Fremdschämen

Gestern Abend in einem kleinen orientalischen Imbiss nahe Paddington. Ich warte auf mein Essen, vor mir stehen zwei Mittfünfziger in der Schlange und unterhalten sich auf Deutsch. Ich versuche, nicht hinzuhören, aber es funktioniert nicht. Die beiden reden während des Wartens (vielleicht auch wegen der Wartezeit) darüber, was hier alles nicht richtig läuft und was man tun müsste, wenn man wirklich Geld verdienen wollte. Die eigenen Landsleute sind erst in der Fremde so richtig peinlich.

Mag sein, dass das eine oder andere Körnchen Wahrheit drin war. Ist das vielleicht eine nationale Krankheit, dass wir immer Zensuren verteilen und allen anderen erklären müssen, was sie falsch machen? Die Angestellten in dem Imbiss haben es zum Glück nicht verstanden, hoffe ich. Ich hatte keine Lust, mich in das Gespräch einzuschalten. Das Essen war gut, die Leute waren freundlich, der Preis war anständig – alles gut.

Es erinnerte mich an ein Gespräch, das mein Sohn mit ein paar bayerisch sprechenden älteren Damen auf der Zugspitze führte. Im Gipfelrestaurant trafen wir verschwitzen Wanderer ein sehr internationales Publikum. Offenbar veranlasste das die beiden zu dem abfälligen Kommentar, „ganz Arabien“ sei ja inzwischen hier versammelt. Mein Sohn erzählte von und fand dann missbilligend, die beiden hätten sich doch besser freuen sollen, dass Touristen kommen und einen Haufen Geld im Land ausgeben.

Ich war mehr als nur ein bisschen stolz auf seine Reaktion…

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