den Ausgeschlossenen ist sogar ein Diakon der Gemeinde. Gott hat Bush erwählt, und wer das nicht kapiert, fliegt raus…?
Deutsche Baptisten werden über diese Art von Publicity begeistert sein. Bush und Baptismus erscheinen hier in den Medien schon länger als unheilige Koalition. Das ist sicher einseitig, aber eben nicht unbedingt komplett falsch. Man muss nur mal Rick Warrens Statements zum Golfkrieg lesen (oder „idea“ – das reicht auch schon).
Letztes Jahr kam ich mit einer älteren Dame ins Gespräch, die zu der Kirchengemeinde gehört, deren Gemeindehaus wir für unsere Gottesdienste nutzen. Sie erzählte, etliche Leute vermuteten, wir würden von amerikanischen Baptisten finanziert, denn wie sonst könnten wir das bezahlen? Meldungen wie die aus Waynesville werden solche Vorurteile befestigen. Deutsche und US-amerikanische Ignoranz verbinden sich. Negative Folgen für alle Arten von Gemeinde, die auf den ersten Blick nicht 08/15 großkirchliche Meterware sind, können nicht ausgeschlossen werden.
Dass wir Bush auch nicht toll finden, hört niemand. Vorurteile sind hartnäckig und ihre Demontage dauert lange. Waynesville ist weit. Aber vielleicht sollten wir das sträflich vernachlässigte Thema Toleranz in den eigenen Reihen noch intensiver und pointierter bearbeiten. Nicht weil ich Gemeinde-Ausschlüsse nach der Wahl fürchten würde (in Bayern gibt es auch Gegenden, wo „die“ Partei mit „der“ Kirche auch eng verflochten ist…). Sondern weil man sich in Europa ein solches Fundi-Image noch viel weniger leisten kann als im Bible Belt.