Freiheit lässt sich nicht totalitär schützen

Der Viertelfinaljubel wurde gestern durch die Nachricht unterbrochen, dass die NSA allem Anschein nach den NSA-Untersuchungsausschuss ausspioniert hat, durch einen Doppelagenten des (ohnehin immer sehr kooperativen) BND. Vielleicht sollte man im Verhältnis zu den USA auf den Begriff „Freundschaft“ verzichten – oder ihn eben so verstehen, wie das Wort „Parteifreund“ in der CSU.

Während hier noch Aufklärung gefordert und – wie halbherzig oder konsequent auch immer – betrieben wird, lohnt sich ein Blick auf das, was diese Woche zum Thema Überwachung schon gesagt wurde. In eben jenem Ausschuss kamen am Donnerstag zwei ehemalige Angestellte der NSA zu Wort. William Binney, ehemals technischer Direktor bei der NSA, sprach wiederholt von einem totalitären Ansatz der NSA, der Rechtsstaat und Demokratie untergräbt.

Wohin die Massenüberwachung führt, zeigt der Beitrag von Prima Basil in der FAZ. In Großbritannien ist die Überwachung weiter fortgeschritten und stößt auf weniger Widerspruch als irgendwo sonst in Westeuropa. Ihr Fazit fällt vernichtend aus:

Der Preis für den britischen Überwachungswahn ist beispiellos: die psychische, emotionale und intellektuelle Verarmung der eigenen Gesellschaft.

Das ganze wirft auch noch ein düsteres Licht auf die Beziehungen zwischen EU und Großbritannien:

Wenn es nach der Regierung Cameron ginge, sollten der Human Rights Act und die Europäische Menschenrechtskonvention im Fach Staatsbürgerkunde künftig nicht mehr erwähnt werden. Auch den Begriff Menschenrechte würde man am liebsten durch das Wort „kostbare Freiheiten“ ersetzen – so, als würde man durch eine andere Benennung den Anspruch der Bürger auf ihre demokratischen Rechte schmälern können. Zum Glück ist es den Tories nicht gelungen, diese „Reform“ durchzuboxen, aber sie haben freundlicherweise „zugesagt“, den Human Rights Act abzuschaffen, wenn sie bei der nächsten Wahl gewinnen. Dann stünden die Bürger wieder schutzlos da, weil die Europäische Menschenrechtskonvention im Vereinigten Königreich nicht mehr direkt einklagbar wäre.

Während sich Briten und Amerikaner am D-Day als Hüter der Menschenrechte und Verteidiger der Freiheit feiern ließen, waren sie schon längst dabei, dieses Erbe gründlich zu verspielen. Wenn erst einmal ein mächtiges System der Kontrolle und Überwachung geschaffen wurde, wird es alles dafür tun, diese Macht zu behaupten. Der Doppelagent war bestimmt nicht die letzte hässliche Episode.

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