Manfred Lütz poltert in Irre – Wir behandeln die Falschen munter gegen die Orientierung an den Sinusmilieus. Er skizziert sie kurz und stellt dann fest:
Es gibt nun Kirchenvertreter, die passgenaue Botschaften in diese Milieus senden wollen. Doch damit ist die Funktion seriöser Religion verkannt. Religion ist eine wichtige Irritation, die die Menschen aus ihrer Alltäglichkeit herausreißen kann. Sie könnte im Grunde all die blödsinnig normalen, gegen anders eingerichtete sorgfältig abgeschotteten Kreise erfolgreich aufmischen. Das hätte Pepp. Dagegen ist eine stromlinienförmig angepasste Softreligion, die genauso blödsinnig normal wird, wie es all die blödsinnig Normalen sowieso schon sind, überflüssig wie ein Kropf.
… der Kitt, mit dem die blödsinnig normalen Sinusmilieus vor allem zusammengehalten werden, ist Verachtung. Die Verachtung der anderen. Zu welchem Milieu man gehört, bemerkt man wohl am intensivsten durch den Widerwillen, der einen in anderen Milieus überfällt. Sich selbst hält man in all seiner eigenen Spießigkeit natürlich für einen Ausbund an Normalität. (S. 22/23)
Tja… Finde ich nachdenkswert… Und vielleicht gar nicht so falsch… Wenn man sich die ersten Gemeinden anschaut: Arm und Reich, Sklaven und Freie, Junge, Alte, Intelligente, Überdurschnittlich Intelligente, nicht ganz so Intelligente (okay… Ich skizziere…)
Vielleicht sollten wir wirklich überlegen, wie Gemeinde aussehen kann, damit alle an einem Tisch sitzen?
Ich denke auch. Das Prinzip „Den Juden ein Juden etc.“ ist m. M. nach aber trotzdem ein wichtiges Prinzip.
Ja, was Lütz hier nicht erwähnt, ist dass das Problem der Milieuverengung aufgrund solcher Sehhilfen (wenn es denn welche werden) für viele erst in den Blick gerückt ist. Oder anders gesagt: Manche haben so endlich verstanden, dass es intelligentes Leben außerhalb des eigenen Milieus gibt…
*ist froh, dass (doch) nicht jeder die Sinus-Milieus für DIE Antwort hält*