Das unterhaltsame Ermittlerduo aus Münster musste im Tatort Tempelräuber gestern den Mord am Regens des Priesterseminars aufklären. Die Suche nach dem Täter war nicht halb so spannend wie das Gekappel der Akteure untereinander. Und weder die Kirchenkritik noch das als Tabuthema gehandelte Problem der Priesterkinder waren nicht schon an anderen Stellen ausgiebig gewürdigt worden. Zwischendurch sagte die sehr blonde Kommissarin während der Vernehmung zum Priesteramtskandidaten, dass Sex wichtig sei für die Seele. Spätestens als er das anhören musste, tat der junge Mann einem leid.
Was der Film aber auch andeutete ist dies: Der Zölibat hat sich als de facto Lebensform doch längst von den Kirchenleuten zu dem Kriminalern hin verschoben. Der lädierte Börne empört sich über die Invasion in seine Eremitage und findet dann so etwas wie Familie doch ganz gut, aber ach – leider war es die (heimliche) Familie des Priesters. Thiel ist und bleibt Single, so wie seine Staatsanwältin, so wie die meisten Kommissare die meiste Zeit – Donna Leons glücklich verheirateter Brunetti scheint die einzige Ausnahme zu sein. Praktisch fürs Plot, dann können die Ermittler sich immer mal wieder in Verdächtige verlieben und die ansonsten lahme Handlung verkomplizieren. Aber es scheint eben auch ins Klischee zu gehören.
Niemand verbietet ihnen zu heiraten (viele waren es ja auch irgendwann einmal), aber vor lauter Arbeit wird nie was draus. Im Zweifelsfall geht die Jagd nach den Schurken eben immer vor. (Fernseh-)Kommissare leben ehelos um unseretwillen. Sie bringen dieses Opfer, um die Gesellschaft vor finsteren Elementen (oder vor sich selbst?) zu beschützen. Das erfordert ständige Wachsamkeit und Einsatzbereitschaft. Private Interessen stehen zurück. Sie haben eine Mission, die keinen Aufschub duldet. Es geht um Leben und Tod.
Fragt sich also, warum die katholische Kirche es nicht einfach der Kripo nachmacht.
Das ist sehr nett! Mir kam gestern beim Tatort auch der Gedanke, dass die Berufung zum geistlichen Dienst und die Berufung zur Karriere doch interessante Parallelen aufweist. Und wenn es am Ende kaputte Familien sind.
Schön beobachtet.vielleicht wollte ich deswegen früher immer Kommissarin werden…
Sehr gut beobachtet 🙂
Freut mich, dass noch mehr Tatort sehen, aber:
Ist das jetzt nicht zu viel Ehre für einen Film, daran eine (Grundsatz-)Diskussion aufzuhängen? Und jemand ein grundsätzliches Umdenken wegen der im Film angesprochenen Apsekte nahe zu legen?
@Gerhard: Ich hatte den „Achtung: Ironie“-Tag vergessen bei dem Post…
Aber ist es nicht gerade das Verbot, was den großen Unterschied macht? Kommissare könnten zumindest, wenn sie wollten, während es ja anscheinend viele Priester gibt, die gerne heiraten würden, und dann im Konflikt zwischen Berufung und Familie stehen…
Ich finde schon, dass der Punkt zu wichtig ist, um lapidar darüber hinweg zu gehen.
Hi Peter, ich zitiere deinen Artikel morgen in einem Workshop zum Thema Burnout. Hoffe, das ist okay. (Soviel zum Thema Grundsatz-Diskussion :D)