Unerhört…

Vor einer Weile war ich auf dem Land in einer großen evangelischen Kirche. Es war nachmittags unter der Woche und ich war allein. Vor dreißig Jahren muss ich schon mal da gewesen sein, aber ich konnte mich an gar nichts mehr erinnern. Also schaute ich mich neugierig um. Hinten im Kirchenschiff hing ein schwarzes Brett mit etlichen Anschlägen. Darunter auch ein weißes Blatt mit Stichworten zum Thema „Warum Gott Gebete nicht erhört“.

Es war eine grausige Liste, ein wahrer Lasterkatalog: Selbstsüchtige Bitten, heimliche Sünden, Stolz und was sonst noch alles mein Anliegen in Gottes Spamfilter landen lässt – bestimmt acht oder zehn deprimierende Punkte. Je nachdem wie selbstkritisch man ist, wagt man sich gar nicht mehr vor mit seinem Anliegen, dachte ich. In dieser Einseitigkeit ist die Aufzählung mit ihren vielen Bibelstellen trotzdem falsch. Denn manchmal schweigt Gott eben, und niemand kann sagen, warum.

Dann sah ich aber: Jemand hatte etwas mit Bleistift druntergekritzelt. Da stand dann (den genauen Wortlaut weiß ich nicht mehr): „Ich finde das eine menschliche Anmaßung“. Recht hat er, der unbekannte Protestler. Ich hoffe, die Liste mit dem Kommentar bleibt da noch lange hängen.

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5 Antworten auf „Unerhört…“

  1. Das Bild mit dem „Spamfilter“, in dem bei Gott – meint man – alle unerhörten Gebete landen, ist wirklich originell und anschaulich.

  2. und das entspannende dabei ist, dass Gott für uns beten läßt – zumindest verstehe ich Paulus so, wenn er sagt, dass wir in Sachen Gebet echt hilflos sind und nicht wissen, was wir beten sollen, damit es eben nicht im Spamfilter Gottes landet. Deshalb vertritt uns der Geist mit unsaussprechlichem Seufzen – und das passt dann! (vgl. Römerbrief 8 26f)

  3. Kann es sein, dass du dieser jemand bist und du es vor 30 Jahren hingekritzelt hast? 😉

  4. Hallo
    Ich bin nicht gerade die Gescheiteste. Was meinte denn der Kritzler mit „Das ist menschliche Anmassung“ ? Sorry. 🙂

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