Menschenbild

Ich frage mich, ob es das viel beschworenechristliche Menschenbild” überhaupt gibt. Erstens sind die verschiedenen (Re-)Konstruktionen zu dem Thema keineswegs einheitlich, was vermutlich daran liegt, dass auch die biblischen Aussagen sich eben kaum in ein stimmiges System bringen lassen. Schließlich muss das gar kein Schaden sein, weil es nicht nur im Hinblick auf die konkrete Person, sondern vielleicht auch auf “den Menschen” eine christliche Tugend sein könnte, sich kein griffiges und fixes Bildnis zu machen.

Haben wir also kein komplettes Bild, sondern verschiedene, nicht völlig systematisierbare Schlaglichter? Die reichen durchaus, um die verschiedenen Ideologien zu dekonstruieren (auch die “christlichen”…?). Vielleicht will Gott gar kein durchgestyltes System – sondern dass wir für uns selbst und einander immer ein Stück Geheimnis bleiben, das nur er kennt?

Wenn es also weniger geschlossen ist, als der eine oder andere meint, dann könnte der Dialog und Austausch mit anderen Wissenschaften, Kulturen und Denktraditionen nicht unbedingt einfacher, aber etwas flexibler verlaufen und vor allem Lernen nach beiden Richtungen ermöglichen, ohne dass man gleich seine Wurzeln verrät.

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3 Antworten auf „Menschenbild“

  1. Ich schreibe hierzu ein bisschen etwas, weil ich zu diesem Thema gerade auf viele verschiedene Gedanken stoße. Einerseits über Tobias Künklers Blog (siehe Kommentar zum letzten Artikel), andererseits durch ein Seminar von Detlef Witt, der sich viel mit christlicher Mystik und der Mystik anderer Religionen befasst hat und den zweiten Schöpfungsbericht als tiefenpsychologisches Meisterwerk bezeichnet (weshalb ich auch bei der Bezeichnung der biblischen Psychologie als Vulgärpsychologie heftig schlucken musste). Ich denke, dass es wichtig ist wegen Menschenbild nicht nur Menschen von außen zu betrachten, sondern des Menschen auch inne zu werden (naturwissenschaftlich objektivierende Forschung ist bei Themen wie Bewusstsein an ihren Grenzen). Deshalb finde ich bedeutsam, was Mystiker dazu geschrieben haben und sehe dennoch noch nicht wirklich klar…
    Gruß,

    Julian Sartori

  2. Also, das war nicht negativ gemeint mit der Vulgärpsychologie (vulgus = Volk). Aber „folk pschology“ klingt viel netter. Danke übrigens für die Links!
    Ob der Schöpfungsbericht ein tiefenpsychologisches Meisterwerk ist, hängt nun davon ab, ob man mit Tiefenpsychologie etwas anfangen kann und was man, je nach Verhältnis zu derselben, aus dem Text dann heraus- oder vielleicht auch in ihn hineinliest.
    Psychologie in unserem Sinne gab es damals ja noch gar nicht. Dass da Weisheit und Lebenserfahrung und noch mehr drin steckt und dass eine solche Geschichte alle möglichen tiefen Resonanzen erzeugt, das ist unbestritten.

  3. Auch wenn die Komplexität des Menschseins sicher nicht im tiefsten Grund von uns verstanden werden kann, so finde ich doch die biblischen Begriffe Leib, Seele, Geist, Fleisch und Herz sehr hilfreich, sich gedanklich zu sortieren.
    Interessant wirds dann, vor diesem Hintergrund die Aussagen von „anderen Wissenschaften, Kulturen und Denktraditionen“ für sich einzuordnen. Als besonders lohnend sehe ich daher, sich mit dem, was die Bibel „Geist“ nennt, näher zu beschäftigen, da ich hier klar einen Unterschied wahrnehme zu dem, was gemeinhin unter „Geist“ im philosophischen Sinne verstanden wird. Hier sehe ich dann auch den Schritt heraus von einer (tiefen-)psychologischen oder mystischen Betrachtung biblischer Aussagen hin auf eine neue Ebene, eben die des Geistes.

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