Pfingsten ist insofern ein anderer Fall als die anderen Feste des Kirchenjahres, als sich an diesem Tag die Frage der Wiederholbarkeit – besser noch: der Reproduzierbarkeit – des gefeierten Ereignisses stellt. Während das bei Weihnachten und Ostern gelegentlich in der Sprache der Mystik oder Herzensfrömmigkeit noch gesagt wird, dass Christus im Innern des Glaubenden geboren werden oder auferstehen müsse, erwartet doch niemand im Weihnachts- oder Ostergottesdienst irgendein kollektives Erleben, das einer tatsächlichen Wiederholung entspräche, vielmehr geht es um eine vertiefte Aneignung der Botschaft schon geschehener Dinge.
An Pfingsten jedoch wird das Ereignis im jerusalemer Obergemach oft mit der dunklen Folie der eigenen kirchlichen Schwachheit, Leere, Müdigkeit oder Resignation in ein Kontrastverhältnis gesetzt („in dieser schlaffen und glaubensarmen Zeit“) und dann der Kontrast zur vitalen Urchristenheit (“die scharf geschliffnen Waffen der ersten Christenheit“) aufgemacht. Oder gern auch zum Wachstum der Kirchen in der südlichen Hemisphäre, aber eben nicht hier.
Kann man sicher so machen. Nachdem ähnliche Geistausgießungen zwar immer wieder vorkommen, aber weder produzierbar sind noch sich dabei am Verlauf des Kirchenjahres orientieren, könnten wir ja auch einmal den anderen Weg einschlagen, und Gott dafür danken, wo der Geist auch bei uns überall schon wirkt. Das muss ja nicht in geistlose Selbstzufriedenheit münden. Und die in diesem Zusammenhang besonders beliebte Rhetorik des halbleeren Glases kann genauso geistlos sein, weil sie allzu oft suggeriert, die Gegenwart des Geistes sei ein andauerndes Feuerwerk des Außergewöhnlichen.
Amen! Gesegnete Pfingsten Dir!
Volltreffer! Ich frage mich auch alle Jahre wieder, wie es zu dieser eher defizitären Stimmung an Pfingsten kommt. Als ob wir auf irgendetwas spezielles warten müßten. Als ob eine Hürde zu überwinden wäre. Allerdings bleibt es eine echte Herausforderung „den Schatz in irdenen Gefäßen“ zu feiern und in sein Seufzen mit der Schöpfung und dem schmerzhaften „noch nicht“ menschlicher Erlösung einzustimmen und mitzuleiden.
Vielen Dank für deine ermutigende und herausfordernde Bloggerei!