Solche und solche Beweise

Gottes Existenz kann von menschlichem Denken nie überprüft werden. All unsere Beweise sind nur Demonstrationen unseres Dursts nach ihm. Braucht der Durstige einen Nachweis seines Durstes?

Abraham Heschel, Man is not alone, 94

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11 Antworten auf „Solche und solche Beweise“

  1. Gottes Existenz kann nicht nur gerüft werden, sondern durch die Schöpfung erkannt.
    Eine Einschränkung besteht allein in Seiner Heiligkeit und Seinem unsichtbaren Wesen.

    Römer 1,20 Denn sein unsichtbares Wesen, sowohl seine ewige Kraft als auch seine Göttlichkeit, wird seit Erschaffung der Welt in dem Gemachten wahrgenommen und geschaut, damit sie ohne Entschuldigung seien

    Psal, 107,42 Die Aufrichtigen sehen es und freuen sich…

    Dieter

  2. Nein, einen Nachweis für den Durst braucht man nicht. Der Durstige wäre aber gut beraten, die Existenz von „Wasser“ nicht zu bezweifeln. Gäbe es kein Wasser, dann wäre Durst nämlich einfach eine Sehnsucht ohne Möglichkeit der Erfüllung. So kann er wenigstens weiter suchen.

    Wenn man hingegen von der Nichtexistenz von Wasser ausgeht, kann man seinen Durst anderweitig stillen 😉 Aber genug, man soll nicht unnötig an Parabeln kratzen 🙂

  3. Ich sag doch, Metapher…. 😉

    Das wird schwierig, weil man erstmal den Begriff „Durst“ definieren muss. Ist es Spiritualität? Trost? Freude? Halt im Leben? Oder alles zusammen?

  4. Wenn man die Sätze mal aus dem lyrischen ins sachliche transportiert, ist die Aussage:
    „Wir glauben an Gott, weil wir ihn brauchen“.

    Dazu gibt es von Brecht eine Geschichte:

    „Einer fragte Herrn K., ob es einen Gott gäbe.
    Herr K. sagte: „Ich rate dir, nachzudenken,
    ob dein Verhalten je nach der Antwort auf diese Frage sich ändern würde.
    Würde es sich nicht ändern, dann können wir die Frage fallen lassen.
    Würde es sich ändern, dann kann ich dir wenigstens noch so weit
    behilflich sein, dass ich dir sage, du hast dich schon entschieden:
    Du brauchst einen Gott.“ „

  5. Ich würde das nicht so übersetzen, Frank. Vom Bedürfnis auf die Existenz bzw. die Möglichkeit seiner Erfüllung zu schließen, das tun wir ja ständig. Nimm nur mal das Thema „Gerechtigkeit“. Wer sagt uns eigentlich, dass es Gerechtigkeit gibt? Dass es sie geben müsste?

    In einer konsequent materialistischen Weltsicht ergibt das Konzept überhaupt keinen Sinn. Quanten und Atome und ihre Bewegungen und Wirkungen lassen sich in keine moralischen Kategorien zwingen.

    Wir haben auch keinen Beweis dafür, dass Gerechtigkeit jemals umfassend verwirklicht sein wird. Und doch können die wenigsten von uns – Dich eingeschlossen, wie ich vermute – aufhören, auf Gerechtigkeit zu hoffen und an sie zu „glauben“. So ist das mit dem Durst.

  6. Ob es Gottesbeweise gibt oder nicht, ist gewissermaßen Ansichtssache.

    Etwas beweisen heißt: von Aussagen, von denen wir wissen, dass sie wahr sind (die Beweisbasis), andere Aussagen abzuleiten, deren Wahrheit durch diesen Beweis erbracht wird.

    Nun stellt sich die Frage: woher wissen wir, dass die Basis des Beweises wahr ist? Sie ist natürlich selber bewiesen worden, doch auch dieser Beweis hat einen Basis, aus der er gefolgert wurde …

    Wer immer weiter fragt und nicht im Kreis argumentieren will, wird früher oder später auf Aussagen stoßen, die er nicht beweisen kann, aber als Axiome für wahr hält. Je nachdem, welche Axiome jemand hat, kann die Existenz Gottes bewiesen werden oder nicht.

    Im Mittelalter, als die platonische Philosophie weitgehend als selbstverständliche Wahrheit akzeptiert wurde, waren die klassischen Gottesbeweise zwingend, heute (mit einer anderen Grundlage) fällt es schwer, sie ernst zu nehmen.

    Die Aussage „Gottes Existenz kann von menschlichem Denken nie überprüft werden“ stimmt insofern, als es für jeden Gottesbeweis eine Denkbasis (Axiomensystem) gibt, in dem der Beweis nicht funktioniert, weil seien Basis nicht bewiesen werden kann. Das heißt nicht, dass Beweisversuche völlig sinnlos sind.

    Im Übrigen denke ich nicht, dass Gottesbeweise etwas über „Durst“ nach Gott aussagen. Sie kommen doch eher von Menschen, die Gott gefunden hat, und die versuchen, diese Erfahrung auch anderen verständlich zu machen. Also alle „Festungen“, die dem entgegenstehen, zu zerstören versuchen (2.Kor 10,4-5).

  7. Gerechtigkeit ist auch ein gerne gebrauchter, geliebter, aber inhaltsleerer Begriff.
    Gerechtigkeit ist zwangsläufig individuelles Empfinden und bezieht sich immer auf etwas direkt: „Soziale Gerechtigkeit“, „Generationengerechtigkeit“, „Umweltgerechtigkeit“, „Gleichberechtigung“ etc.

    Es wird daher auch bei Kompromissen und besten Interessenausgleichs nie einen Idealzustand „Gerechtigkeit“ geben. Die Interessenlagen bleiben ja konträr. Alles, was wir tun können ist, staatliche Ordnung und Rechtssicherheit zu schaffen, den Menschen möglichst viel selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen und die Mitbestimmung am gesellschaftlich-demokratischen Prozess so einfach wie möglich zu gestalten.

    Trotzdem wird es immer Konflikte geben: Nehmen wir nur mal als Beispiel die provokante Frage: Gibt es einen gerechten Krieg?

    1. @Frank: Wenn Gerechtigkeit „inhaltsleer“ ist, dann ist es völlig sinnlos, darüber zu diskutieren. Niemand behauptet ja, dass ein Idealzustand herstellbar wäre. Aber ein Ideal ist ja dazu da, Annäherungen zu provozieren und damit für positive Entwicklung zu sorgen. Warum hält sich der Begriff so hartnäckig, wenn wir es doch nie erreichen? Warum reagieren wir so emotional, wenn wir Gerechtigkeit verletzt sehen, selbst wenn es unsg nicht direkt betrifft?
      Mir ging es um den Punkt, dass vermutlich auch Du gar nicht auskommst ohne diese Vorstellung. Weder in persönlichen Beziehungen, noch in politischer Arbeit. Alles andere wäre ja Nihilismus. Und die unmittelbare Folge wäre, dass einfach der bestimmt, der die Macht hat.
      Ich bin kein Anhänger der These vom gerechten Krieg, Aber das spielt hier auch gar keine Rolle.

  8. Jeder Mensch hat Wertvorstellungen. Gerechtigkeit ist ja nur ein Oberbegriff wie „Temperatur“. Das sagt erstmal gar nichts aus, ob es warm oder kalt ist und wer wie empfindet. Deshalb muss man das immer im Kontext einer realen Geschichte sehen.

    Man muss sich klar sein, dass Gerechtigkeit nur ein theoretischer Wert ist. Im Mikrokosmos Erlangen könnte man bsp. für die Übernahme der Mittagessenkosten der armen Schüler sorgen oder kbA-Essen in der Ausser-Haus-Versorgung einführen (wie von mir durchgesetzt). Trotzdem bleibt es dabei, dass es arme Schüler gibt und Tiere geschlachtet werden. Es ist zwar ein bisschen gerechter geworden, aber es ändert sich nicht grundlegend etwas. Man kann nicht die Menschen zu Veganern machen. Wenn man die (Sozial)Klassen auflösen möchte, wäre zB. ein Bedingungsloses Grundeinkommen ein Schritt in die richtige Richtung.

    Gerade an der Kriegsfrage hingegen kann man das Versagen des Idealismus (und Pazifismus) deutlich machen. Die Menschen in Jugoslawien (Srebreniza bsp.) wurden von den USA gerettet, nicht von den tatenlosen Europäern. Die hundertausenden Tutsi in Ruanda wurden von niemanden gerettet, als sie abgeschlachtet wurden. Die meisten übrigens mit Macheten udn Äxten, gar nicht mit westlicher Militärtechnik. Die aufständischen Libyer wurden auch nur mit Hilfe der USA und NATO vor Gaddafis Rache geschützt, in Syrien traut sich hingegen wieder niemand, weil China und Russland Assad schützen.

    Du kannst für dich selber die Gewaltfrage mit Gewaltlosigkeit beantworten, aber nicht stellvertretend für andere. Die lieber leben möchten als sterben. Die sich wehren würden gegen Unterdrückung und Folter, gäbe man ihnen die Waffen dazu. Du musst bedenken, wir können unsere Regierung alle paar Jahre friedlich loswerden. Und ab und zu mit genügend Druck von der Zivilbevölkerung auch etwas ändern. Viele, viele Menschen leben in Systemen, wo das nicht geht!

  9. Ich möchte darauf hinweisen, dass „gerechter Krieg“ zwei bedeutungenn hat:

    -einmal ist es eine veraltete Ausdrucksweise für einen rechtmäßigen Krieg, der durch z.B. humanitäre gründe gerechtfertigt werden kann. Ralf hat ja klar gemacht, welche kriege er für rechtmäßig hält.

    -eine bestimmte Abendländische Tradition („Lehre vom gerechten Krieg“), die entsprechende Kriterien auflistet. Wobei in der Neuzeit immer wieder mal gesagt wurde, dass diese Kriterien jeden modernen Krieg verurteilen, es also (jedenfalls heute) keine gerechten kriege geben kann.

    Was von beiden nun Peter ablehnt, ist mir nicht klar.

    Jeder Krieg ist problematisch. Um mal Syrien als Beispiel zu nehmen: da begann es mit friedlichen Protesten, inzwischen wird immer mehr Gewalt geschürt. Es ist leider nicht unwahrscheinlich, dass sich am Ende die Kräfte durchsetzen, die Zustände wie im Iraq schaffen (das ist ja auch ein Land, das vom Westen von einem brutalen Diktator befreit wurde!). Dann müssten die syrischen Christen fliehen, die aus dem Iraq nach Syrien geflohenen Christen sogar schon zum zweiten mal – nur wohin? Iraq, Iran, Saudi-Arabien, Türkei, Libanon?

    Ich fürchte, wir haben da die Situation, dass alles, was mensch tun könnte, falsch ist. Und was ist das kleinste Übel?

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