Die Zeit berichtet von Alain de Botton, der als Atheist groß geworden ist und irgendwann begann, die spirituelle und zwischenmenschliche Verarmung seines (Un?)Glaubens durch religiöse Riten aufzubessern. Denn inzwischen hat auch die Forschung entdeckt, dass Glaube gesundheitsfördernd ist. Das Spannende an de Bottons „Religion für Atheisten“ ist nun seine Annahme, man könne sich aus diesem Baukasten gewinnbringend bedienen, ohne dabei das, was religiöse Menschen selbst für die Hauptsache halten, zu übernehmen. Nun haben sich mit Zen und Yoga schon etliche ursprünglich religiöse Übungen aus ihrem Zusammenhang lösen lassen. Dennoch wirkt das Ganze recht künstlich auf mich.
Das Verbindende am christlichen Glauben (analog dürfte das für die meisten anderen Religionen auch gelten) ist ja die Erfahrung, dass man eine Art Schicksalsgemeinschaft bildet, die man sich nicht ausgesucht hat; sondern man wird unversehens von einem Gott, der „das Verlorene“ sucht, gefunden und adoptiert und findet sich als Teil einer unmöglichen Familie wieder, die zudem seit Abrahams Zeiten auf einem gemeinsamen Weg ist auf ein nach menschlichem Ermessen unerreichbares Ziel hin.
Der ganze Artikel betrachtet, wie de Botton ja auch, jede Form von Glauben ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Nützlichkeit. Das ist eine sehr eingeschränkte Perspektive, so etwas wie Selbsttranszendenz kommt dabei gar nicht richtig in den Blick. Sie ist immerhin ein Fortschritt gegenüber anderen Formen des Atheismus, die Religionen als den Hort aller Bosheit und Dummheit im Verdacht haben und ganz einseitig die negativen Folgen und pathologischen Formen von Religiosität herausstellen.
Aber reicht das aus, um Menschen dazu zu bringen, sich auf eine bestimmte Praxis dauerhaft einzulassen, wenn man ihnen erklärt, dass es ihrer Gesundheit und Zufriedenheit dient? Solche Programme gibt es viele und sie alle stiften nur einen ganz begrenzten Zusammenhalt unter Menschen. Im Prinzip müsste schon die Beobachtung nachdenklich machen, dass ausgerechnet jene Formen des Christentums rapide an Zusammenhalt einbüßten, die den Gedanken einer aktiven Einwirkung Gottes auf Welt und Menschen als Zumutung an den modernen Menschen empfanden und daher deistisch oder existenzialistisch auflösten.
Da liegen mehrere Missverständnisse vor. Im Unterschied zu Christen, Muslimen, Hindus etc., die sich primär über ihren Glauben definieren (logisch, weil es immer die Unterwerfung unter den Willen des jeweiligen Gottes bedeutet), ist ein Atheist (m/w) das eher in zweiter Linie. Erstmals ist er/sie Vater/Mutter/Bruder/Bauarbeiter/Verkäuferin/Weinkenner etc etc. Die Weltanschauung Atheismus kommt nur zum tragen, wenn er/sie auf Machtansprüche der Religionsvertreter trifft. Und wird stärker, je mehr sich ReligionsvertreterInnen in die Lebensgestaltung sowie politische Entscheidungen für die Gesellschaft einmischen und ihren jeweiligen Gott installieren wollen.
Desweiteren haben bei weitem nicht alle Atheisten das spirituelle Bedürfnis de Bottons,
meiner Erfahrung nach sogar eher eine kleine Minderheit. Die meisten sind sehr zufrieden mit den emotionalen und rationalen Elementen, die sie schon haben. Vergleichbar sind auch nicht alle Frauen romantisch veranlagt.
Besser erklären kann das der Erlanger Blogger Harald Stücket, der sich des Themas vor gut einem Jahr angenommen hat: https://evidentist.wordpress.com/2012/02/08/religion-fur-unglaubige/
… und wir haben da wieder das atheistische Missverständnis, dass es um Unterwerfung geht, nicht um Liebe
Nun, Islam bedeutet wörtlich „Unterwerfung“, auch in der Bibel und Schriften der Kirchenväter wird xfach gefordert, sich Gottes Willen zu unterwerfen.
Liebe ist eine nette Beigabe, die kann man aber nicht zwingen. Über Werkgerechtigkeit brauche ich dir ja nichts zu erzählen. Sola gratia wirst du erlöst. Also nur, wenn du tust, was von dir erwartet wird.
Gott und Liebe werden im Neuen Testament gleichgesetzt. Gott= Liebe. Entscheidend ist aber nicht, ob du diese Formel glaubst, sondern, ob du je eine Begegnung mit diesem Gott hattest bzw. ob du bereit bist, diesen Gott, der Liebe ist, kennenzulernen. So einfach ist das – und so schwer. Alles Theoretisieren bringt einen in der Gottesfrage nicht wirklich weiter.
Ich sehe ersteinmal die naive Fehldeutung, dass es sich beim Glauben primär um eine Affirmation von Lehren handelt. Ein kurzer Blick auf sämtliche religionswissenschaftliche Theorien wird dir schnell zeigen, dass man mit dieser Verkürzung heute viel zu unterkomplex aufgestellt ist.
„Alles Theoretisieren bringt einen in der Gottesfrage nicht wirklich weiter.“ Das ist die Erkenntnis aller Spirituellen der Menschheitsgeschichte. Und es wurden mit den Meditationen, den Exerzitien etc. Methoden gefunden, die Dualität Mensch-Gott aufzulösen.
de Botton spricht halt den Teil der Nichtgläubigen an, die gerne den meditativen Aspekt (Yoga oder Zen beispielweise ist gleichfalls meditativ ohne Glaube, wie oben schon angeführt) ihrer Gefühls/Verstandeswelt ausbauen wollen. Das heisst keinesfalls, dass diese
Menschen sich unvollständig oder defizitär empfinden. Es ist halt wie duschen oder Sport. Man fühlt sich danach besser und angenehmer.
Ich hatte in den letzten Jahren immer wieder mit säkularen Menschen zu tun, die sich für Religion interessierten, aber erst einmal nicht aus Gründen eines religiösen oder spirituellen Vakuums, sondern weil sie an Kunst oder Literatur interessiert waren und gemerkt haben, daß sie ohne ein gewisses Hintergrundwissen nur einen beschränkten Zugang zu bestimmten künstlerischen „Produktionen“ haben können und deshalb einen Zugang zu den dahinter stehenden Inhalten gesucht haben.
Über eine gemeinsame Beschäftigung mit den Texten, Bildern und Mythen, die diesen Stoffen zugrunde liegen, kann dann durchaus ein Dialog zustandekommen, in dem dann auch soetwas wie Selbsttranszendenz passiert – nicht indendiert, sondern als Nebeneffekt.
Ich habe darüber in meinem Blog geschrieben in der Rubrik „Texte“ und dort unter „Bibliolog für Säkulare“.
„auch in der Bibel und Schriften der Kirchenväter wird xfach gefordert, sich Gottes Willen zu unterwerfen. Liebe ist eine nette Beigabe, die kann man aber nicht zwingen.“
Ich würde es umdrehen: Ohne Liebe will Gott auch nicht, dass wir uns ihm unterwerfen. Davon hat keine der Seiten etwas. Ich halte es für ein grundsätzliches Missverständnis (bei Atheisten und (!) Christen), dass Gott von uns erwarten würde, wir würden uns seinem Willen unterwerfen, ohne uns sowohl seiner Liebe für uns sicher zu sein, als auch selbst Liebe für ihn zu empfinden.
Wer als Christ wider eigenen Willen handelt wie er meint Gottes Willen erkannt zu haben und dies nicht aus Liebe tut, der wird damit unglücklich werden, da es eben nicht nur darum geht „das richtige“ zu tun, sondern auch darum, es „aus dem richtigen Grund“ (aus Liebe) zu tun, wo es dem eigenen Willen nicht entspricht.
@Frank: Ich kann nicht mit Sicherheit für den Islam hier sprechen, aber im Christentum wie im Judentum ist der Gehorsam der Liebe doch ganz eindeutig nachgeordnet (vgl. Dtn 6,4f.). Dass einzelne das umkehren, ist bedauerlich, aber kein Grund für negative Pauschalisierungen.
@IWe: Ja, diesen Nebeneffekt kann ich mir gut vorstellen. Das spricht auch wieder für die erstaunliche Kraft dieser Geschichten. Die ganze Fantasywelle kann man ja als eine organisierte Flucht aus der Nüchternheit einer entzauberten Moderne verstehen. Und da liegt vielleicht auch gleich der Unterschied: Den Herrn der Ringe zu lesen oder Harry Potter hat erkennbar weniger Kraft, eine neue Perspektive fürs wirkliche Leben auszubilden, als biblische Texte.
@Daniel oK. Dieser Gedanke ist nachvollziehbar. Erinnert mich aber fatal an „1984“ wo Winston Smith erkennen musste, dass nicht (nur) Gehorsam, sondern in erster Linie Liebe zum Großen Bruder verlangt wird.
@Peter, Der Vergleich Fantasy mit Religion als „organisierte Flucht aus der Nüchternheit einer entzauberten Moderne“ ist erstaunlich tragfähig 😉 Der Unterschied: Fantasy ist gute Unterhaltung und wird nicht ernst genommen. Bei Religion ist es zumeist umgekehrt.
Neulich habe ich im Sportland auf dem Laufband eine dreiviertelstunde BibelTV geschaut.
Unter anderem eine Predigt der mir bis dahin unbekannten Joyce Meyer in einer großen, vollbesetzten Halle in den USA. Ich muss sagen, ich war sehr angetan. Vieles von dem was sie sagte, könnte ich auch unterschreiben. Vieles von dem was sie sagte, hätte prima auch ohne Gottesbezug für sich stehen können. Das ist wohl auch das, was IWe beschreibt.
In diesem Fall war es sowohl gute Unterhaltung, als auch eine Lehrstunde in Sozialkunde, Ethik und Moral (wenn man als Atheist mal die Gottesbezüge weglässt).
Eine atheistische Joyce Meyer in einem architektonisch ansprechendem Haus als „Gemeindehumanistin“ ist ungefähr das, was de Botton wohl vorschwebt. Ich denke auch, das das viele nichtreligiöse Menschen ansprechen würde….Unsere bekannten atheistischen Persönlichkeiten sind naturgemäß sehr rational und Kopfmenschen. Da wäre ein emotionaler Ausgleich hilfreich.
Vielen Dank für die wunderbare Joyce-Meyer-Rezension aus atheistischer Sicht.
Ich habe dieses Funktionieren vieler ihrer Aussagen ohne den Glauben immer für eine ihrer Schwächen gehalten. Aber man kann es natürlich auch andersherum sehen.
Ich schließe mich an: Ein bemerkenswerter Kommentar zur Anschlussfähigkeit der theologia gloriae. Nebenbei: Meyer wäre für Atheisten auch deshalb ein Gewinn, weil sie eine Frau ist. 🙂
@Andreas,
Danke. Wenn man von andern lernen kann, ist das ja Sinn der Sache. Man muss ja nicht 100% übernehmen. Frau Meyer ist es vermutlich egal, aus welcher Motivation heraus jemand ihre Verhaltensvorschläge als richtig und nachahmungswert befindet.
@Peter,
klar wäre sie ein Gewinn. Leider ist es ja so, dass gerade Frauen archaische Rituale und antihumane Traditionen maßgeblich weitertragen. Wie man als Frau Katholikin sein kann (bei all dieser offenen Sexualitäts .- und Frauenfeindlichkeit), ist mir ein Rätsel. Ebenso, warum im Islam es gerade die Frauen der Gemeinschaft sind, die ihre Schwestern zur „Sittsamkeit“ sprich Kopftuch/Burka/Hidschab anhalten. Bis hin zu Steinigungen mutmaßlicher „Ehebrecherinnen“. Warum es gerade Frauen sind, die das herrschsüchtige Patriarchat konsequent am Leben halten, indem sie ihre Söhne als Prinzen verhätscheln, Mädchen hingegen als Belastung und Eigentum der Familie empfunden und auch so behandelt werden.
Die FGM (weibliche genitalverstümmelung) wird ausschließlich von Frauen betrieben und sozial durchgesetzt. Und zwar unabhängig, ob Christinnen, Musliminnen oder Anhängerinnen irgendwelcher Naturkulte.
Auf der anderen Seite war ich froh und dankbar, so viele Frauen im Kampf gegen die männliche Genitalverstümmelung (vulgo „Beschneidung“) aktiv zu sehen. Der Anteil weiblicher wie männlicher Beschneidungsgegner hielt sich nach meiner Beobachtung nahezu die Waage.
Wie schon Kant schrieb: „Daß der bei weitem größte Teil der Menschen (darunter das ganze schöne Geschlecht) den Schritt zur Mündigkeit, außer dem daß er beschwerlich ist, auch für sehr gefährlich halte, dafür sorgen schon jene Vormünder, die die Oberaufsicht über sie gütigst auf sich genommen haben.“ (BEANTWORTUNG DER FRAGE: WAS IST AUFKLÄRUNG ? Berlinische Monatsschrift. Dezember-Heft 1784. S. 481-494)
Heute ist es nicht mehr „das ganze schöne Geschlecht“,, sondern nur noch ein großer Teil.
Es besteht also Hoffnung 😉
@Frank: Echt? Mit dem Ansatz wird sich das Missverhältnis kaum ändern lassen…
Naja, zigjahrtausende tradierte Verhaltensweisen ändert man nicht über Nacht. Wir setzen auf Vernunft, das dauert halt. Schau dir mal die Allmacht der Religionen im 18.Jahrhundert an, und deren klägliche Reste heute. Zumeist wird heute auch nur noch in Kapitalismuskritik gemacht, statt missioniert. Die einzigen, die einigermassen noch fundamental gläubig sind (also bereit sind, für Gott zu töten und zu sterben),sind Moslems. Aber auch bei denen wird es mittelfristig Frauen als Imaminnen geben,
Klerikerwahlen durch Gemeinden, ökumenische Gottesdienste usw usw. Das ist sehr gut, weil dann auch der Islam domestiziert wird.
Übrigens gibt es einen ganz aktuellen hpd-Artikel zum obigen Thema:
„LONDON. (hpd) Es erscheint der Redaktion des hpd fragwürdig, ob man Atheismus wie eine Religion zelebrieren soll. Es ist deshalb umstritten, weil „zelebrierende Atheisten“ schnell in den Ruf kommen, sich nicht von ihren religiösen Denkmustern verabschieden zu können. In England sind Einige anderer Meinung. So berichtet das BBC-Magazin in seiner Onlineausgabe über die jüngst eröffnete „atheistische Kirche“ in London.“
http://hpd.de/node/15008
@Frank: Das ist es, was die Diskussionen mit Dir so verwirrend macht. Einerseits unterstellst Du den Religionen ständig, sie seien nur auf Macht aus, andererseits nennst Du es „kläglich“ und bezeichnest es als Niederlage, wenn sie auf Macht verzichten. Mir scheint, Du denkst recht ausschließlich in Kategorien von Macht und Konkurrenz: Wahre Gläubige sind militant und fundamentalistisch, der Rest ist nur halbherzig dabei.
Das eigentlich Spannende an dieser Interpretation ist für mich die versteckte Selbstaussage…
@ Peter
Religionsvertreter sind! auf Macht aus. Finanzielle, politische Macht und Meinungshoheit. Das ist vollkommen legitim, sie sind schließlich Lobbyisten wie alle anderen auch. Michael Schmidt-Salomon von der gbs ist auch Lobbyist, der DGB-Chef ist Lobbyist, der IHK-Präsident und ich ebenso. Nur haben wir halt nicht annähernd den Einfluss und die Mittel der Religionen. Und auf Macht verzichten tun Religionen auch nicht. Sie werden dazu gezwungen. Gesetzlich oder durch gesellschaftliche Entwicklungen.
Und im Verhältnis zum 18. Jahrhundert ist es in der Tat kläglich, was vom Einfluss der Religion übriggeblieben ist. Das ist aber kein Verlust, oder?
Trotzdem gibt es mM immer noch viel zuviel davon, wie man an diesem unsäglichen Beschneidungsbeschluss oder dieser verweigerten Behandlung einer vergewaltigten Frau in einer katholischen Klinik sehen kann. Oder der Fall der indischen Patientin neulich in Irland, der eine Abtreibung verweigert ( „Das ist ein katholisches Land“) wurde und die deswegen starb.
Menschen leiden und sterben, weil Religionsvertreter ihre Dogmen in Gesetze gegossen bekommen. Das geht so nicht mehr weiter. Aber wie gesagt, es ist ein langer Weg…
Hast du eigentlich den hpd-Artikel gelesen?
„Eine Predigt darüber, dass es kein Leben nach dem Tod gibt, dass kriegt man in keiner normalen Kirche zu hören, …“ Ach, schön wär’s!
Aber die Frage dahinter ist wirklich interessant. Immerhin gibt es auch christliche Theologen, die bestreiten, das Christentum wäre eine Religion. Eine Definition, die alles trifft, was als Religion gilt, ist fast unmöglich.
Aber anscheinend ist es so: Wer Religion abschaffen will, muss die Bedürfnisse erfüllen, die sie sonst erfüllt hätte. Das erklärt kommunistische Rituale, vielleicht diese seltsame Londoner Messe, vielleicht auch alles, was im Christentum passiert ist.
Insofern scheint der Atheismus vor der Wahl zu stehen, entweder darauf zu hoffen, dass allein seine Argumente wirken und der Verstand den Rest überzeugt (etwas, worauf schon Menschen mit besseren Argumenten vergeblich gehofft haben), oder den Menschen quasi-religiöse Rituale zu bieten oder immer eine Minderheit zu bleiben.
@Frank:
Ich wundere mich immer wieder, mit welcher Pausbäckigkeit sich der bürgerliche Atheismus als Hort der Humanität geriert. Würde er sich auch nur annähernd ebenso ehrlich mit seiner Kriminalgeschichte auseinandersetzen, wie Christen es tun, dann wäre es eine gute Voraussetzung für ein Gespräch, in dem beide Seiten etwas lernen könnten.
Aber wer so an Wirklichkeitsverlust leidet, dass er meint, sowieso per definitionem auf der Seite des historischen Fortschritts zu stehen, bei dem kann man nur sagen: Gnade Gott – so es ihn gibt – den Menschen – religiös oder nicht – in dem Land, wo der mal an die politische Macht kommt.
@Frank: Was Du oben schreibst, erfüllt in seiner Ausgrenzungs- und Kampfrhetorik, dem Reduktionismus und den platten Projektionen alle Kriterien eines weltanschaulichen Fundamentalismus. Ich finde das genauso armselig wie die christliche oder islamische Variante. Egal, ob mit oder ohne rituelles Feigenblatt.
@Andreas,
hochinteressant (auch für Gläubige) ist folgende Studie dazu:
„Religionslosigkeit in Deutschland – Im Schatten der Wiederkehr der Religionen“
http://www.uni-leipzig.de/~kuwi/wohlrab-sahr/RM-MWS-dt.pdf
@ Walter,
was Sie wohl meinen ist der, an den Kommunismus gebundene, Atheismus mit seiner teilweisen Verfolgung von Religionsvertretern und Gläubigen. In demokratischen Staaten hingegen ins Laizismus (auch in strenger Auslegung) möglich und AtheistInnen bringen niemanden wegen seines Glaubens um. Gläubige hingegen töten auch in demokratischen Staaten „Ungläubige“.
@Peter
Sicher kannst du mir erklären, warum ein weltanschaulicher Fundamentalist wie ich hier diskutiert und argumentiert. Warum gehst du nicht auf meine Beispiele ein, statt hochemotionale individuelle Zuschreibungen zu posten? Man kann doch über strittige Punkte diskutieren, ohne ins persönliche abzugleiten. Ich erfinde doch nix von dem, was ich oben anführe, das sind alles Tatsachen. Mag sein, dass dir das wehtut, aber dafür kann ich nichts. Die Fakten sind, wie sie sind.
@Frank
Na, super Logik! Atheisten töten und verfolgen nicht, solange sie nicht totalitär an der Macht sind. Würde ich an ihrer Stelle auch so machen. In Rechtsstaaten kommt man ja dafür auch in den Knast.
Aber im Ernst: Christen werden für jeden Mist verantwortlich gemacht, den irgendwann mal irgendeine religiöse Instanz verzapft hat. Atheisten sind fein raus, die haben mit ihrer Kriminalgeschichte nichts zu tun. Ich habe wirklich den Eindruck, dass der Atheismus zu den letzten Bastionen von selbstkritikresistenter Ideologie gehört, die wir in der Postmoderne noch haben.
@ Peter,
mekst du den logischen Bruch in deinem Denken? In totalitären Systemen töten und verfolgen alle. Egal ob Gläubig oder Nichtgläubig. In Halb-Demokratien und Demokratien
sind es immer nur Gläubige, die aus religiösen Gründen töten. Kein Imam oder Pfarrer oder Rabbi wird von einem Atheisten bedroht oder gar physisch angegriffen. Ein Atheist hingegen lebt gefährlich, wenn er sich allzu aktiv in Religionskritik übt. Insbesondere, wenn es um Islamkritik geht. Insbesondere, wenn er/sie in einem islamisch geprägten, nominell demokratischem Land lebt.
Meine Beispiele oben sind übrigens auch nicht von „irgendwann mal „, sondern aus den letzten 12 Monaten….
Ich will uns Atheisten jetzt nicht zum Opfer Nr. 1 machen, die meisten Opfer von Gläubigen
sind keineswegs Nichtgläubige, sondern Andersgläubige.
Viel spannender ist allerdings die Frage, ob wir nicht wirklich quasireligiöse Strukturen (halt philosophisch/naturwissenschaftlich geprägt) aufbauen sollten.
Humaistische Gemeinden gründen, Immobilien erwerben, hauptamtliche Philosophen als Quasibischöfe einstellen. Und dann für alles staatliche Zuschüsse verlangen, analog zu den Milliardenleistungen an die Religionsgesellschaften. Schloesslich schreibt das GG die Gleichbehandlung religiöser und nichtreligiöser weltanschaulicher Vereinigungen vor….Privilegien für alle, statt Privilegien abschaffen…. Da kommt ein Laizist schon ins Grübeln… 😉
@Frank
Wahrscheinlich meintest du mit deiner Antwort oben mich und nicht Peter.
„In totalitären Systemen töten und verfolgen alle“ – ok, wenn das so ist, dann können wir ja erst mal einen riesigen Haufen Religions- und Kirchenkritik abräumen, denn die Perioden, in denen die Kirche Inquisition und ähnliches betrieb, waren sicher nicht demokratisch. Schön, dass das jetzt schon mal weg ist.
Und zur Gegenwart: was ich in Atheistenforen an Hass, Häme und Verächtlichmachung lese, das ist schon erstaunlich (und erschreckend). Gott – so es ihn gibt – sei Dank für den Rechtsstaat, der uns davor schützt, dass das zur Tat wird. Selbst in christlichen Hardcore-Blogs (oder den Kommentaren, die man hier bei Peter gelegentlich liest) geht es im Vergleich dazu harmlos zu (ok, ich kenne nicht alle).
Zusammenfassend: es wird Zeit, dass der Atheismus sich seinen dunklen Seiten in der Vergangenheit und Gegenwart stellt. Da ist selbst der Vatikan inzwischen weiter. Auch bei dir sehe ich keine Spur von Einsicht in die Kriminalgeschichte des Atheismus. Stattdessen sind die anderen alle per definitionem potentielle Mörder (und die Atheisten arme Opfer). Ist dieses Muster nicht inzwischen schon reichlich abgenudelt?
@Walter, stimmt. Der Post 10.34 Uhr war falsch adressiert. Ich weiss nun nicht, welche Atheistenforen du meinst. Häme, Verspottung,Verachtung und Verächtlichmachung bis auch über die Grenze des guten Geschmacks kenne ich auch. Den Begriff „Religiot“ beispielsweise wird teilweise inflationär gebraucht. Das ist zwar nicht besonders schön, aber zulässig. Hass wiederum, besonders in einer Form, der deiner Meinung nach den Schutz des Rechtsstaates auf den Plan ruft (Gewaltaufrufe?), würde ich gerne belegt sehen. Bitte belege diese Behauptung doch mit zwei oder drei Links.
Im Gegenzug könnte ich dir jetzt bereits ein Dutzend Bilder posten, wo religiöse Menschen ganz offen mit Schildern auf Demonstrationen zum Mord an Atheisten und Religonskritikern aufrufen…
@Frank
Du weichst aus. Meine zentrale Frage ist, ob der Atheismus sich endlich seiner dunklen Seite und seiner blutigen Kriminalgeschichte stellt, oder ob er weiterhin so tut, als ob er die Weisheit und den moralischen Anstand gepachtet hätte.
Dass du „Häme, Verspottung,Verachtung und Verächtlichmachung“ auch siehst, ehrt dich. Im Blick auf die Geschichte des 20. Jahrhunderts sollte man aber eigentlich wissen, wohin das führen kann.
@Walter,
du weichst aus. Ich habe dich gebeten, deine Behauptung zu belegen.
Das ist zwar möglicherweise interessant, aber doch sehr off topic. Ich würde lieber den Inhalt des Ursprungsartikels weiter diskutieren.
Viel spannender ist allerdings die Frage, ob wir Atheisten nicht wirklich quasireligiöse Strukturen (halt philosophisch/naturwissenschaftlich geprägt) aufbauen sollten.
Humaistische Gemeinden gründen, Immobilien erwerben, hauptamtliche Philosophen als Quasibischöfe einstellen. Und dann für alles staatliche Zuschüsse verlangen, analog zu den Milliardenleistungen an die Religionsgesellschaften.
Privilegien für alle oder Privilegien abschaffen? Das ist die Frage. 14.5 Milliarden Euro kommen jährlich an Steuergeldern den Kirchen zugute. Bald auch noch Milliarden an die islamischen Verbände, die ersten Abkommen werden ja gerade geschlossen.
Das Grundgesetz schreibt in Art. 3 Abs. 3 die Gleichheit vor dem Gesetz und in Art. 140 in Verbindung mit dem nach wie vor geltenden Art. 137, Abs. 7 der Weimarer Reichsver-fassung die uneingeschränkte Gleichbehandlung von Weltanschauungs- mit Religionsgemeinschaften vor.
Frage: Wo soll dann das Geld herkommen, wenn wir Nichtreligiösen uns quasikirchlich organisieren und all diese Subventionen ebenfalls einfordern?
@Frank:
Zu den Belegen: ich will in keine lange Diskussion einsteigen, was noch Verächtlichmachung (erlaubt) und was schon Hass (pfui) ist. Das ist immer Definitionsfrage. Wenn wir uns über „Häme, Verspottung,Verachtung und Verächtlichmachung“ einig sind, ziehe ich den „Hass“ gerne zurück.
Auch so bleibt: du bist nicht in der Lage, zur Frage nach einer Auseinandersetzung mit der Kriminalgeschichte des Atheismus irgendwie Stellung zu nehmen. Das erklärt das hohe Ross des per definitionem rechthabenden Kritikers, auf das du dich setzt. Nur um diesen Stil der Argumentation ging es mir. Wie gesagt, da geht sogar der Vatikan etwas reflektierter mit seiner Vergangenheit um.
Ich wollte hier nicht über den Atheismus als solchen oder die angeblich privilegierten Kirchen diskutieren und beende von meiner Seite aus nun die Diskussion.
@Walter,
Die Frage nach „Erlaubt“ und „nicht erlaubt“ ist aber die Grundfrage jeglicher Debatte und Grundprinzip der Meinungsfreiheit. Wir haben mit der Zivilgesetzgebung wie auch mit dem Strafrecht hervorragende Mittel, mögliche Verstöße von der Justiz in ordentlichen Verfahren klären zu lassen.
Alles andere musst du und ich ertragen. Wer sich über den Stil von Argumentationen beklagt, dem sind i.d.R. die Argumente ausgegangen. Und versucht, via Moralismen den
anderen ins ethisch-moralische Abseits zu stellen und damit Diskursausschluss zu betreiben.
Was die „Kriminalgeschichte des Atheismus“ angeht, nun gut. Schreibe eine! Und dann verlege sie. Und dann wird darüber hoffentlich diskutiert. So wie über Deschners mittlerweile zehnbändige, über 5000 Seiten umfassende „Kriminalgeschichte des Christentums“
@Frank:
„Wer sich über den Stil von Argumentationen beklagt, dem sind i.d.R. die Argumente ausgegangen“
Nein, aber die Lust an einem Gespräch, das auf der Stelle tritt und bei dem zumindest ich schon eine Weile nicht mehr den Eindruck hatte, dass es der Verständigung dient. Gehört auch zur Meinungsfreiheit, dass dann zu beenden.
Salü!
Gerade las ich in unserer Kirchenzeitung von folgender Untersuchung, natürlich aus England:
„Demnach zeigten Personen,die sich als „spritituell, aber nicht religiös“ bezeichneten, öfter Angstgefühle , neurotische Störungen und Anfälligkeit für Drogen als Anhänger etablierter Religionen oder Nichtglaubende.“
Ob das einen Schluss zur Bewertung der atheistischen Versammlungen zulässt?
@Andreas,
dazu habe ich mal eine interessante Beurteilung mehrerer Studien gelesen: „Impulse aus der Positiven Psychologie. für die religionspsychologische Forschung und die therapeutische/seelsorgerliche Praxis“
https://docs.google.com/viewer?a=v&q=cache:ykHxoYvNtDAJ:www.akademieps.de/download/7144-2004-04-16-Abstract%2520Utsch.doc+&hl=de&gl=de&pid=bl&srcid=ADGEESilp2FAhEUlszar372m2xpBTZy8__lU3_UD7iGoVQfXbQCNMTkPWzQARyb0Etn0474HYPWSd0ebHmjQFLKwNqeC6PP6xdF6nfuxUtEr90PCPlJWED01SlpdkMjmY552lY-VXaIl&sig=AHIEtbR6LYDi-DSYPEISYdVXU1m22USNbA
Zum Joyce Meyer fällt mir noch ein, dass die hiesige Eliagemeinde lange sog. Lebensart-Gottesdienste (http://www.lebens-art.net) gemacht, die nahezu ähnlich waren. Nur mit Schauspiel und Musik angereichert. Dort war ich bei vielen Veranstaltungen anwesend, weil ich den Ansatz, soziale/zwischenmenschliche/innermenschliche Konflikte aufzuarbeiten sehr spannend fand. Das würde ich ziemlich deckungsgleich sehen mit Meyer.
Auff offiziell christlicher Seite gibt es ganz handfeste Befürchtungen 🙂
Der Präsident und Gründer des Zentrums für christliche Apologie und Forschung, Matt Slick, hält sie für „gefährlich“: Atheismus sei die ultimative Leugnung Gottes. „Der Teufel versucht durch diese Bewegung die christliche Kirche zu ersetzen“, erklärte er.
http://www.idea.de/detail/thema-des-tages/artikel/atheisten-kirche-moechte-weltweit-expandieren.html
Es gibt leider auch christliche Organisationen in einem bestimmten Spektrum (sic!), deren Geschäftsmodell Paranoia und Untergangsszenarien sind
Hoch interessant finde ich dabei den eindeutigen Bezug auf das Wirken des „Teufels“, welcher ja mittlerweile im Mainstreamchristentum als eher symbolische/allegorische Figur gesehen wird. Nicht als reale Persönlichkeit mit eigenen Zielen. Und während früher die Ketzer und Häretiker (also im Deteil einen anderen christlichen Glauben vertretende Menschen) sowie Andersgläubige (Juden, Moslems,Naturreligionen) als vom Teufel gemacht gelabelt wurden, sind es heutigentags die Atheisten. Übrigens weltweit. Die -andere- Religion wird mittlerweile eher als Mitstreiter im Kampf gegen die zunehmende Säkularisation gesehen.
Wie ist eigentlich der aktuelle Diskussionsstand in der evangelischen Theologie zum Thema Teufel?
Komisch, in der Bibel ist der Menschensohn dazu gekommen, dass er die Werke des Teufels zerstöre. Wer jetzt Angst davor hat, dass der Teufel das Werk des Menschensohns zerstören könnte, hat anscheinend ein anderes Buch gelesen.
Aktueller Diskussionsstand zum Thema „Teufel“: meines Wissens nicht vorhanden. (Ob sich das auf „Diskussionsstand“ oder „Teufel“ bezieht, kannst Du Dir aussuchen. 🙂 )
Ich frage, weil im Katechismus und der Catholica das durchaus als reale Situation gesehen und propagiert wird. Siehe auch: „Papst Johannes Paul II., Generalaudienz 1986 Katechesen über die Heiligen Engel“ http://exorzismus.net/engel_papst2.htm
„Heiliger Erzengel Michael, verteidige uns im Kampfe. Gegen die Bosheit und die Nachstellung des Teufels sei unser Schutz. Gott gebiete ihm! So bitten wir flehentlich. Du aber, Fürst der himmlischen Heerscharen, stürze den Satan und die anderen bösen Geister, die zum Verderben der Seelen in der Welt umherschleichen, in der Kraft Gottes hinab in die Hölle.“ (Papst Leo XIII.)
Also offenbar durchaus noch wirkmächtig, der Teufel?
In der evangelischen Theologie hat sich das seit Luthers Zeiten etwas ausdifferenziert. Generell ist die Alternative „real“ (was auch immer das bedeutet) und „symbolisch“ (dto.) recht unbefriedigend. Eine stimmige Kategorie für solche „Zwischengrößen“ zu finden, die sich in eine sinnvolle Beziehungen zu den Erfahrungen des Bösen setzen lässt, die Menschen machen, ist schwierig.
Die Problematik liegt vor allem darin, dass man mit unbedachtem Reden vom Teufel Menschen entweder dämonisieren oder aber aus der Verantwortung für ihr Handeln lösen kann. Beides hatte immer wieder tragische Konsequenzen. Wobei freilich kein Teufel nötig ist, um vom anderen ein zutiefst düsteres Bild zu zeichnen, das geht auch auf Atheistisch.
Der interessanteste Aspekt dabei ist m.E. der, dass es oft die „Heiligen“ sind, also Menschen mit einer intensiven Gotteserfahrung, die von solchen Begegnungen der finsteren Art berichten. Es ist also eine eher verborgene Dimension, wo sich das abspielt, die etwas hinter der Alltagswelt und den damit verbundenen Bewusstseinszuständen liegt.
Spannende Lektüre zum Thema: M. Scott Peck, People of the Lie. Klaus Berger (inzwischen ja nicht mehr evangelisch) hat auch ein Buch geschrieben. Ich glaube es heißt „Wozu ist der Teufel da?“