Du bist Steve Jobs!

Kaum eine Nachricht hat diese Woche so eingeschlagen wie die erneute, krankheitsbedingte Auszeit von Steve Jobs. Durch sämtliche Kommentare zog sich der Zwiespalt, wie man Jobs‘ Unersetzlichkeit zu bewerten habe. Die einen schrieben, es sei ein Versäumnis, noch immer keinen Nachfolger gefunden oder „aufgebaut“ (was auch immer das in diesem Fall hieße) zu haben. Ein Kommentator formulierte fast trotzig, es gebe bestimmt längst einen Jobs-Nachfolger, er sei nur nicht gefunden. Die anderen resümierten nachdenklich, dass entgegen des grundlegenden Postulats, keiner sein unentbehrlich und jeder müsse ersetzbar sein, hier vielleicht tatsächlich ein ganz bestimmter Mann an einer ganz bestimmten Position nicht zu ersetzen sei, ohne dass das etwas mit Geniekult zu tun haben muss.

Die ganze Diskussion wirft ein Licht darauf, dass unsere Gesellschaft von der Entbehrlichkeit des einzelnen lebt. Führungskräfte, sagen wir mit einem gewissen Recht, haben die Pflicht, sich überflüssig zu machen. Gleichzeitig wissen wir um die panische Angst vor dem Überflüssigsein, die zahllose Menschen dazu drängt, sich mit allen möglichen Tricks und problematischen Manövern unentbehrlich zu machen. Wir reduzieren Personen auf Funktionen, kleine Kästchen in großen Organigrammen. Der Name kann wechseln, das Kästchen bleibt. Firmen feuern und heuern nicht bloß, sie verlagern ganze Produktionsstandorte kreuz und quer über den Globus, mit einem Schlag können hunderte von Menschen ins Heer der Überflüssigen verbannt werden, weil ihre Arbeitskraft nicht mehr gefragt ist. Die Person war es ohnehin nie.

Lang sind die Zeiten der Familienbetriebe vorbei, in denen man von jungen Jahren bis ins hohe Alter gemeinsam lebte und arbeitete, sich auch unter harten Bedingungen, aber trotz höherer Sterblichkeit war dort niemand nur eine ersetzbare Funktion, niemand war überflüssig. Den Umgang vorindustrieller Gesellschaften mit Fremden, Alten oder Behinderten darf sicher nicht verklärt werden. Aber das moderne Mantra „niemand ist unersetzbar“, mit dem heute Entscheidungen durchgedrückt und Angestellte eingeschüchtert werden – inzwischen auch leitende – war dort längst nicht so allgegenwärtig. Mittlerweile ist es aus dem Arbeitsleben auch noch ins Privatleben vorgedrungen, auch da wird (mal mit mehr, mal mit weniger Schmerzen) immer öfter ausgetauscht und ersetzt.

Es ist natürlich legitim zu fragen, wie es bei Apple weitergeht (und in manch einer mittelständischen Firma), wenn der charismatische Gründer abtritt. Vielleicht aber ist das kollektive Unwohlsein dieser Tage auch ein Grund, sich bewusst zu machen, dass aus Gottes Sicht kein Mensch „ersetzbar“ ist. Das gilt zuallererst für die Kranken, Schwachen, Behinderten und scheinbar „Überflüssigen“. Es gilt im Grund aber für jeden einzelnen von uns.

In Gottes Augen bist Du Steve Jobs: Positiv unersetzlich. Ohne dich wäre das Leben nicht mehr das, was es ist. Und dasselbe gilt für deine Mitmenschen.

Share