Während aus Rom wenn schon nicht ökumenische Eiszeit, dann doch eher Stillstand vermeldet wird und so progressive Ideen wie die lateinische Messe ausgemottet werden (für die es garantiert ein Nischenpublikum gibt, aber eben kaum mehr), sammelt der Dalai Lama Sympathiepunkte mit seinem Anlauf zur Gleichberechtigung von Frauen und schlägt den Papst in der Gunst der Deutschen (wäre er nicht nur ein Symbol des friedlichen Widerstands, sondern müsste er als “Gottkönig” Tibet tatsächlich regieren, wäre das womöglich eine andere Geschichte).
Was ich allerdings nicht kapiert habe, ist die Logik der Wiedergeburt. Nachdem sich nun in seinem Bereich des Buddhismus ein Konsens für Frauen abzeichnet, schließt der Dalai Lama nicht aus, dass er eine Nachfolgerin haben könnte und wenn sich die politischen Verhältnisse nicht ändern, sagt er, könne der oder die Neue nicht aus Tibet kommen. Hat denn der Konsens und die Politik eine Auswirkung auf diesen Vorgang? Oder ist “Wiedergeburt” dann doch nur ein anderer Name für eine Wahl, deren Kriterien auch durch solche Umstände bestimmt werden?
Wie auch immer, bedenkenswert ist die Analyse des ZDF zum Hintergrund der Popularität des kleinen Mannes mit der großen Brille:
Die Sehnsucht wächst nach religiösen Führern, die glaubwürdige Antworten oder vielleicht nur Anstöße zur Rechtmäßigkeit des eigenen Handelns bieten. Und wer könnte das besser als der Dalai Lama, das im Exil lebende religiöse und staatliche Oberhaupt Tibets. Seine Anhänger sind davon überzeugt, er sei die Reinkarnation eines Gottkönigs. Das kann man nun glauben oder nicht; warum so viele Andersdenkende aus dem Westen zu ihm strömen, hat vielleicht vor allem einen Grund: Wo sich beim modernen Christen doch hier und da ein Gefühl der Entfremdung von der eigenen Religion einschleicht, stehen der Dalai Lama und seine Religion, der Lamaismus, gerade für die Einheit von Glauben und Leben.
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Tja, wenn der Papst oder irgendein anderer Mensch das Chistentum ausmacht, dann kann man das fast verstehen.
Klingt mir nach sehr objektiver Berichterstattung 😉
Ich habe selbst das mit der „Frauenfreundlichkeit“ des Dalai Lamas noch nicht ganz verstanden, schon gar nicht im Vergleich mit der Rolle der Rau in der christlich und/oder katholischen Geschichte.
Der tibet. Bud. bietet momentan den Frauen nur die Möglichkeit lebenslange Novizinnen zu sein, d.h. nie in den Status einer echten Nonne zu gelangen.
Selbst wenn man mal die progressive Rolle des Christentums zum Thema Frauen in den ersten Jhdt.en bei Seite lässt, fällt doch trotzdem auf: es gab sehr bald selbständig leitende Frauen, meistens Nonnen, die sogar autark Klöster gründen und leiten durften.
Auch ein Blick auf die europäische Kultur- und Geistesgeschichte im dunken (?) Mittelalter zeigt sehr schnell: Wenn Frauen, aus der Rolle der Mutter und Köchin ausbrechen konnten, geschah das in großem Maße im Ordensleben.
Schon im 8./9. Jahrhundert spielten Nonnen eine auserordentlich große Rolle bei der Seelsorge und Förderung der damaligen Eliten.
Da scheint mir die Frauenfeindlichkeit im Christentum von irgendwoher geredet. Für den Protestantismus wird die Lage ja eher noch besser.
(Möchte hiermit nicht alles schön reden! Mir geht es vorangig um den Vergelich mit der Rolle der Frau im so populären Buddhismus.)
Mmhpf. Auch wenn ich sonst ein toleranter Mensch bin und nicht gleich die Bibel schwinge: das Dalai Lama geht mir seit Jahren mächtig auf den Keks. Als grinsender Weichkeks reist er durch die Lande und verkündet – so die FAZ – Platitüden. Seit nett zueinander, die Wahrheit liegt in euch etc… Erklärbar ist die Faszination dieser Person wirklich nur in ihrem Anspruch, Gott zu sein und dennoch so ganz normal. Wobei gerade Männern das ständige Gekicher und Gegrinse mächtig auf den Sack geht. Nur mal so am Rande erwähnt – und das sage ich als ehemaliger Buddhist – der tibetanische Buddhismus ist weit entfernt von der Lehre Buddhas und eine üble Mischung aus okkulten und heidnischen Riten. Keine andere „Religion“ kennt derartig strikte Askese und Einschränkung und Leibfeindlichkeit wie der Buddhismus und eben auch der Buddhismus Tibets. Und dann reist das liebe Dalai Lama nach Hessen und weil der Bischof der katholischen Kirche verhindert ist und nicht zum Flughafen kommen kann, soll der Weihbischof kommen. Doch dies wird von der Delegation des Lamas abgelehnt – das sei kein würdiges Gegenüber für einen Gott (Bericht in der FAZ vor wenigen Tagen). Man kriegt das Kotzen, wie sich die Leute von dieser Figur verarschen lassen.
Ok, ich fahre wieder runter, aber mich machen solche Leute sauer, sie sind wie klebrige Fliegenfänger in einer Bauernküche. Und alle, alle kommen angeflattert.
Kennt noch jemand die alte Kolumne in TEMPO von Maxim Biller: 100 Zeilen Hass hieß sie glaube ich. Nun, das habe ich jetzt hinter mir und ich spüre, wie der letzte Rest heiliger Zorn durch die Tastatur entfleucht und… weg ist. Schönen Montag noch!
Zum Thema tibetischer Buddhismus und Frauen empfehle ich die Lektüre von „Göttinnen, Dakinis und ganz normale Frauen“ von June Campbell. Ist schwääre Kost, aber durchaus interessant!