Beschneidung

Wir haben zwei Apfelbäume. Im Winter hat Martina den einen sachte und den anderen ziemlich rabiat zurückgeschnitten. Der erste ist riesig uns sehr ansehnlich gewachsen, hat aber nur zwei Äpfel getragen. Der andere war ganz und gar voller Früchte. Es hat mich daran erinnert, dass ein Baum “denkt”, dass er angegriffen und existenziell bedroht wird und daher alle Kraft in die Frucht (d.h. einen neuen Baum!) steckt.

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Die letzten Monate habe ich mich manchmal wie der zweite Apfelbaum gefühlt (Ich bin gar nicht sicher, ob das überhaupt je völlig vorbei geht). Von manchen Dingen war ich wie abgeschnitten. Manchmal dachte ich, diesen schmerzlichen Verlust oder jene ernüchternde Einsicht über mich selber könnte ich nicht als glücklicher Mensch überleben, weil es scheinbar an die Substanz ging. Langsam fällt der Groschen im Herzen (es ist ja keine Frage der Theorie): Nämlich dass es nicht darum geht, selber groß und ansehnlich zu werden, sondern Früchte zu tragen, die mich vielleicht noch weit überdauern. Wie es aussieht, brauchen die noch eine Weile.

Liebe Freunde erzählen mir das immer wieder mal, wenn ich niedergeschlagen bin. Aber die beiden Bäume haben mir ein Bild dazu gegeben – und einen Geschmack, denn die Äpfel waren viel besser als alles, was der Supermarkt hergibt. Jetzt halte ich mir dieses Bild vor Augen. Nebenbei: Heute habe ich das Periodical des IGW zum Thema “Leiden” überflogen und viele gute Gedankenanstöße drin gefunden. Danke an Mike und die Autoren!

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