Daran kam auch die SZ nicht vorbei: Rick ist zu dick – und jetzt nimmt er ab. Er wäre aber nicht Rick Warren, wenn er dazu keinen Plan schreiben und ihm einen biblischen Namen verpassen und das Ganze promoten würde. In diesem Fall heißt er „Daniel“, weil der beim persischen König vegetarisch lebte.
Abnehmen ist ja ein eminent biblisches Thema. Ich habe mir überlegt, welche Bibelstellen da in Anschlag gebracht werden könnten. Klassisch natürlich Johannes der Täufer, der im Blick auf Jesus (der war natürlich schlank! – ich habe noch nie ein pummeliges Jesusbild gesehen) sagte:
Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen (Johannes 3,30)
Ergo, so zitiert die SZ Warren, werden Christen Gott eines Tages darüber Rechenschaft ablegen müssen, wie sie mit ihrem Körper umgegangen sind. Gott als der himmlische Weightwatcher, vor dem wir Rechenschaft ablegen über jedes unnütze Wort (Matthäus 12,36) – und überflüssige Pfund? Sind vielleicht nicht nur unsere Haare auf dem Kopf gezählt (Mt 10,30), sondern auch jedes Gramm auf unseren Rippen? Vielleicht erhellt sich auch von hier aus, warum im Alten Testament neben dem Blut oft auch das Fett der Opfertiere auf dem Altar landete? Warum haben eigentlich die Reformatoren, Heiligen und Lehrer der Kirche bisher Levitikus 3,17 ignoriert:
Als feste Regel gelte bei euch von Generation zu Generation an allen euren Wohnstätten: Ihr dürft weder Fett noch Blut genießen.
Und ein paar Verse weiter lesen wir diese eindringliche Warnung
Jeder, der dennoch das Fett eines Tieres isst, das man als Feueropfer für den Herrn darbringt, soll aus seinen Stammesgenossen ausgemerzt werden.
Denn Dicke sind schlechte Menschen, sagt uns die Bibel:
Sie sehen kaum aus den Augen vor Fett, ihr Herz läuft über von bösen Plänen. (Psalm 73,7)
Schon mal gemerkt, dass „fett“ im Neuen Testament ü-ber-haupt nicht vorkommt? Was sagt uns das wohl über den Willen Gottes? Nehemia, ein Zeitgenosse Daniels und selbst im Fasten geübt, schreibt selbstkritisch über das überhebliche Israel:
Sie eroberten befestigte Städte und fruchtbares Ackerland. Häuser mit all ihrem Reichtum nahmen sie in Besitz, ausgehauene Zisternen, Weinberge, Ölbäume und Obstbäume in Menge. Sie aßen sich satt, wurden fett und lebten gut von deinen reichen Gaben. (Nehemia 9,25)
Diese Aussagen haben Gewicht – theologisches natürlich. Es kann sich also nur um einen Übersetzungsfehler der Einheitsübersetzung handeln, wenn dort steht:
Hört auf mich, dann bekommt ihr das Beste zu essen und könnt euch laben an fetten Speisen. (Jesaja 55,12)
Zyniker könnten sich freilich zu der Unterstellung versteigen, dass Warren sich selber hier unter öffentlichen Erfolgsdruck setzen könnte, oder darüber spekulieren, ob Saddleback bald die schlankeste Gemeinde der USA ist, weil alle Übergewichtigen in andere Kirchen abgewandert sind.
Nein, Warren wird sein Fett natürlich abkriegen, und viele andere auch. Und dann gibt’s am Ende der einjährigen Diät ein dickes Lob für alle, die durchgehalten haben. Und ein Buch mit Bildern, Geschichten und Gruppenleitfaden. Und ein Video. Und eine Palette biblisch korrekter Fettigm… Fertigmahlzeiten.
Schade, dass ich mein Abnehmen nicht mit meiner Gemeinde so vermarktet habe. Es waren ja schließlich über 50 kg. Na gut – ich kann damit leben 😉
Die Gemeinde sollte Chesterton als Schutzpatron und Fürbitter für die Aktion gewinnen:
http://www.gkc.org.uk/gkc/pictures/chesterton-4.jpg
…ach nee, sind ja Protestanten 😉
Ich bin immer hin- und hergerissen zwischen Bewunderung und Verwunderung im Blick auf Rick Warren 🙂
Danke für diese biblische Erhellung des fettigen Themas… (Ironie angekommen)!
Wie man die Bibel für alle modernen und postmodernen Themen ausschlachten kann, Rick. Diesen Mut hätte ich nicht mehr. Wissenssoziologisch gesehen funktioniert das nur, wenn du deine Minderheitenwissensschätze (in Deutschland = Bibel) plausibel abstützt. Es funktioniert um so besser, desto besser es faktisch wirkt (Fettfrei….).
Oder wenn es medial (Buch, Film, Bild) abgestützt, sowie gemeinschaftlich (Predigt, 50 Tage Kampagne) gesichert wird. Also alles Umgesetzte Wissenssoziologie?
Ja, eine verschworene Gemeinschaft wird es schaffen.
Gut, wenn es keinen Zwang, keine Gerichtspredigt z.B. gibt. In der Regeln fördern die Nebenwirkungen aber eher Druck .
SCHADE, DASS dies von den Aussenstehenden wahrgenommen wird:Die Christen lügen sich was in die Tasche…
Ehrlicher ist es, wenn solche „ABNEHMWUNDER“ nicht allein Gott in die Schuhe geschoben werden. Sicher hat er einen guten Anteil, wenn ein Mensch sich zu seinem Besseren aufmacht.
Ich wünsche ihm ja von Herzen Erfolg beim persönlichen Kalorienkreuzzug, und wenn es andere ermutigt, schön. Nur frage ich mich, ob der Rat aus der Bergpredigt zu Fasten und Gebet mit dem stillen Kämmerlein (wie auch der zum Almosen mit rechst und links) hier nicht auch greifen könnte.
Mich würde es interessieren, ab wann man nach biblischem Maßstab als übergewichtig gilt. Ab 7 Kilo mehr als Normalgewicht oder eher 12 Kilo? 144 (oder waren es 144.000?)?
Und wer bestimmt, was das Normalgewicht ist? Etwa die Welt mit ihrem Zeitgeist? Und schließlich, sofern Gott dies im Gericht berücksichtigen sollte (apropos „Gericht“…), gilt Gnade gegenüber denen, die einen besonders schweren Knochenbau hatten?
Fragen über Fragen… biblisches Abnehmen ist wahrlich schwer.
Super Exegese, Peter! 🙂
Bleibt zu hoffen, dass es nicht noch als Buch vermarktet wird – „Laben mit Vision“ oder „Lecker mit Vision“? 😉
„Lecker mit Vision“ ist ein sehr netter Titel. Oder „Schlanker mit Vision“?
ich habe diesesn artikel und die biblischen „argumentationen“ einfach genossen. das nenne ich humor! vielen dank!
andy
Danke für den erhellenden Artikel. Ich war fast bereit mich dem Kalorienkreuzzug (toller Begriff) anzuschließen. Jetzt bleibe ich wohl auf meinen Pfunden sitzten und warte
stattdessen auf Schlemmen mit Vision.
Ich komme mal aus einer ganz anderen Ecke: ich beschäftige mich seit langem mit Gesundheit und Ernährung – und bin zutiefst fasziniert, was es seit Kurzem so an neuen „Entdeckungen“ in der medizinischen Welt gibt, die eigentlich schon uralt sind: Wir sind nämlich – nur noch nicht ganz so extrem wie die Amerikaner – auf dem Weg in eine Epidemie, oder sogar mehrere …
Habt ihr den Spiegel Artikel 10/2013 gelesen? „Die Menschen-Mäster“ … In ihm wird sehr deutlich, dass wir zunehmend von einer „Nahrungs“mittelindustrie gefüttert werden, die sich nicht um unsere Gesundheit schert und von einem Gesundheitswesen behandelt werden, die sich nicht um unsere Ernährung schert (Mark Hyman). Wir haben ein RIESENproblem an der Backe – und in Amerika wachen die Menschen und auch viele Ärzte immer mehr auf, was man von Deutschland noch nicht ganz so sagen kann, weil es bei uns eben noch nicht ganz so schlimm ist.
Unsere „Nahrung“ nährt aber unseren Körper auch hier schon lange nicht mehr und die Folgen sind fatal! Ich suche seit langem nach Christen, die auch zu diesem Thema aufwachen, denn wir haben uns schlichtweg sehr weit von dem entfernt, wie Gott uns ursprünglich gemacht und gedacht hat – unser Köper ist ein echtes Wunder und braucht genau den „Treibstoff“, den Gott dafür gedacht hatte. Für jeden, der sich tiefer mit Ernährung und Gesundheit beschäftigt, wird die Verbindung zwischen den beiden glasklar.
Ich bin dann auf Rick Warren gestoßen – und ihr mögt ja gerne eure Kritik an ihm äußern, ich bin jedoch dankbar, dass es jemanden gibt, der dieses äußerst brisante Thema, dessen fatale Auswirkungen uns auch hier in Deutschland bereits überrannt haben (ich sehe es beruflich in Kindern jeden Tag), ohne dass viele es merken, ENDLICH mal unter Christen anspricht.
Ich sehe seinen Daniel Plan nicht als Diät, an die man sich als Christ halten „muss“ (Warren übrigens auch nicht), sondern als sehr gute und fachlich fundierte Anregung, sich wieder mehr in die Richtung zu bewegen, die Gott schon immer für uns vorgesehen hatte. Unser Körper funktioniert mit Abstand genialer, wenn wir ihm den für ihn gedachten Treibstoff zuführen! Probiert es mal aus, ihr werdet wirklich Erstaunliches erleben! Ich habe es zuerst ausprobiert und dann Warrens Plan gefunden – und bin begeistert!
P.S. Noch zwei Sätze aus dem Spiegel Artikel, die deutlich machen, was bald auch hier allgemein bekannter werden wird: unsere „Nahrung“ ist zum Suchtmittel geworden! „Mit viel Fett, Salz und Zucker macht die Lebensmittelindustrie ihre Produkte attraktiv und ihre Kunden süchtig. Kritiker vergleichen die Gesundheitsrisiken der Fresslust mit den Gefahren von Alkohol und Tabak.“ Die Macht der Nahrungsmittelindustrie wird inzwischen tatsächlich mit der der Tabakindustrie verglichen – berechtigterweise. Es ist wirklich ein Thema, dem wir uns als Christen viel mehr zuwenden sollten, da das Leiden der betroffenen Menschen unbeschreiblich ist und in alle Lebensbereiche eindringt! Gott jedoch hat uns zur Freiheit berufen – und die Antwort liegt in „Gottes Nahrung“, in der tatsächlich immer mehr Menschen wieder zur Freiheit zurückfinden – und Nick Warren ist der erste, den ich als Christ auf diesem Weg gefunden habe. Ich hoffe und bete, noch viele mehr zu finden oder für dieses Thema sensibel zu machen 🙂