Einige US-Milliardäre spenden die Hälfte ihres Vermögens. So weit, so gut. Es ist ein riesiges Almosen, das sie geben, aber ein Almosen. Die problematischen Seiten dieser Großzügigkeit hat die Zeit treffend kommentiert. Bevor deutsche Politiker an Appelle in diese Richtung denken, sollten sie das vielleicht lesen.
Noch radikaler ist die Kritik von Slavoj Zizek, die wunderbar untermalt in diesem Video (danke an depone für den Hinweis) nicht nur die Superreichen (das nennt er „alten Kapitalismus“), sondern auch alle, die einen „kulturellen Kapitalismus“ pflegen und hoffen, dass sich so die Probleme der Welt lösen lassen. Den Kaffee bei Starbucks zu trinken macht die Welt nicht automatisch besser.
Er bietet keine Patentrezepte an, aber er rüttelt auf. Wir brauchen mehr als die Wohltätigkeit der Reichen und der fairen Konsumenten, es muss politische Lösungen und ein gründlicheres Umdenken geben, das tatsächlich auch zu besseren Lebensbedingungen für alle führt.
das netz im urlaubsort lässt das anschauen von videos nicht zu, aber den artikel in der zeit habe ich gelesen. mir geht es etwas zu schnell mit dem finden der haare in der spendensuppe.
1) mit den nämlichen argumenten könnte man jedes ehrenamtliche engagement unserer gemeinden relativieren oder madig machen. auch wir formen die gesellschaft, in der wir tätig sind – oder versuchen es zumindest. und das engagement von christen und anderen freiwilligen kann ebenfalls vom staat gewünscht werden, um sich selbst aus der verantwortung zu stehlen.
2) lasst uns doch erst einmal sagen: „schön, dass bei den reichen ein neues nachdenken über die verantwortung von besitz beginnt. punkt.“ als vor 2000 jahren jemand, der seinen reichtum auf problematische weise erworben hatte, die hälfte davon den armen gab, reagierte jesus weder mit dem hinweis auf den weiter fortbestehenden römischen imperialismus noch mit der bemerkung: „ein riesiges almosen, das du gibst, aber ein almosen.“ er sagte: „heute ist diesem haus heil widerfahren.“
@ Haso: Zizek kritisiert nicht die Wohltätigkeit (die Zeit im Grunde auch nicht), aber er sagt, Leute wie Soros reparieren mit der einen Hand die Schäden, die sie mit der anderen Hand verursacht haben. Das kann so kein Vorbild sein.
Und den Rest musst Du Dir bei passender Bandbreite einfach mal geben 🙂
Ich finde, Zizek hat recht: durch „sozialen Kapitalismus“ und m.E. auch „Entwicklungshilfe“ lösen wir nicht die Probleme der Welt, sie werden eher manifestiert. Möglicherweise liegt die Persistenz von Armut aber gerade daran, dass ernsthaft niemand daran interessiert ist, sie zu beseitigen! Man mag von politischen ganzheitlichen Lösungen sprechen, von grundsätzlichem Umdenken; die eigentliche Frage lautet doch: wie hoch ist die Bereitschaft, eigene Pfründe abzugeben und den Status Quo in Richtung weniger Wohlstand und weniger Komfort zu verändern??
In der Regel reicht es persönlich eben gerade für den Fair-Trade-Kaffee oder das umweltfreundliche Toilettenpapier… da kann ich doch auch von der Politik keine großen weltbewegenden Veränderungen erwarten, oder?
Zu den Spenden und der Motivation habe ich hier ein paar gute Gedanken gefunden:
http://blog.zeit.de/gesellschafter/2010/08/06/geld-sucht-sinn/
Die Gegenthese zu der Zeit-Kritik stammt von Peter Sloterdijk und ist, wenn nicht sowieso viel zutreffender, so zumindest origineller:
Kleptokratie des Staates:
http://www.cicero.de/97.php?ress_id=1&item=3888