Bibelschnipsel

In den letzten Jahren hat sich mein Verhältnis zur Bibel in vieler Hinsicht geändert. Das mit Sicherheit spanndendste Moment in dieser Entwicklung ist, dass ich viel mehr Zusammenhänge und Bezüge sehen kann. Es kommt mir vor wie ein kunstvolles Geflecht.

Dass ich vieles erst jetzt sehe, mag eine Sache des Alters und der Erfahrung sein. Aber vielleicht musste auch die Losungsbuch-Mentalität, die einen dazu verleitet, die Bibel als Sammlung von Spruchkartenversen zu sehen (einschließlich Tauf- und Konfirmationssprüche), Platz machen. Hier mein Bekenntnis: Ich lese seit zehn Jahren keine Losungen.

Konkordanzen helfen nicht wirklich dabei, das Wirrwarr der Puzzleteilchen zu organisieren. Im Gegenteil, oft kommt nur noch größere Verwirrung heraus, weil dasselbe Wort je nach Zusammenhang ganz unerschiedliche Aspekte ausdrücken kann. Die Bibel ist ein geschichtliches Buch, die „Logik“ liegt also in der Erzählung, und der Struktur dieser Erzählung.
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Geht’s zur Abwechslung auch mal auf Deutsch?

Ich hätte als einer, der liebend gern Englisch liest und spricht, nie gedacht, dass ich diese Zeilen einmal schreiben würde – und daherreden wie meine Oma. Aber so schön Englisch sein kann und so schön Deutsch ist – die Mischungen sind es nicht! Ungefähr so, wie wenn man eine Flasche guten Rotwein und eine flasche guten Weißwein zusammenkippt: Es kommt kein toller Rosewein dabei heraus…

Flattert mir doch beispielweise heute ein Prospekt auf den Schreibtisch, in dem „Deutscher Worship mit Drive“ angepriesen wird. Wenn doch schon das Besondere an der Nachricht ist, dass die Produktion deutsch ist, wären da nicht ein paar deutsche Attribute angebracht?

Aber es sind nicht nur die Freunde vom frommen Marketing: Gestern sagte Olli Kahn im Interview, das Spiel um Platz 3 beim Confederations Cup sei „der nächste Step“. Gut, auch Olli wird kein Deutschlehrer mehr werden, und auch sonst scheint er nicht mehr ganz so viel Vorbild sein zu wollen. Hoffentlich stumbelt unser Idol auf diesem Step nicht. Welcher Fan würde ihn dann noch mit Drive worshippen wollen?

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Wie natürlich ist eigentlich organisch?

Christian A. Schwarz hat mit seinem Konzept natürlicher Gemeindeentwicklung unter Praktikern großen Zuspruch gefunden. Vieles, was er schreibt, leuchtet unmittelbar ein und trifft den Nerv der Zeit: Weg vom mechanistischen Denken und starren „Modellen“ und so weiter. Die schönen bunten Diagramme tun ein Übriges. Wenigstens lesen ihn so auch viele, die sonst keine Büchwerwürmer sind.

Als ich letztes Jahr eine Arbeit über seinen Ansatz las und mich an ein paar Stellen informierte, kamen mir eine Reihe von Fragen.
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Liebe und Wahrheit

Diese Woche haben wir einen Abend lang das Thema „Wahrheit“ diskutiert. Eher von der philosophischen Richtung her denn von bestimmten Bibelstellen. Es war recht deutlich, dass der moderne positivistische Ansatz von Objektivität heute nicht mehr trägt. Wir können nicht ernsthaft zurück zu dieser naiven Weltsicht und ihren haarsträubenden Reduktionen (Die Welt/der Mensch/das Leben ist „nichts als…„).

Wahrheit lässt sich aus persönlichen Bezügen herauslösen (die sie immer in gewisser Weise relativieren, wenn auch nicht völlig). Jede Wahrheit ist „irgendjemandes Wahrheit“. Wenn N.T. Wright eine „Epistemologie der Liebe“ vorschlägt, dann wird genau die Illusion neutraler Objektivität aufgegeben. Vielleicht bedeutet es auch, wie Paulus in 1.Kor 13 zuzugestehen, dass unser Erkennen fragmentarisch ist. Deshalb braucht der einzelne die Gemeinschaft, aber auch die verschiedenen (Kirchen-) Gemeinschaften sich gegenseitig und natürlich lernt „die“ Kirche von der sie umgebenden Kultur, selbst wenn diese gar nicht christlich sein sollte – in der Bibel kann Gott durch Esel und heidnische Armeen sprechen, wenn niemand die Wahrheit hören will.
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Begriffsklärungen: „Emergent“

Nun wo Dan Kimballs Buch „the emerging church“ auf den Markt kommt, sind spätestens die Begrifflichkeiten zu klären. Vielleicht ist diese Anmerkung von Michael Welker dabei ganz nützlich – sowohl was das Vokabular als auch was die Denkrichtung und den damit verbundenen Anspruch an sich selbst angeht:

Als »emergent« bezeichnen wir Konstellationen, Zustände und Strukturen, deren Auftreten nicht aus vorausgehenden Konstellationen, Zuständen und Strukturen abgeleitet werden kann, obwohl sich mannigfaltige, beide Zustände bestimmende Elemente in ihnen durchhalten. Von emergenten Ebenen der Realität aus »wird die Welt neu gesehen« (…). Neu gesehen wird aber auch die vergangene Welt und die vormalige Identität der Elemente der Emergenz. Und es muss hinzugefügt werden: Es bleibt auch gar nichts anderes übrig. (M. Welker, Gottes Geist, S. 38)

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Vorsicht, eine Organisation!?

Eine schönere Illustration für den Gedankengang von gestern hätte ich mir gar nicht ausdenken können: Emergent US hat einen Hauptamtlichen eingestellt. Riesenfehler: Man verwandte unbedarft den Begriff „Director“. Ein Sturm der Entrüstung brach aus: Es gehe gar nicht um Beziehungen, hier werde unter der Hand eine Denomination gegründet (warum das schlecht wäre, wenn es so wäre, brauchte man gar nicht zu begründen).

Heute hat emergent US korrigiert: Der Direktor ist „nur“ ein Koordinator. Das wird nur manche beruhigen, andere werden ein taktisches Manöver darin sehen und noch misstrauischer werden.

Fakt bleibt, dass Wachstum (und das erlebt emergent US erfreulicherweise!) mehr Koordination nötig macht. Damit auch mehr Organisation und, richtig, auch Leitung. Auch das ist ja nicht weiter schlimm, so lange man nicht prinzipiell und zwanghaft antihierarchisch denkt.

Vielleicht sollten manche der Beteiligten, statt Unkenrufe abzusetzen, doch mal die eigenen Denkvoraussetzungen überprüfen. Es könnte sich herausstellen, dass gerade die, die jede Art Hierarchie beklagen (meist selber „Leiter“ von irgendwas), sich gegen einen notwendigen Entwicklungsschritt stemmen. Meine Familie ist eine Wachstumshierarchie. Irgendwann werden aus ihr neue Familien entstehen. Bis dahin habe ich aber eine gewisse Pflicht, gute Ordnungen zu schaffen und aufrecht zu erhalten, damit wir als Familie wachsen, die Kinder (und wir Eltern) uns gut entwickeln.

Anders geht es ganz offenkundig nicht. Alles Gute, Tony Jones, für den Job bei emergent!

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Richtige und „falsche“ Rebellen

Der Philosoph Ken Wilber hat sehr treffend analysiert, wie postmoderne Dekonstruktion und Pluralismus der „kulturell Kreativen “ (also just die von Paul Ray so bezeichnete Gruppe, in der ich jüngst im Weltbild-Test gelandet bin…) ins Leere laufen können: „Bei dem noblen Versuch (…), über die konformistischen Regeln hinauszugehen (von denen viele in der Tat unfair und ausgrenzend sind), und in dem ehrlichen Wunsch, eine starre Rationalität aufzubrechen (die in vieler Hinsicht repressiv und verdummend sein kann) – also in dem bewundernswerten Bestreben (…), postkonventionell zu werden -, hat es oft jegliches Nichtkonventionelle propagiert. Und zum Nichtkonventionellen gehört nun einmal (…) vieles, das eindeutig präkonventionell, rückschrittlich und narzisstisch ist.“ Anders gesagt: Wer bei allen aneckt, kann manchmal auch den „richtigen“ Gegner bekämpfen. Er ist damit aber noch immer kein Wohltäter, weil es ihm nur um den eigenen Vorteil gegangen ist.

Offenbar ist dieser Narzissmus auch eine Gefahr mancher neuer Ansätze von Kirche. So hat mehr als eine Gemeinde, die ich kenne, Schwierigkeiten bekommen, etwa mit dem typisch postmodern-dekonstruktivistischen Ansatz von Jim Thwaites, der institutionelle Kirche als „Konstrukt“ (!) bezeichnet, das geradezu verhindert, dass der einzelne Christ seine Rolle in der Gesellschaft wahrnimmt und erfüllt. Thwaites vermeidet es, seinerseits konkrete Modelle für die praktische Umsetzung seiner Thesen zu formulieren. Aber wo diese Theologie nun auf frustrierte oder unreife (eben narzisstische) Individuen trifft (ähnlich kann man auch mit Hauskirchen-Theologie verfahren), da wird mit einem seltsamen Eifer „reformiert“. Nur ist es eben oft leicht zu sagen, wogegen man ist, aber viel schwerer, wofür man dann positiv steht.
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Sinnlose Rechtfertigungen

Immer wieder mal werde ich auf verschiedene Kritiken am Alpha-Kurs angesprochen und gefragt, ob ich eine Antwort geben würde. Nun gibt es sicher viel Kritik, die eine Antwort wert ist. Leider gibt es aber auch etliches, zu dem man einfach besser schweigt.

Dazu gehört die Kritik aus dem biblizistisch-fundamentalistischen Lager. Sie zielt per Definitionen schon darauf ab, alles was nicht ins Konzept passt als „unbiblisch“ hinzustellen. Das ist bei den kleinkarierten Auslegungsmethoden kein Problem. Alpha steht damit in einer Reihe mit – als „evangelikal“ getarnten – Verführern wie Willow Creek oder ProChrist.
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Vater-Freuden

Die Wissenschaft hat festgestellt … dass es tatsächlich gesund ist, Vater zu sein und eine Familie zu haben. Das hat zumindest Prof. Eickenberg aus Dortmund nachgewiesen. Männer bleiben dank ihrer Kinder mehr in Bewegung, leben gesünder und profitieren obendrein noch vom „Anti-Ageing-Effekt“ durch regelmäßigen Sex (zumindest eben regelmäßiger als bei Singles oder wechselnden Partnern).

Kein Wunder, dass zu solchen (unser Kultur doch recht fremden) Idealen wie „alt und lebenssatt“ Kinder unbedingt dazu gehören. Das wäre eigentlich mal ein Kapitel wert in „Forever Young“. Oder, Herr Dr. Strunz?

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In memoriam Käthe Banzhaf

Als ich letzten Dienstag Abend am Totenbett unseres „Mileins“ in Streitberg stand, war das ungewöhnlichste an ihr die völlige Regungslosigkeit. Vermutlich wird jeder bestätigen, dass sie stets einen unermüdlichen Bewegungsdrang an den Tag gelegt hatte.

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Meine ersten Erinnerungen sind Samstagabende, die ich als Kind alleine bei ihr in eine Häkeldecke gehüllt mit Fernsehen (wir hatten keinen zuhause) und einem Becher Joghurt verbracht habe, dass sie mich nach einer Mandeloperation im Alter von 4 Jahren in der Klinik besuchte und ich ihr vor Heimweh bis auf die Straße nachlief, oder dass ich in ihrem Hof Rad fahren lernte. Ich war es auch gewesen, der ihr bei meinen ersten Sprechversuchen den Spitznamen Milein verpasste (Omi – eine Silbe weg und eine andere dazu), auf den sie immer stolz war.

Erst später habe ich entdeckt und verstanden , dass ihr Leben von schweren Zeiten geprägt war.
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So weit die Füße tragen

Es waren nur etwa 31 km und nicht ganz 2 1/2 Stunden beim Städtemarathon Erlangen-Herzogenaurach, dann wollte zumindest der linke Fuß plötzlich nichts mehr tragen. Und nachdem das Laufen an sich antrengend genug ist (zumal auf dieser Strecke, die ich mir ganz sicher kein zweites mal zumuten werde), bin ich ausgestiegen.

Schade. Die ganze Training der letzten Wochen, der verpasste Zieleinlauf (die Zeit wäre passabel gewesen, wenn ich einfach so weiter gelaufen wäre). Vielleicht war die Dämpfung im Schuh schon hinüber und ich habe es nicht gemerkt, weil ich sonst nur im Wald laufe. Vielleicht hätte ich am Freitag nicht so lange feiern sollen – aber das musste einfach sein.

Auf der anderen Seite: Es ist wenigstens vorbei. Ziel nicht ganz erreicht, aber ich kann mir ein neues setzen (z.B. eine andere Distanz oder einfach eine flachere Strecke). Wenigstens war das Wetter heute ideal zum Laufen und solange es gut ging, konnte ich es ein bißchen genießen. Das Leben geht weiter und dem Fuß geht es schon wieder gut.

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Reifenwechsel, oder: Zur dunklen Seite der Macht?

Ein heftiges Erdbeben für die Mac-Gemeinde kam gestern abend aus Cupertino: Apple-Boss Steve Jobs läuft über zu Intel, weg von IBM. Es ist eine durch und durch pragmatische Entscheidung, aber sie löst ein mittleres Erdbeben bei all jenen Fans aus, die den Goliath Intel bisher als feindliches Imperium betrachtet haben, gegen das Davids wie Apple (angeführt von „Steve Skywalker“) rebellieren. Hat die dunkle Seite der Macht nun triumphiert, indem sie den Widerstand korrumpiert?

Ich sehe es auch lieber pragmatisch: So lange Macs benutzerfreundlich und sicher bleiben wie kein anderes System auf dem Markt (und wer wollte das bestreiten?), soll hinter der ästhetischen Außenhaut doch alles ticken dürfen, was schnell und stabil genug ist. Von Ferrari erwarten die Fans ja auch, dass es Bridgestone kündigt, wenn die Reifen nicht konkurrenzfähig sind. Mein Weltbild kann solche Erschütterungen verkraften 😉

(Diese Zeilen entstanden auf einem iMac unter MacOS 10.4 „Tiger“)

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Nochmal Weltbild: Schlösser und Magie

Mir ist ein merkwürdiger Fall magischen Denkens begegnet: In meiner Familie werden Fahrradschlösser wie eine Art Talisman oder Fetisch behandelt, als würden sie durch ihr bloßes Vorhandensein Diebe in die Flucht schlagen. Man wickelt sie um die Sattelstütze wie man Knoblauch gegen Vampire hinhängen würde.

Skeptiker und Rationalisten wie ich, die darauf hinweisen, dass man ein Rad auch tatsächlich durch den Rahmen und die Speichen hindurch abschließen muss, um wirklich zu verhindern, dass der Drahtesel geklaut wird, ernten genervtes Achselzucken. Schließlich stehen die Räder ja noch da, oder?

Frage an alle Philosophen unter uns: Ist das nun eine prämoderne oder postmoderne Mentalität? Oder habe ich das einfach missverstanden?

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Weltbild-Test

Endlich hatte ich ein paar Minuten Zeit, den beliebten Weltbild-Test zu machen. Hier ist mein Ergebnis – Ihr könnt es mit dem Euren vergleichen:

You scored as Cultural Creative. Cultural Creatives are probably the newest group to enter this realm. You are a modern thinker who tends to shy away from organized religion but still feels as if there is something greater than ourselves. You are very spiritual, even if you are not religious. Life has a meaning outside of the rational.

Cultural Creative

75%

Postmodernist

63%

Idealist

38%

Modernist

38%

Fundamentalist

38%

Existentialist

31%

Romanticist

25%

Materialist

6%

What is Your World View? (updated)
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