Wer diesen Blog öfters liest hat vielleicht meine Abneigung gegen plumpe “Steinzeit-Theorien“ mitbekommen, die zur Erklärung der Unterschiede zwischen Frauen und Männern herangezogen werden. Für mein Empfinden wurden da wahllos und willkürlich Vermutungen angestellt und moderne Stereotypen zurückprojiziert. Etwa die Vorstellung, die Frauen hätten in der Höhle Feuer und Kind gehütet, während die Männer hinaus zogen in die große Welt, weshalb sie auch heute noch besser einparken, sich dafür im Kühlschrank nicht zurechtfinden. Solche (wenigstens im Blick auf heutige Verhältnisse) fixen Ideen hat nun ein Forscherteam widerlegt: Bei den frühen afrikanischen „Vorfahren“ des homo sapiens kamen die Frauen deutlich weiter herum als die Männer.
Ein andere Abneigung gilt den gelegentlich arg funktionalen und simplen „Erklärungen“ zum Ursprung von Glaube und Religion. Und auch hier scheint sich eine Wende anzudeuten. In der aktuellen Ausgabe berichtet National Geographic von den Ausgrabungen in Göbekli Tepe, unweit der Quelle von Euphrat und Tigris. Dort wird gerade die älteste Tempelanlage der Welt ausgegraben, und die Funde deuten darauf hin, dass die bisherige Annahme – Ackerbau führt zur Siedlungsgründung und diese ist die Voraussetzung für die Entstehung der ersten Religionen – revisionsbedürftig ist. Es könnte gut sein, dass „Religion“ der Grund dafür war, dass viele Menschen sich versammelten und Ackerbau in größerem Stil nötig wurde, um sie zu versorgen.
Menschen sind also nicht einfach irgendwann religiös geworden, vielleicht waren sie es schon immer – was im Umkehrschluss auch bedeuten könnte, dass sie es womöglich auch bleiben und kaum als „Krankheit“ (Dawkins etwa spricht polemisch von einem „Virus“) gedeutet werden können, die eine ursprünglich „gesunde“ Menschheit irgendwann einmal befallen hat. Der deutsche Archäologe Klaus Schmidt sagt im Interview kurz und knapp: „Der Mensch hatte immer religiöse Gedanken. Das unterscheidet ihn vom Tier.“
Vielleicht gibt es früher oder später auch wieder andere Entdeckungen und neue Thesen. So oder so finde ich es gut, dran zu denken, dass es in all diesen Fragen keineswegs immer so einfach und eindeutig ist, wie es oft dargestellt wird.
Amen, Bruder! 🙂