Walter Wink wundert sich, und er ist wohl kaum der einzige:
Wie ist es möglich, dass buchstäblich Milliarden von Menschen es zulassen, hereingelegt und abgezockt zu werden von kleinen elitären Zirkeln, die sich auf Armeen stützen, die bei weitem nicht ausreichen um die Weltbevölkerung zu unterdrücken? Bestimmt ist das das größte politische Mysterium aller Zeiten: das regelmäßige Versagen der Massen, ihre zahlenmäßige Überlegenheit auszunutzen, um ihre Unterdrücker abzuschütteln. (Engaging the Powers, S. 87)
Über Hintergründe und Ansätze zu einer Antwort werden wir uns am Samstag hier unterhalten.
Wirklich verstehen kann ich es auch nicht, aber eine Rolle spielt sicher, dass alle geschickteren Unterdrücker es verstehen, der Mehrheit das Gefühl zu vermitteln, sie hätte etwas zu verlieren und würde vom System profitieren. Sei es das Haus, ein paar Aktien, armselige Zinseinkommen auf etwas Erspartes – in Wirklichkeit zahlt die große Mehrheit wesentlich mehr Zinsen als sie bekommt – etwa 30 Prozent aller Einkünfte müssen für Zinsen aufgewendet werden, versteckt in Steuern und Preisen der Produkte -, sei es die Stellung in der gesellschaftlichen Hierarchie – „Mittelstand“ – „Sollen denn etwa alle arm sein?“ oder sei es nur der so mies bezahlte Job, mit dem man nur mit Aufstockung vom Amt über die Runden kommt – den könnte man ja auch noch verlieren. „Besser der Spatz in der Hand …“ – was man gewinnen könnte, was alle gewinnen könnten, sieht man vor lauter auf die Schlange starren nicht mehr. Hinzu kommt: Wir Christen haben es ja gut, wir sind nicht von dieser Welt und identifizieren uns nicht in dieser Tiefe mit Systemen welcher Natur auch immer. Wer aber Jesus nicht hat, braucht einen Ersatz, etwas woran er sich halten, woran er gleuben kann. Und nach oft vielen Jahren Einsatz für eine Sache, eine Idee, eine Ordnung zu erkennen, dass man getäuscht und auf´s Übelste ausgenutzt wurde, ist sicher sehr schmerzhaft, da gibt es sicher eine Blockade, die das Sehen der Realität verhindert.
@Zeder: Hm. Wenn man die Verstrickungen von Christen mit autoritären Regimes von Pinochet bis Assad ansieht, wenn man ihren Nationalismus von Kaiser Wilhelm bis zur Teaparty verfolgt, dann kann man auch zu anderen Schlüssen kommen. „Wir Christen“ sind eben nur zu oft viel zu sehr Teil des Systems.
Ja, das ist leider wahr. Die Bibel nennt das Hurerei. Und niemand von uns ist frei davon. Deshalb habe ich bewusst provokant, schwarz-weiß formuliert, den Idealzustand beschrieben als Anreiz und Ermutigung, sich des sichersten Standpunktes der Welt, den wir in Jesus haben (können) wieder neu oder überhaupt erst bewusst zu werden um Mut zu machen, falsche Sicherheiten (immer mehr) loszulassen und dadurch auch frei(er) zu werden. Etwa im Sinne dieses Liedes von Gottlob Lachenmann (Strophe 1) und Hedwig von Redern (Strophen 2-5)
1. Wir haben einen Felsen, der unbeweglich steht. Wir haben eine Wahrheit, die niemals untergeht. Wir haben Wehr und Waffen in jedem Kampf und Streit. Wir haben eine Wolke von Gottes Herrlichkeit.
2. Wir haben eine Speise, der Welt hier unbekannt. Wir haben einen Schatten im heißen Sonnenbrand. Wir haben eine Quelle, die niemals je versiegt, wir haben Kraft zum Tragen, die keiner Last erliegt.
3. Wir haben einen Tröster voll heiliger Geduld, wir haben einen Helfer von liebevoller Huld. Wir haben eine Freude, die niemand von uns nimmt, wir haben eine Harfe, vom König selbst gestimmt.
4. Wir haben eine Zuflucht in jedem Sturm und Not, wir haben einen Reichtum, der nie zu schwinden droht. Wir haben eine Gnade, die alle Morgen neu, wir haben ein Erbarmen, das mächtig ist und treu.
5. Wir haben hier die Fülle, seitdem der Heiland kam, wir haben dort ein Erbe so reich und wundersam. Wir haben Glück, das leuchtend und unbeschreiblich ist, wir haben alles, alles in dir, Herr Jesu Christ.