Neu: liberale Evangelikale :-)

In deutschen Medien sickert die Erkenntnis durch, dass „evangelikal“ nicht (mehr?) identisch ist mit der religiösen Rechten um James Dobson & Co in den USA. Das ist eine gute Nachricht, auf beiden Seiten des großen Teichs. Zwar verwechselt die SZ für mein Empfinden modern mit postmodern, aber sie schreibt abgesehen davon ganz zutreffend:

„Neue Evangelikale“ nennt man diese Gruppe in den USA. Ihre Angehörigen sind liberaler, sie kämpfen nicht mehr militant gegen Abtreibung, sondern für Umweltschutz. Vor allem aber sind sie: selbstsicher in ihrem Glauben. Sie müssen nicht mehr beschützt werden vor der Verkommenheit der Welt. Sie filtern ihre Informationen selbst, sie sind auf gottgefällige Medien nicht mehr angewiesen. Moderne evangelikale Frauen lesen Cosmopolitan und entwickeln trotzdem kein Bedürfnis nach Promiskuität. Moderne Evangelikale gucken sogar Avatar – und vergeben Hollywood, dass es offenbar nicht den gleichen Respekt vor dem Namen des Herrn hat wie sie.

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15 Antworten auf „Neu: liberale Evangelikale :-)“

  1. Hmm…gab es nicht in der „ZEIT“ einen ganz ähnlichen Artikel, schon vor vielen Monaten (der u.a. eine New Yorker Professorin zitiert hat)? Wie dem auch sei: Die Nachricht ist in der Tat positiv. 🙂

  2. @ Daniel
    Ich glaube du meinst diesen:

    Pally, M.: Woran glaubt Amerika? . In: Die Zeit
    ”http://www.zeit.de/2009/01/Op-ed-Obama-Religion?page=1“ , Nr. 01/09. Zeitverlag, Hamburg, 2008.

    Sie hat auch ein Buch über die Evangelikalen und ihren Einfluss auf die amerikanische Politik geschrieben:
    Pally, M.: Die hintergründige Religion . Berliner Reden zur Religionspolitik. Berlin University Press, Berlin, 1. Aufl., 2008.

  3. Das finde ich gut geschrieben:
    „Sie müssen nicht mehr beschützt werden vor der Verkommenheit der Welt. Sie filtern ihre Informationen selbst, sie sind auf gottgefällige Medien nicht mehr angewiesen.“

    Avatar ist übrigens ein sehr sehenswerter FIlm!

  4. Das finde ich ebenfalls gut, – wenn auch leicht mißzuverstehen:
    “Sie müssen nicht mehr beschützt werden vor der Verkommenheit der Welt. Sie filtern ihre Informationen selbst, sie sind auf gottgefällige Medien nicht mehr angewiesen.”

    Es sind doch die Evangelisationsbewegungen des 19. und 20. Jahrhunderts gewesen, von denen sich der Name „evangelikal“ ableitet, die aber doch wohl mehrheitlich eine Lebendigkeit der „Kirche von Unten“ begründeten, in denen der normale Christ sich die eigene Kompetenz für den eigenen Glauben von der erstarrten Kirche zurück eroberte, was derart laienhaft und spontan natürlich auch merkwürdige Blüten und manches Unkraut hervorsprießen ließ und läßt, wenn ein neu geborener Christ auf eigene Faust seinen Glauben bekennt und verkündet, – ohne die Professionalität eines akademischen Titels.

  5. @Peter: Nein, zumal es da auch alles gibt: Hardliner, Weltoffene und einiges dazwischen. Nur halt längst nicht so mächtig wie in den USA. Aber es ist ein Anfang und die Richtung stimmt

  6. Aber trotzdem werden wir hier in Deutschland in einen Topf geworfen.
    Deswegen muß ich Dir da leider widersprechen.
    Es wird auch keine evangelikale Gruppierung ausscheren können und sagen wir gehören nicht dazu. Siehe das Beispiel Bischof Huber. Ein paar positive Bemerkungen über Evangelikale und die negative Kritik läßt nicht lange auf sich warten.
    Was keine Allianzen und Bündnisse bisher vermochten vollbringt jetzt die Welt für die Evangelikalen. Zwangsläufig wird man miteinander sprechen müssen bei allen unterschieden die es gibt.
    Und die Themen werden sein wie verhalten sich die Evangelikalen der Welt gegenüber und wie werden wir ein Zeugnis sein.

  7. Hi Peter,

    Interesting article, do you think ‚New Evangelical‘ = Liberal Evangelical? Is it possible to use the term evangelical at all any more without derision, or without becoming liberal in some way?

    Jason
    ———–
    Interessanter Artikel, glaubst du, ‚Neue Evangelische‘ = Evangelisch-Liberalen? Ist es möglich, den Begriff evangelischer überhaupt nicht mehr ohne negative Kritik, ohne sich in irgendeiner Weise liberalen verwenden?
    (Bitte entschuldige mein schlechtes Deutsch).

  8. Hi Jason,

    in German, there are two options to translate evangelical. The first „evangelisch“, means something like „protestant“ in English. „Evangelikal“ however is the term for certain „bible-believing“ conservatives and pietists and it does carry some fairly negative or at least controversial overtones. Some of these are described in the article.

    When the author uses the term „liberal“ it is not in the theological sense but it means the new evangelicals are less dogmatic, rigid, defensive, negative or even hostile than the rest of the movement.

    But like you I think „evangelical“ is a very ambigous and rather ruined self-description these days which can lead to serious misunderstandings. So if some abandon the label „emergent“ for simliar reasons, even more should consider doing the same with „evangelical“. 🙂

    Any suggestions what we should use instead?

  9. Ach Peter, hoher Richter,
    Der christliche Glaube, katholisch, evangelisch, evangelikal oder fundamentalistisch, mit dem sich der Mensch als der begreift und selbst erlebt, der in seinem Dasein unmittelbar auf Gott, als auf ein, – auf das „Geheimnis dieser Welt“ (Eberhard Jüngel) hin ausgerichtet ist (Karl Rahner), ist ja nicht ein Verhältnis zu einem Buch oder zu einem Bibeltext, – wovon ein Journalist wie z.B. Rudolf Augstein ausging, der eben kein Christ war, – mit welchen Worten, Bibelsprüchen oder Metaphern dieser Christ auch immer z.B. seinen sonntäglichen Gang in seine Gemeinde oder Kirche jeweils spontan umschreibt, begründet oder bekennt – und sich dabei ja gegen eine offene oder indirekte empiristische – oder wissenschaftlich begründete Dogmatik behaupten muß, – wie Du sie hier z.B. als Meßlatte anlegst.
    Er hat keine Ahnung, würde ich sagen.

    Ganz herzlich
    Friedhelm

  10. Sind wir da wieder bei den Farben? Welche Namen gehören zu welchen Frommen? Der Import ‚evangelikal‘ war wohl immer sowas wie eine Zwischenlösung, eine Abgrenzung. Die Messlatte wird nicht neu angelegt, sie besteht längst,und es ist mein dringender Wunsch, dass dies Verfahren beendet wird.
    Ic h freue mich jedenfalls, dass hüben wie drüben seit einigen Jahren Aufbruchsstimmung herrscht und wage jetzt mal, die Vermutung auszusprechen, dass es überwiegend Männer sind, die Schwierigkeiten mit der Tatsache haben, dass sie für eine Bewegung noch keine Schublade gefunden haben.
    (Lieber, gesegneter Peter, ich bin dir nicht böse, wenn du diesen Kommentar streichst. Er entspricht meinem persönlichen Engagement in dieser Sache.)

  11. Hi Peter,

    I had forgotten that Luther coined the term evangelisch from the latin euangelion, and that this terms was used then as today to refer to Lutheran Protestants. So if I am hearing you correctly, Evangelisch = protestant and Evangelikal = modern evangelical.

    After World War II, the phrase ‚Liberal Evangelical‘, was used in the UK, for those evangelicals who wanted to take 1) a turn to the sacramental and 2) a turn to culture. They ended up dropping the word evangelical completely 🙂

    How can you be an evangelical without being called and evangelical? And how can you avoid becoming a liberal in that process :-)? Do let me know!
    Jase

  12. @Jason: I did not know about this chapter of british church history. Suppose it then depends what you mean by „liberal“. If „liberal“ means „open minded“, why should it be avoided? Of course there are other connotations which are less favourable, too…

  13. Die „Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen“
    Auguststraße 80, 10117 Berlin
    Telefon (030) 2 83 95-2 11, Fax (030) 2 83 95-212
    Internet: http://www.ezw-berlin.de
    E-Mail: info@ezw-berlin.de

    hat sich in ihrer letzten „Ausgabe 206“ (von Reinhard Hempelmann) recht vernünftig mit genau dieser evangelikalen Erscheinung innerhalb und außerhalb der Großkirchen – auch als Problematik – informativ und auf bestem theologischen Niveau befaßt. Man kann sich die Broschüre – ich glaube für 2€ – zuschicken lassen.

    Dieser EZW-TEXT kann in Studienkreisen, bei Seminaren, Tagungen und dergleichen angewendet werden. Die EZW-TEXTE können einzeln oder in größerer Menge bei der EZW, Auguststraße 80 in 10117 Berlin, angefordert werden.

  14. Zwei Gedanken dazu:

    1. Ich denke, dafür hat George W. der evangelikalen Bewegung gut getan. Der Mann hat sich teilweise so daneben benommen, dass immer mehr Evangelikale merkten, dass man auch fromm und trotzdem politisch anders sein kann als „konservativ“. Sollte er auch sonst nichts gebracht haben, das hat er: Mehr politische Vielfalt in der evangelikalen Bewegung.

    2. Wolfgang Huber äußerte sich vor einiger Zeit, er hätte früher vor allem die Konsequenzen des Glaubens betont und merke heute, dass immer mehr Unkenntnis über den Glauben selber da ist, so dass man nun mehr darüber reden müsse. Das scheint mir ein Kreislauf zu sein, bei dem Amerika gerade auf der gegenüberliegenden Seite ist und wahrscheinlich in 25 Jahren sich so äußert wie Huber heute, während Deutschland dann wohl wieder die Konsequenzen betont. Schade um die langen Intervalle. 25 Minuten sollten reichen.

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