Christsein in einem zunehmend pluralistischen Umfeld stellt einzelne und Gemeinden vor die Aufgabe, sich ständig zu erklären, zu definieren und zu positionieren. Ein paar Freunde haben von Begegnungen bei Miteinander für Europa berichtet, die sie als bereichernd, aber auch als herausfordernd und (freilich eher in Kleinigkeiten) auch verunsichernd empfanden.
Man kann nun den Ansatz wählen, dass man jeden, der sich nicht ausdrücklich distanziert, als potenziellen Partner betrachtet oder aber jeden, der sich nicht ausdrücklich zum eigenen Anliegen bekennt, als Konkurrenten. Je nach Prägung und Persönlichkeitstyp fällt der eine eher auf der inklusiven und der andere eher auf der exklusiven Seite vom Pferd. Im Lukasevangelium finden wir die beiden Pole ganz nah beisammen:
Lukas 9,50: Denn wer nicht gegen euch ist, der ist für euch
Lukas 11,23 Wer nicht für mich ist, der ist gegen mich
Ich muss gestehen, im Kontext habe ich keine situative Aufschlüsselung gefunden. Wenn Lukas geahnt hätte, für welche Verwirrung das noch sorgen würde, hätte er vielleicht noch ein paar Notizen eingefügt. So müssen wir uns nun den Kopf zerbrechen:
- Ist das also eine unauflösliche Grundspannung? Und wie werden wir dem dann praktisch gerecht?
- Können wir zum Beispiel Bono und Grönemeyer im Kampf gegen globale Armut folgen oder brauchen wir eine eigene, “fromme” Initiative? Brauchen wir vielleicht beides und vernetzen es dann irgendwie?
- Ist nur der Christ, der die entsprechenden rituellen Stationen absolviert hat und das “richtige” Bekenntnis aufsagt? Oder ist Glaube so eine mystische, undefinierbare und Herzenssache, dass man das nie genau wissen kann und schon gar nicht beurteilen darf?
Kleine aktuelle Fußnote: Die französischen Sozialisten fanden es gar nicht lustig, dass Präsident Sarkozy einen der ihren zum Außenminister machte und streben nun den Parteiausschluss von Bernard Kouchner an. Ein Glück, dass es solche Engstirnigkeit nur in der Politik gibt…
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Der entscheidende Unterschied ist m.E., dass es einmal um die Jünger und das zweite Mal um den Meister selbst geht… In der ersten Begebenheit weist Jesus das Ansinnen seiner Jünger auf ein „kirchliches Monopol“ zurück. Es gibt auch noch andere, die – wenn auch nicht in unserem Wanderclub – so doch auf dem gleichen Weg sind. Ähnlich äußert sich ja Paulus auch in 1. Kor 3.
In der zweiten Stelle geht es nun aber tatsächlich um das Entscheidende: Wie stehe ich zu Christus, dem lebendigen Wort Gottes ? Christlicher Glaube ist – zumindest wenn man die Aussagen des NT betrachtet – keine „mystische, undefinierbare und Herzenssache, dass man das nie genau wissen kann „. Es gibt sicher viele mystische und individuelle Herzensdinge, die jeder auf seinem Weg mit Jesus erlebt ((en) sollte… ) Im Kern aber geht es um das Eine: Apg 4, 12: „kein anderer Name unter dem Himmel ist den Menschen gegeben, in dem wir gerettet werden müssen.“
So bekomme ich dann auch Bauchschmerzen, wenn „christliche Kirchen“ in ihrem Leitbild geltend machen, dass jeder, der sich auf irgendeiner spirituellen Reise befindet (ob nun Jesus oder Shiri Bagghatavativa ) vollwertiges Mitglied sein kann. Das alleinige Heil in Christus ist der unaufgebbare Nucleus des christlichen Glaubens. Und hier scheiden sich bekanntlich die Geister…
Zum Beurteilen werden wir im NT vielfältig aufgefordert, das Verurteilen ist das Übel ! Die Grenze ist nicht einfach auszuloten…