„Predigt“ die Kleidung mit?

In regelmäßigen Abständen gerate ich in Diskussionen über liturgische Gewänder. Dort begegnen mir die unterschiedlichsten Argumentationen (meist pro, selten contra): Psychologische (der Amtsträger „fühlt“ sich anders und wird anders wahrgenommen), ästhetische (das Gewand verweist auf die Dimension der Heiligkeit und Transzendenz eines Gottesdienstes) und pragmatische (wenigstens gibt es keine Diskussion über andere Formen von Dresscode und Uniformierung, wie man sie z.T. in Freikirchen vorfindet). Bei besonderen Anlässen erwarten zudem gerade die kirchenfernen Gäste einer Taufe oder Hochzeit, dass um der Festlichkeit willen alles ganz „klassisch“ aussieht.

Alles gute Argumente. Wer will (oder wer keine Wahl hat…), kann das auch gern so handhaben. Warum ich trotzdem keinen Talar tragen will, liegt an einer Information, die ich ausgerechnet vom Leiter eines Prädikantenkurses bekam: Liturgische Gewänder gibt es im Christentum erst seit der konstantinischen Wende, und damals waren sie der Amtstracht römischer Staatsdiener nachempfunden bzw. angepasst. In der Neuzeit waren es dann wieder die Staatsbeamten wir Professoren und Richter, an denen man sich orientierte.

Freilich, richtig verstanden könnte das Signal nur bedeuten, dass man eine höhere Macht repräsentiert und nicht diesen konkreten Staat. Aber den obrigkeitlichen Charakter bekommt man m.E. nicht ganz weg. Und der ist für mich das falsche Signal.

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51 Antworten auf „„Predigt“ die Kleidung mit?“

  1. Freue mich sehr über diese kritische Betrachtung, denn bis jetzt habe ich in evangelischen Blogs nur dann und wann einen Hinweis auf das „Talarjubiläum“ gelesen und war erstaunt, dass die Hintergründe (staatliche Verordnung) gar nicht im Blick waren.

  2. Ich denke schon, daß die Kleidung predigt, aber diese „Predigt“ besagt mehr über das Verhältnis von Kirche und Staat in Deutschland als über christliche Inhalte.

  3. Wer die Diskussion gar nicht für relevant hält, kann sich Franco Zefirellis „Bruder Feuer“ ansehen. Wie die Brüder und Franziskus durch die versammelten Geistlichen auf den Papst zugehen.

  4. Im AT trugen die Priester symbolträchtige Gewänder. Da aber durch den stellvertretenden Tod von Jesus die Priesterfunktion (stellvertretend fürs Volk Opfer darbringen) verallgemeint wurde, ist m.E. die ‚Verkleidung‘ auch überholt.
    (Aber Dein Argument finde ich auch stark.)

  5. @evadiaspora: Ich hab die Szene nicht gesehen, aber meintest Du „Bruder Sonne, Schwester Mond“?

    @Viktor: Ja natürlich, und das erklärt ja auch, warum es in den ersten drei Jahrhunderten eben keine Gewänder gab. Jesus und die Apostel jedenfalls kamen sehr gut ohne aus. Und der Täufer trug eher die Kluft der Rebellen…

  6. Gute Frage(n) … Mir ist neulich auch mal das Gegenargument begegnet, der Talar wirke eher weiblich und trage Mitschuld an der zunehmenden Feminisierung von Kirche und Gemeinde …

  7. Tatsächlich hatte der Talar wohl den Charakter eines Staatsbeamten.
    Damit standen Pastoren auf einer Ebene mit anderen Menschen, denen von der Obrigkeit eine bestimmte Aufgabe übertragen war.
    Damit waren sie dann gerade keine geweihten Priester, sondern Träger einer bestimmten Aufgabe.
    Aber wen erinnert der Talar heute noch an einen Staatsbeamten? Professoren tragen sie nur noch zu besonderen Anlässen, und dann sind sie anders geschnitten. Richter tragen Roben. Die spezifischen Talare sind wir heutige Betrachter m.E. überhaupt nicht mehr als Beamtenkleidung einzuordnen. Da ist ein bisschen Geschichtsvergessenheit dann mal gar nicht schlecht.

    Weiter gedacht könnte man fragen, an welche andere Berufsgruppe denn andere Kleidung von Predigern erinnert.
    Ich weiß nicht, was Du, Peter, zum Predigen trägst, darum völlig unpersönlich:
    Ist nicht Anzug und Krawatte das, was früher der Talar war: Kleidung des höheren Staatsbeamten, z.B. Professors?
    Erinnert das offene Hemd nicht an Beamte der mittleren Laufbahn?
    Sehen manche Prediger nicht aus wie Versicherungsvertreter?

    Wenn wir lange genug suchen wollen, werden wir sicher zur Kleidung jedes Predigers den Vergleich mit irgendeiner anderen Berufsgruppe finden, der nicht ganz passend zu unserer Aufgabe ist. Sollen wir so lange suchen, bis wir eine haben, die an keine andere Gruppe erinnert? Das wäre heute – außer für sehr Geschichtsbewusste – der Talar (oder die Nacktheit, aber die lenkt auf andere Weise ab).
    Oder sollen wir durch den Wechsel deutlich machen, dass wir unabhängig davon sind? Aber das ist dann wieder Abhängigkeit via negationis.

    Am Ende predigt die Kleidung wahrscheinlich genauso wenig mit wie sie die Predigt behindert.

  8. Die Frage ist, was nun so schlimm daran ist, dass die Talare Beamtenkleidung waren?
    Pfarrer sind doch verbeamtet.

    Wenn man mit dieser Verquickung zwischen Kirche und Staat ein Problem hat, dann müsste man sich vielleicht grundsätzlich fragen, ob man in der richtigen Kirchenform beheimatet ist. Oder man müsste dafür eintreten, dass Kirche und Staat völlig getrennt werden und Pfarrer eben nicht mehr verbeamtet werden.

    Aber eigentlich gönn ich das meinem Pfarrer ja….ich hätte auch gerne so einen lebenslangen sicheren Job. 🙂

  9. @Andreas: Mir geht es weniger um den Abgleich mit dieser oder jener Berufsgruppe, sondern um die Vermeidung des „Obrigkeitlichen“. Das kann man mit Krawatte und Maßanzug (und entsprechender Chefpose) freilich auch simulieren. Dann wäre das ähnlich unpassend.

    Aber Zivilkleidung im weiteren Sinn – möglichst ohne Statussymbole aller Art – ziehe ich persönlich aus den genannten Gründen vor. Dann darf daraus jeder die Parallelen ziehen, die ihm passen.

  10. @Farbrausch: Pfarrer sind (Kirchen)Beamte, früher waren die evangelischen Pfarrer tatsächlich Staatsbeamte. Dass die Kirche das Beamtenwesen beibehalten hat, kann man jetzt gern sehr kontrovers diskutieren. Ich sehe darin mehr Probleme als Sinn. Aber ich bin ja auch kein Kirchenbeamter.

  11. Sorry, mir kommt bei dieser Diskussion immer wieder der Gedanke an Römer 14, seit gestern … . Vielleicht passt es ja – übertragen auf die Diskussion zur Kleiderordnung.

  12. Ja, man kann wirklich alles hinterfragen und soll es auch. Machen Beffchen noch Sinn? Auch bei Frauen? Oder der Kranz in Nordelbien? Da ist manches schon sehr museal und weltfremd, wenn auch hier und da „klassisch“ so gewünscht. Da die meisten Kirchgänger in den Landeskirchen die Tracht wohl einfach so hinnehmen, ohne sie zu hinterfragen bzw. sie zu verstehen (in ihrer Geschichte) mache ich mir da auch keinen großen Kopf drum. Persönlich würde ich lieber auf den Talar verzichten. Vor allem, weil neben den Pastoren bei uns nur noch RAs und Richter Talare tragen, soweit ich weiß. Mit Gericht und Verteidigung möchte ich als Pastor aber (theologisch) nicht assoziiert werden. Weder richte ich, noch muss ich andere verteidigen.
    Auf der anderen Seite erspart der Talar mir gebügelte Hemden…

  13. Der Talar wird erst recht zum Thema, wenn man etwas an ihm verändert (Stola, Farbe usw.). Je weniger man um dieses Kleidungsstück ein „Gedöns“ macht, um so stärker unterstützt er durch seine Unauffälligkeit seinen eigentlichen Zweck: Dienst- und Amtskleidung für den Dienst des Predigtamtes.

  14. @Peter: Schon klar. Aber die obrigkeitliche Assoziation liegt ja nicht am Gewand selber, sondern daran, aus welcher Berufsgruppe es „geklaut“ ist – und ob man das weiß. Wenn Du selbst aufgrund dieses Wissens keinen Talar tragen magst, kann ich das verstehen.
    Die Verbindung des Talars mit Obrigkeit ist aber im Grunde ein Anachronismus. Denn heutige Obrigkeit trägt ihn nicht.
    Vermutlich wäre ich zur Zeit der Einführung der Talare genauso überzeugt dagegen gewesen (wegen des Obrigkeitscharakters) wie ich heute dafür bin (weil der Talar jetzt neutral wirkt).

  15. @ Andreas: Also wenn man sich die Richter des BVerfG anschaut, dann ähnelt deren Kleidung schon sehr dem Kirchentalar. Oder?
    Und „Obrigkeit“ ist das BVerfG doch allemal.

  16. Wie gesagt, wir können hier ästhetisch („weiblich“??) und praktisch (Bügeln) viel hin und her argumentieren. In dem Moment, wo wir theologisch (dazu gehört dann auch die Kirchengeschichte) argumentieren, wird die Luft für den Talar sehr, sehr dünn.
    Der Kirche in der nachkonstantinischen Ära würde ein Verzicht gut zu Gesicht stehen – nach dem Motto „wir haben verstanden“. Freilich sage ich das, weil ich um die Geschichte weiß. Aber das sollte doch eigentlich jeder potenzielle Talarträger, oder?

  17. @Achim: Ich finde die roten Roben schon ziemlich anders.
    Aber natürlich, der Schnitt ist vergleichbar.

    @Peter: „Nachkonstantinische Ära“ ist ein interessanter Begriff. Wenn ich probehalber Deiner Argumentation folgen wollte, wäre ich so weit, den Talar abzulegen. Aber Zivilkleidung stattdessen? Soweit bin ich noch nicht. Wahrscheinlich käme ich zu einer schlichten Albe oder einer Kutte.
    Mir scheint, selbst ohne Obrigkeitsassoziation hängt die Frage der liturgischen Gewänder mit dem Gottesdienstverständnis zusammen. Habe ich eine Aufgabe, die von der der Gemeinde unterschieden ist? Oder haben alle denselben Dienst? Bin ich Gegenüber oder Teil der Gemeinde? Beides lässt sich m.E. für bestimmte Anlässe begründen. Beides könnte dann auch in einer hoffentlich nicht missverständlichen Kleidung Ausdruck finden.

  18. @Andreas: Der Pfarrer primär als Gegenüber zur Gemeinde (und damit die quasi-theologische, wenn schon nicht auf die Schrift, dann auf die Tradition begründete Argumentation zugunsten des Talars) empfinde ich als eine römisch-katholische, aber im Grundansatz eben keine reformatorische Amtsauffassung. So oder so eine Anschauung, die ich für meinen Teil ablehne.

    Denn wenn der Pfarrer Gegenüber ist, dann ist er der herausgehobene Repräsentant Gottes (und zwar qualitativ anders als „normale“ Christen) – und wir sind schon wieder bei dem eingangs kritisierten Gefälle. Es ist eben keineswegs ein Zufall, dass erst die imperiale Reichskirche mit solchen Mitteln arbeitete.

  19. In unserer Gemeinde gibt es eine Laienpredigerin. Wenn sie selbst Gottesdienst hält, trägt sie einen Talar. Sie findet, es passt zu dem tausendjahre alten sakralen Raum und Predigthörer würden dann auch nicht durch ihre Kleidung abgelenkt.
    Wenn Sie mit unserem Pfarrer das Abendmahl ausgeteilt hat, dann hat sie das anfangs aber ohne Talar gemacht, weil das eher ihrem Verständnis entsprach.
    Eines Tages aber trat ein Gemeindeglied auf sie zu und sagte: „Wissen Sie eigentlich, dass manche von uns wegen Ihnen nicht am Abendmahl teilnehmen?“
    „Warum denn nicht?“ fragte sie entsetzt zurück und bekam zur Antwort: „Weil sie keinen Talar tragen.“ Sie rang tagelang mit sich, bis sie sich entschloss, den „Schwachen im Glauben“ zuliebe immer einen Talar anzuziehen. Aber richtig wohl ist ihr dabei nicht.
    Wie hättet Ihr entschieden?

  20. @Anke: Das mit den „Schwachen im Glauben“ wird schon heftig strapaziert. In den meisten Fällen wird das von Traditionalisten und Bedenkenträgern missbraucht, um Neues zu verhindern. Wenn die immer Recht bekommen hätten, dann säßen wir heute noch in der lateinischen Messe und Frauen hätten die Klappe zu halten.
    Und in der Regel sind die Forderungen der vermeintlich Schwachen es auch, die eine Öffnung für neue Menschen verhindern. Als Jesus sich über die Reinheits- und Sabbatgebote hinwegsetzte, hat er in den Pharisäern auch keine „Schwachen“ gesehen, die es zu schonen gilt. Sondern Leute, die sich Gottes Absichten verweigern. Und er hat klare Worte dafür gefunden.
    Wenn Leute das Abendmahl boykottieren – und das heißt, sie kündigen Gott und anderen die Tischgemeinschaft!!! – bloß weil jemand keinen Talar trägt, dann machen sie aus dem Talar einen Götzen oder es steckt noch ein ganz anderer Machtkampf dahinter. Ich finde das ehrlich gesagt skandalös und es wundert mich kein bisschen, dass da ein ganz unguter Nachgeschmack auch bei denen bleibt, die sich davon einschüchtern lassen.

  21. Nachtrag: Warum hat man die Frau eigentlich mit diesem Konflikt so alleine gelassen? Da hätte sich irgendein Amtsträger ganz energisch auf ihre Seite stellen müssen.

  22. Ganz interessiert lese ich mit im Blog. Toll, dass ich in den Textbeiträgen durch so viele Augen sehen darf! Ich bin sehr ins Nachdenken gekommen.
    Ein optisches Detail fällt mir ein: Alte Pfarrer tragen Talare mit deutlichen Abnutzungsspuren. Das hat mich immer irgendwie berührt.
    Und ich denke auch an eine Wendung aus der Bibel: Wir predigen nicht uns, sondern Jesus Christus. Vielleicht kann das antiindividuelle Gewand dem Zuhörer helfen, aufmerksamer zu sein.

  23. Lieber Peter, da ist dir mal wieder ein netter Aufreger gelungen. Glückwunsch!
    Dein Argumentationsansatz tendiert allerdings zu einer doch recht polemischen weil sehr grundsätzlichen Kritik am Pfarrberuf („Beamte!“) und dann gleich auch an den Strukturen der Landeskirchen („Staatskirchentum!“).

    @ Anke: der erzählte Fall zeigt, dass so gut wie jede Abweichung vom über die Jahrhunderte inzwischen „archetypisch“ gewordenen Bild des „klassischen“ Pfarrerbildes (und glücklicherweise inzwischen auch des Pfarrerinnenbildes) auch ein Eingriff in die religiösen Empfindungen und die Frömmigkeitsprägung vieler Menschen ist, übrigens auch mancher Distanzierter. Das muss auch mit Verständnis bedacht werden. Frage: welcher Gedanke, welches Bedürfnis drückt sich in den Empfindungen aus? Das Moment der Kränkung sollte man in der Reflexion über diesen Fall einmal kurz zurückstellen, um verstehen zu können. Dass ein/e VerkündigerIn des Evangeliums diese Aufgabe in der Regel beruflich ausüben soll, als Angehörige/r einer „Profession“ mit entsprechender Bildung und einem reichen und reflektierten Traditionshintergrund; und dass sie/er in der Amtsausübung von daher eben gerade nicht primär für sich selber steht (im Sinne einer naiven Authentizität), sondern dass er/sie über sich selbst weit hinausgehendes, größeres Gebilde repräsentiert, ist oben nur ansatzweise schon angedacht worden. Die Menschen wünschen sich Seriösität und Kompetenz, und können das in der Regel meist nur an Äußerlichkeiten festmachen. Und eine einigermaßen funktionierende Kirchensttruktur (Pfarrerausbildung und -disziplinierung und die vielen tausende Pfarrer, die in den Generationen für Seelsorge, Gottesdienst und Lehre sorgten) hat den Talar ja auch zu einem Markenzeichen gemacht. Die Assoziation des Obrigkeitlichen kann ich als Wesensproblem des Talars heute nur noch am Rande erkennen. Gerade in den freien, von direkter obrigkeitlicher Beeinflussung unabhängigen Professionen haben sich Amtstrachten oder zumindest Kleidungsordnungen gehalten (Richter, Anwälte, Ärzte; Lehrer interessanterweise nicht mehr).
    Es lohnt sich immer, aus der polemischen Engführung herauszutreten … Sorry, langer Beitrag.

    1. @Werner: Schön, dass Du hier so spät noch für die rechte Ausgewogenheit sorgst. Wie oben schon gesagt, individual- und organisationspsychologisch kann man alle möglichen Gesichtspunkte ins Feld führen – tust Du ja auch: Gewohnheit, Vertrauen, Kompetenz, Markenzeichen. Ich erkenne nur immer noch keine theologische Argumentation darin…? Zugespitzt gefragt: Warum kamen die Apostel so gut ohne aus? Und ist das noch die Kirche dieser Apostel und ihres Messias, in der Leute nicht irgendwas, sondern das Abendmahl verweigern, weil jemand die „falschen“ Klamotten an hat? Willst Du das wirklich rechtfertigen?

      Ganz abgesehen davon finde ich es immer wieder erstaunlich, was von den vielen Dingen, die ich hier poste, für Aufregung sorgt (und was nicht, obwohl ich denke, es sollte!). Hier hatte ich das überhaupt nicht erwartet. Für mich ist das ein eher nebensächliches Thema.

  24. Dass die Apostel (keine) Dienstkleidung hatten, ist schon eine wirklich witzige Argumentation („e silentio“); wer macht aus den Spinnereien, die sich da bei mir sofort einstellen, eigentlich mal ein Comic? …
    Ich gebe zu bedenken: Jesus wurde explizit als „Rabbi“ angesprochen und hat sowohl in seinem Auftreten als auch durch das Sammeln einer Nachfolgerschar durchaus ein bestimmtes und damls etabliertes Rollenbild bedient und erfüllt: er predigte in den Synagogen, war Gesprächs- und Streitpartner von Pharisäern und Schriftgelehrten, konnte offenbar auch ungehindert eine ganze Zeitlang im Tempel lehren. Das spricht für einen bestimmten „Habitus“ und für eine große Nähe zu den damals etablierten Ämtern im Judentum. Natürlich (!) ist er damit auch verstörend und die Gewohnheiten sprengend umgegangen. Aber nicht, weil er grundsätzlich kein Rabbi sein wollte, sondern um des Reiches Gottes willen, das in seinen Worten und Taten anbrach. Dennoch: eine phänomenologische Nähe zum jüdischen Rabbinat und sogar zu den philosophischen Wanderpredigern ist unstrittig. Eine zwanghafte Abgrenzung davon kann ich nicht sehen.

    Der Bezug auf urchristliche Verhältnisse zum Zwecke einer grundsätzlichen Infragestellung gegenwärtiger Kirchenstrukturen ist ein altes und leider nicht besonders ergiebiges Argumentationsmuster, das nur aufrecht zu erhalten ist, wenn man die inzwischen gewonnen historischen Erkenntnisse außer Acht lässt.

  25. Nachtrag:

    Bitte auch nicht vergessen: die „Amtstracht“ des evangelischen Pfarrers stand über Jahrhunderte auch für eine bestimmte Lebensform, die sich im evangelischen Pfarrhaus realisierte und durchaus eine beträchtliche Ausstrahlung in den Dörfern und Städten hatte. Vom Gelehrtenhaus über Zufluchtsort bis hin zu internationalem Treffpunkt oder Salon ist da einziges zu finden. Ein Ort, an dem Bildung, Frömmigkeit und Musik kultiviert wurden. Heute ist das aus verschiedenen Gründen nicht mehr so deutlich und tritt teilweise ganz zurück. Aber immer noch gehören diese Assoziationen zur Semantik von Talar und Beffchen.

  26. @Werner: Hatten die Rabbis eine Amtstracht, oder war das nicht einfach das Outfit des frommen („orthodoxen“) Juden? Jesus hat sich von den kultischen Bezügen zu Tempel und Priesterschaft ganz scharf (aber nicht „zwanghaft“) abgegrenzt, daher ist es kein plumpes Argumentum e silencio zu sagen, dass sich diese Abkehr vom Kult und dessen Vorstellung von Heilig und Profan, rein und unrein inklusive der Aufhebung des Gefälles zwischen Priester und „Laien“ bei den Aposteln durchzieht und wir wissen ja eben aus der Geschichte, wann die Gewänder tatsächlich virulent wurden – zur Zeit der imperialen Reichskirche.

    Was wir zweifelsfrei wissen, ist, dass bis auf die berüchtigte Kopftuchfrage Kleider im Neuen Testament eben gar kein Thema waren, und das ist natürlich eine Aussage, wenn man betrachtet, wie das in den paar Kommentaren hier Wellen schlägt und was alles zur Rechtfertigung von Talar und Beffchen aufgefahren wird an mehr oder weniger geglückten Argumenten.

    Woran sollen wir uns bitteschön überhaupt orientieren, wenn nicht an Jesus und am Evangelium? Mit original derselben Logik, wie Du sie hier gebrauchst, rechtfertigt Rom den Pflichtzölibat. Du darfst Deinen Talar ja gern weiter tragen und verteidigen – ich habe oben ja ganz bewusst von meiner persönlichen Präferenz gesprochen.

    Aber ich hätte nun doch gern eine Aussage von Dir, ob Du den in meinen Augen skandalösen Abendmahlsboykott, den Anke oben beschrieben hast, für richtig und legitim hältst. Über den Rest haben wir uns ja nun zur Genüge ausgelassen.

  27. Ein Antwort also „ohne Wenn und Aber“?
    Hm.

    Ich weiß im Moment nicht, wie ich sowohl auf das explizite Thema als auch auf die subtilen Untertöne und Unterstellungen deiner Frage eine einzige klare Antwort geben kann. Dazu kommt deine Herausforderung aus zu vielen Richtungen gleichzeitig. Eine Verknotung sehr verschiedener Aspekte, so wie übrigens auch die Darstellung von Anke keine einfache schwarz-weiß-Situation erkennen lässt, für die der Begriff „skandalöser Abendmahlsboykott“ schon eine sinnvolle Beschreibung wäre.

    Da du mich aber ausdrücklich herausforderst, gebe ich eine mehrteilige Antwort, die meine Position hoffentlich transparent genug macht.
    – Die Laienpredigerin hat falsch gehandelt, sofern sie gegen ihr eigenes Gewissen gehandelt hat. Sie hätte den Talar nicht gegen ihr eigenes Empfinden tragen sollen. Dieses Format (Freiheit des Gewissens) muss man von jemandem erwarten können, der in der Kirche öffentlich auftritt und anderen predigt. Kann sie die Rolle ausfüllen?
    – Der Pfarrer hat falsch gehandelt, sofern er sich dieses Konfliktes nicht vermittelnd und aufklärend angenommen hat, denn es betrifft sein Amt mit und er hat eine Spaltung in seiner Gemeinde zugelassen. Das Ergebnis einer wünschenswerten Intervention kann und will ich allerdings nicht vorwegnehmend beschreiben. Mir scheint: Laienpredigerin (furchtbares Wort übrigens), Gemeinde und Pfarrer haben da noch einen Weg vor sich, eine einfache Basta-Lösung sehe ich nicht.
    – Den Gemeindegliedern mache ich noch keinen Vorwurf. Es käme jetzt darauf an, wie sie auf einen weiteren Gesprächsversuch reagieren.
    1. Kor 12,31b

  28. @Werner: Danke. Jetzt mal ganz ohne Ironie oder Sarkasmus – ich glaube, wir haben schon ein sehr, sehr unterschiedliches Verständnis von Kirche. Du verortest oben alle Verantwortung bei den Amtsträgern (die Predigerin, die nicht genug auf ihr Gewissen hört und der Pfarrer, der alles laufen lässt), und genau das würde ich als den obrigkeitlichen Ansatz mit einer – gewiss ganz freundlichen – subtilen Entmündigung der Gemeindeglieder verstehen, der erst einmal eben jene komplett ausspart, die ein – freundlich gesagt – recht problematisches Urteil gefällt haben.
    Freilich wird man das ohne Gespräch nicht lösen können. Aber jede Beurteilung der Frage, wer für das Problem verantwortlich ist, spielt doch bei der Suche nach akzeptablen Lösungen mit. Ich fände es schwierig, wenn hier ein Adiaphoron (Talar – steht nicht einmal in den lutherischen Bekenntnissen, so weit ich sehe) als Grund dafür durchgehen würde, dass das Zentrum des Glaubens und Gemeindelebens, die Tischgemeinschaft mit dem Herrn selbst, anscheinend „ungültig“, sicher aber nicht mehr gewollt ist. Da wackelt doch theologisch der Schwanz mit dem Hund – kann man dazu freundlich schweigen?

  29. @ Peter: Es gibt vielleicht nicht nur die „obrigkeitliche“ Lesart meines Beitrages. Die strenge Kategorisierung, in die du die Phänomene (Talar, Amt, Gemeinde usw.) einteilst, verhindert im Moment Verständigung.
    Ich habe der Predigerin nicht vorgeworfen, dass sie nicht genug auf ihr Gewissen gehört hätte (das wäre eine elende ur-evangelikale Verunsicherungsmethode, nach Bonhoeffer etwas ziemliches Unfeines), sondern dass sie offenbar eindeutig g e g e n ihr Gewissen gehandelt hat (lies noch mal bei Anke nach; sie fühlte sich eindeutig unwohl). Das ist etwas anderes. Ich hätte sie zuerst darin bestärkt, sich von der Haltung anderer nicht soweit in die Ecke drängen zu lassen, dass sie sich das antut. Denn die Freiheit des Gewissens ist unabhängig von Amt und Würden ein sehr hohes Gut, das kein Christ sich nehmen lassen darf. Ich würde die Predigerin also erst mal ermutigen, sich über sich selber und ihre Rolle klar zu werden und sie darin unterstützen. Zu wünschen ist, dass sie unverkrampft und froh den Talar trägt, beim Predigen, beim Abendmahl. Und genauso unverkrampft und froh auch mal nicht. Aber diese Freiheit und Eindeutigkeit ist (psychologisch) so einfach nicht zu ergaunern, gerade wenn institutionelle Rahmenbedingungen eindrücklich im Raum stehen und tatsächlich immer mitpredigen und mitregieren. Ich wünschte ihr, dass sie ihren unverwechselbaren Ton und ihre Haltung so findet, das wenigstens ein bisschen was von „hier stehe ich, ich kann nicht anders“ spürbar wird. Keine Rechthaberei, aber doch auch keine Menschenfurcht. Die scheint sie aber zu haben, und das ist weder für sie noch für die Gemeinde gut.

    Sollen wir nun wirklich das Fass aufmachen, wie notwendig und sinnvoll Leadership für eine Gemeinde ist, und zwar gerade d a m i t die einzelnen ihre Mündigkeit leben und ausdrücken können?

    Natürlich ist die Reaktion der Gemeindeglieder auf den fehlenden Talar beim Abendmahl ein deutliches Zeichen von Unreife. Andererseits haben sie kein Problem damit, dass eine Laienpredigerin den anlegt und damit auch Abendmahl austeilt. Das ist jedenfalls nicht nur als rückständig zu bezeichnen.

    Das weitgehende Darniederliegen der Mündigkeit ist jedenfalls nicht mit weniger, sondern mit besserer Führung zu beheben. Die Polemik gegen obrigkeitliches Gehabe – sollte man sie einmal ernst nehmen – verunsichert die, die mit Gewissheit und Freude durch beherztes Führen helfen sollten.

  30. Den Link zum Artikel in der jüdischen Allgemeinen kann ich nicht nachvollziehen, weil es dort ganz allgemein um die passende Kleidung für alle Juden geht und nicht um spezielle Amtsträger. Auch die Frage nach dem, was ein Rabbiner im G-ttesdienst trägt, würde hier nicht weiterbringen, weil die Funktion des Rabbiners und des Pfarrers im Hinblick auf den G-ttesdienst nicht vergleichbar sind. Ein jüdischer G-ttesdienst kommt gut ohne Rabbiner aus.

    Allerdings gab es im deutschen Vorkriegsjudentum durchaus auch für Rabbiner den Talar, aber nur deswegen, weil das die staatliche Obrigkeit so angeordnet hatte – wie für Pfarrer oder Richter.

  31. @Werner: Da stoßen wir auf ein weiteres Missverständnis. Ich stelle ja Führung keineswegs in Frage, sonst hätte ich dem Pfarrer das Abtauchen nicht angekreidet. Lass das Fass also ruhig zu. „Obrigkeitlich“ bezieht sich für mich auf die stärkere Betonung des Unterschieds zwischen Amtsperson und Gemeindeglied, die für mich aus Deinen Zeilen spricht, und die der Talar natürlich symbolisiert – eben ein Tick (oder zwei, oder drei) mehr Anstaltskirche denn als (sicher funktional nicht völlig undifferenziertes) Gottesvolk. Vielleicht ist es ja nur die Sprache, aber so kommt es für mich rüber.

    Zur Laienpredigerin nochmal: Wir wünschen ihr ohne Frage beide dasselbe, aber wenn man schon so viel Verständnis für die Gemeindeglieder aufbringen will, dann darf es doch erst recht niemanden verwundern, dass sie sich von einer so drastischen Reaktion einschüchtern lässt, zumal ihr von den „Etablierten“ niemand beispringt?

  32. Hachja, ich ergänze noch einmal und bringe meinen Ansatz bzw. Vergleich mit den Roben der BVerfG noch einmal an: hier ist die Ähnlichkeit doch mehr als deutlich und für Theologen sicher auch schwierig. Oder?
    Außerdem komme ich auf meine Frage „Beffchen auch für Frauen“ zurück, die hier leider völlig untergegangen ist, aber doch auf ein Problem aufmerksam macht, oder nicht? Ich meine, unabhängig von allen „obrigkeitlichen“ Argumenten, muss man doch zugestehen, dass gerade hier der museale Charakter des Talares besonders deutlich wird (auch wenn Frauen es nicht tragen müssen…).
    Dabei verweise ich auf diesen Artikel der allseits geschätzten Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Beffchen

  33. @Achim: d’accord. Und das mit dem Beffchen erinnert an die oft zitierte Story mit der Katze im Kloster. Nur dass es nicht erfunden ist in dem Fall.

  34. Die historische Betrachtungsweise (Wikipedia) macht schnell deutlich, dass es vieles gibt, was ursprünglich eine andere Bedeutung und Abzweckung hatte, diese aber inzwischen verloren hat und mit einer anderen Bedeutungssemantik ausgestattet worden ist.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Jeans : Die Jeans also nur für Genuesen, die zum Goldsuchen (Ausbeutung eines fremden Kontinents) in die USA auswandern? Ein überaus imperialistisches Kleidungsstück, das für Gier, Leichtsinn und Not steht, wer möchte sowas heute noch tragen!
    🙂

  35. Tja, Werner, dann möchte ich mein simplizistisches und biblizistisches Apostel-Argument aber auch gleich wieder ins Rennen schicken 😉

  36. Was hat dazu geführt, dass Ihr die Personen so negativ beurteilt? Habe ich die Begebenheit aus unserer Gemeinde so ungeschickt geschildert?

    @Peter: Sorry, aber dafür, dass dies für Dich ein nebensächliches Thema ist, scheinst Du Dich am meisten darüber aufzuregen. Ich denke übrigens, dass es für keinen hier ein hauptsächliches Thema ist.
    Es werden auch nicht nur pro Talar mehr oder weniger geglückte Argumente aufgefahren, sondern ebenso auch contra Talar.
    Im Unterschied zu den Aposteln haben wir 2000 Jahre Kirchengeschichte hinter uns. Sie haben sicher auch nicht in der äußeren Form Abendmahl gefeiert, die bei uns sehr verbreitet ist.
    Zu den Personen: Ich würde das Verhalten der Gemeindeglieder nicht als skandalösen Abendmahlsboykott bezeichnen. Es hat auch weiter keine Spaltung in der Gemeinde gegeben.
    Der Pfarrer ist nicht abgetaucht. Er hat mit seiner ehrenamtlichen Mitarbeiterin gesprochen, aber sie auch nicht bevormundet, sondern ihr die Entscheidung überlassen, zumal sie auch mehrere Semester Theologie studiert hat.
    Die Frau scheint mir auch nicht eingeschüchtert, und ich bin mir ziemlich sicher, dass man hier auch nicht von Menschenfurcht sprechen kann, da sie ja nicht bedroht wurde.
    @ Werner: Meinst Du wirklich, unsere Laienpredigerin müsste nun ein schlechtes Gewissen haben, weil sie die Liebe und Barmherzigkeit in diesem Fall über ihre eigene Freiheit gestellt hat?
    Ist es recht, ihr deshalb zu unterstellen, dass sie ihre Rolle nicht ausfüllen kann?
    Verlangt Gott nicht manchmal von uns, gegen unser eigenes Empfinden zu handeln oder zu glauben? Petrus empfand den Weg Jesu ans Kreuz zunächst als gar nicht gut.
    Wie oft mussten die Jünger wohl Angst überwinden oder Menschenscheu?
    Was ich aber durch Eure Beiträge gelernt habe: Tatsächlich hätte man wohl mehr noch miteinander reden müssen. Unsere Laienpredigerin hätte vor allem mehr nachfragen müssen, warum der Talar so wichtig ist für manche Abendmahlsteilnehmer.
    Und ganz allgemein wird es immer welche geben, die den Talar eher ablehnen und solche, die ihn eher befürworten. Wie gut, dass es wirklich nebensächlich ist!
    Werner, ich entschuldige mich auch für die Länge, aber eins noch so nebenbei: Seit letztem Jahr heißen die Laienprediger bei uns Prädikanten. Vielleicht findest Du das nicht ganz so furchtbar.

  37. @ Achim: Unsere „Prädikantin“ wollte nach ihrer Vokation den ersten Gottesdienst in ihrer damaligen Gemeinde mit Talar und Kragen halten. Dort gab es jedoch zwei Pfarrer und eine Pastorin im Hilsdienst. Diese regte sich furchtbar darüber auf, als sie davon hörte.
    Um des lieben Friedens willen entschloss sich damals die frischgebackene Prädikantin, auf den Kragen zu verzichten und den „Bartschoner“ zu tragen.
    Ich habe gezaudert, dies zu erzählen, weil ich sie damit dem Verdacht aussetze, immer den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen, aber es passte nunmal zum Thema.
    Natürlich wird Peter denken, dass Streit manchmal notwendig ist, damit Neues wachsen kann. Und Werner wird sich fragen, ob sie mit ihrem Nachgeben ihre Rolle richtig ausfüllen kann oder vielleicht ein Mensch mit wenig Selbst bewusstsein ist.
    Aber ich denke, es muss beides geben. Manchmal muss man streiten, aber manchmal darf man auch aus Liebe auf sein gutes Recht verzichten. Und letzteres ist genauso mutig.

  38. @ Anke: gut, dass die Situation komplexer und weniger dramatisch ist, als wir sie hier diskutieren. Dennoch scheint sie exemplarisch zu sein.

    Zum Verhältnis von Gewissensfreiheit und Rücksichtnahme: wenn „Liebe und Barmherzigkeit“ (ujujuj, heere Worte!) mit Skrupeln und deutlichem Unwohlsein einhergehen, muss man sich selbst zumindest einmal die Frage stellen: Kommt das noch aus der Freiheit und aus dem Glauben? Nicht als Vorwurf, sondern im Sinne von: so geqält soll doch keiner l(i)eben müssen! Die Überwindung der lähmenden Skrupel ist auch eines der Ziele des Evangeliums. Wer sich aus Rücksicht für andere gegen einen sensiblen inneren Impuls wendet und sich den anderen anpasst, beschädigt sich selbst. Auch wenn es scheinbar um eine Nebensache geht, das Gefühl ist durchaus entscheidend. Evangelische Toleranz m u s s die Rücksichtnahme auf sich selbst und auf das eigene Gewissen einschließen. Auch wenn das nicht einfach ist: stärkt es nicht das Individuum? Der Weg des geringsten äußeren Widerstandes erhöht doch den inneren Widerstand. Von den Reformatoren, meine ich, kann man lernen: dass das Gewissen eine ernst zu nehmende Kraft ist, die getröstet und vergewissert werden soll. Und aus der ein zuversichtliches und frohes Handeln kommen soll. Und dass das Evangelium nicht Liebe um jeden Preis, sondern Liebe aus befreitem Herzen und zuversichtlichen Geist ist. Luther: „Aus einem verzagten Arsch kommt kein fröhlicher Pfurz!“

  39. Danke für Deine Ermutigung. Allen alles zu sein, um alle für Christus zu gewinnen – solches Denken gehört tatsächlich der Vergangenheit an. Wir wollen heute nicht mehr so beschädigt herumlaufen wie Paulus es in 1.Kor. 8,9-9,27 beschreibt. Wir werden auf unsere Gefühle hören.
    Wenn ich das nächste Mal zu einer Hochzeit eingeladen bin in einem piekfeinen Restaurant, werde ich in Jeans und T-Shirt erscheinen, denn darin fühle ich mich deutlich am wohlsten.
    Zum Abendmahl in der Kirche werde ich selbstgebackenes Brot und ein paar Decken mitbringen und alle bitten, sich mit mir auf die Erde zu setzen. Dass die älteren Gemeindeglieder eventuell in ihrem Empfinden gestört werden oder nicht mehr so gut auf der Erde sitzen können, sollte mich nicht so sehr beeindrucken. Nur keine Skrupel! Hauptsache, das Individuum, das ich nunmal bin, wird stark.
    Unserer Laienpredigerin werde ich raten, dass sie ihrem Wunsch nachgibt und sich endlich die Haare so blau färben lässt wie ihre pubertierende Tochter. Ein Schelm oder vielleicht ein moderner Pharisäer, wer Böses dabei denkt und bei ihrer Predigt mehr über die Haare nachsinnt als über das, was Jesus uns verheißt.
    Allen Freunden und Bekannten werde ich empfehlen, Rücksichtnahme auf keinen ‚Fall mehr über ihre Gefühle zu stellen. Ist Rücksichtnahme vielleicht auch nichts weiter als nur ein hehres Wort?
    Wir werden herrliche Individuen werden. Mit der Zeit zwar sehr vereinzelte, zuweilen auch einsame Individuen. Aber was macht´s? Hauptsache, jeder von uns kann fröhlich pfurzen. Ich muss Dich allerdings warnen: Es wird heftig stinken! Und zwar bis zum Himmel.

  40. Pffff – Ich glaube, so langsam schließen wir diese Diskussion lieber. Die Argumente werden nicht mehr besser und der Sarkasmusquotioent steigt proportional zu den vorhandenen Missverständnissen und Fehlinterpretationen. Danke an alles fürs Mitmachen.

  41. Auch wenn neue Beiträge schon neue Diskussionen hervorgerufen haben und vielleicht immer weniger Zeit und Lust zum Vertiefen dieses Themas da ist, wage ich noch mal einen Nachtrag; der abrupte und mit autoritärem Beigeschmack gesetzte Abbruch dieses Gesprächsgangs macht mich – abgesehen davon, dass ich in Ankes Reaktion durchaus keinen Niveauverlust sondern eine inhaltliche Herausforderung sehe – auch auf einer Meta-Ebene nachdenklich.

    Ist ein Blog im Internet ein freier öffentlicher Diskussion-Raum oder letztlich doch nicht mehr als das Gespräch im privaten Wohnhzimmer (wo einen der Gastgeber natürlich auch irgendwann hinauskomplementiert, wenn’s ihm zu merkwürdig oder zu lang wird)?

  42. @Werner: Für meinen Teil hat das nur bedeutet, dass ich keine Lust mehr hatte, weiter zu diskutieren. Ihr könnt ruhig weiterschreiten, ich habe die Kommentarfunktion ja offen gelassen.

    Andererseits ist es für mein Empfinden schon so: Auf Blogs ist man zu Gast (ich bei anderen ja auch), das ist schon etwas anderes als in irgendwelchen Diskussionsforen, von denen es ja genug gibt. Ich denke, da darf ich als Gastgeber schon mal sagen, jetzt ist es gut, oder dass eine Antwort wenig mit dem zu tun hat, worum es mir eigentlich ging.

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