Christliches Selbst-Konzept

Eine Art Kontrastprogramm zur Ich-Thematik von neulich habe ich gestern auf der Jahrestagung von Ignis erlebt. Der sympatische Referent Eric Johnson von der Society for Christian Psychology hat ein theologisches Fass nach dem anderen aufgemacht. Sein Grundgedanke ist, dass wir in der Bibel eine Art “folk psychology” finden (kann man da “Vulgärpsychologie” dazu sagen, oder klingt das zu negativ?). Heute, sagt er, brauchen wir aber komplexere Modelle, um Menschen zu verstehen und zu behandeln.

Johnson hat eine Unterscheidung eingeführt zwischen dem “aktuellen” oder tatsächlichen Selbst (alles, was mich augenblicklich ausmacht: Geschöpf – Sünder – Erlöster) und dem “realen” Selbst (Wer ich nach den Aussagen der Schrift in Christus bin). Etwas unglücklich fand ich dabei die Differenzierung aktuelles Selbst “hier unten”, reales Selbst “da oben” bzw. in der Zukunft. Erweitert wurde das Modell durch den Begriff des idealen Selbst, das nochmal differenziert wurde in nützliche (weil erreichbare) und fehlgeleitete Ideale.

Es waren viele gute Gedanken und interessante Beobachtungen dabei. Hundertprozentig überzeugt war ich noch nicht von dem Modell. Manche theologischen Denkvoraussetzungen hätte man noch einmal auf den Prüfstand stellen müssen: Die Erbsündenlehre, die Zuordnung von innen und außen (bzw. oben/unten, jetzt/zukünftig) und etliches mehr. Ich denke, ich bleibe dran…

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3 Antworten auf „Christliches Selbst-Konzept“

  1. Hi Peter, hört sich nach Carl Rogers an. Ich kann dem Modell viel abgewinnen. Für mich ist es der Unterschied zwischen einem Zugelassenen Selbst (das wie ich mich selbst und meine Erfahrungen und Umwelt wahrnehme) und dem tatsächlichen Selbst (das was ich erlebe, ob ich es wahrhaben will oder nicht). Das Ziel ist, diese Deckungsgleich zu machen durch Bekenntnis, Lobpreis, Austausch usw. Ich finde Eph 5 da herausfordernd (lebt im Licht), Jakobus (bekennt einander) und die Psalmen (wenn ich verschweigen wollte, würde mir das Bein zerschmachten…). Sehr gut zu diesem Thema: the emotionally healthy church – Pete Scazzero

  2. So wie Du es beschreibst, kann ich das auch gut nachvollziehen, Marlin. Aber ich glaube, da ging es noch um mehr als um Authenzitität und Ehrlichkeit und den Aus-/Angleich von zugelassenem und tatsächlichem Selbst.

    Es war der Versuch, so ein Modell mit dem paulinischen alter/neuer Mensch zu verbinden und dann noch eine Art ausgelagertes „Selbst in Christus“ als wirkliches Selbst dazu zu denken. Und da wird es dann eben spannend. Oder kompliziert.

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