Auch wenn die Theologie sehr betont wurde, scheint mir das Manifesto ein ausgesprochen kirchenpolitisches Dokument zu sein. Theologisch tief gebohrt wird nirgends, die Konsensformeln sind etwas hausbacken und dehnbar. Immer wieder ist der Versuch mit Händen zu greifen, im Wahljahr einen Mittelweg zwischen den Extremen zur Rechten und Linken offen zu halten.
Die Abgrenzungen gegenüber dem Liberalismus fallen deutlicher aus als nach „Rechts“, und auch das wirkt auf mich so, als wolle man die innerevangelikale Einheit durch diesen Akzent bestärken. Immerhin hat es aus den Reihen der Hardliner auch schon Kommentare gegeben, die zeigen, dass die Botschaft angekommen ist.
Ob die Botschaft in der Öffentlichkeit ankommt, dass Evangelikale und religiöse Rechte nicht identisch sind, scheint mir indes zweifelhaft. Dazu ist der Text zu lang und manche Distanzierungen sind zu verklausuliert. Ich vermute, es wird über kurz oder lang eine Spaltung des „alten“ Evangelikalismus stattfinden in eine fundamentalistischen und einen weltoffenen Flügel. Einige der Sollbruchstellen sind hier schon vorgezeichnet.
Hier noch ein paar Links zum Thema:
Take 2: An Evangelical Manifesto
Take 3: An Evangelical Manifesto and a Covert Colonialism
Come On, You Call This a Manifesto?
‚An Evangelical Manifesto‘ criticizes politics of faith – CNN.com
Apropos Spaltung: Die Hardliner der Baptisten (Southern Baptists) sind schon 2006 aus dem Weltbund ausgestiegen. Und ich tippe, du hast recht mit der Einschätzung, dass es neue Lager geben wird … das wollten doch alle vermeiden, oder?
Zur Frage, wie die Botschaft in der Öffentlichkeit ankommt: The Manifesto and the Media (by Jim Wallis)
@ AndiB: Lager (oder Koalitionen) sind doch unvermeidlich. Die Frage ist nur, wie hart man sich abgrenzt und wie flexibel man bleibt. Und da kann es eigentlich fast nur besser werden, wenn die alten Blöcke verschwinden.
Und von verschiedenen Radikalen wird man sich immer distanzieren bzw. sich mit ihnen „auseinander setzen“) müssen…