… ist vielleicht nicht am falschen Platz, sondern einfach nur ein Generalist: Jemand, der nicht die eine Sache ganz besonders gut kann, sondern der viele unterschiedliche Dinge kann und gern tut. Dem es schwer fallen würde, sich auf eines davon dauerhaft festzulegen, weil er meistens mehrere Bälle in der Luft hat. Jemand, der Monotonie scheut und die Vielfalt liebt.
Für jemand, der ein breites Profil hat, wird es nie passgenaue Lücken geben, keine maßgeschneiderten Stellenbeschreibungen. Er braucht ein weites Feld, auf dem er sich bewegen kann. In einer Welt der überwachten Planquadrate ist der Generalist immer am falschen Platz, immer etwas zu sperrig. In der Welt der Spezialisten wirkt der Generalist oft deplatziert, unzureichend angepasst, schwer vermittelbar. Einen sorgsam eingefriedeten „Platz“ wird er nie haben.
Aber in einer Welt, deren Existenz durch das Scheuklappenwesen und Fachidiotentum (Disclaimer: nicht jeder Spezialist ist ein Fachidiot, aber ein Generalist kann per Definitionen eben kaum zum Fachidioten werden) bedroht ist, weil niemand mehr das Detailwissen zu einem großen Bild zusammensetzen kann, weil wir zwar fast alles über jeden Baum wissen, aber uns jedes Verständnis von Wald abhanden gekommen ist, ist oder wird er vielleicht wichtiger, als viele denken?
Ich fühle mich nicht nur selbst als Generalist, sondern ich kenne auch noch eine Reihe anderer. Und das irritierende Gefühl, oft keine Nische zu haben oder zu finden, verbindet uns. Oder die nicht ganz unberechtigte Sorge, sich mit all den vielen Dingen zu verzetteln, ein viel zu unscharfes Profil in die Umgebung auszustrahlen. Stattdessen könnte es sich lohnen, mal auf die Chancen zu blicken, selber aktiv zu werden und nicht darauf zu warten, dass uns massgeschneiderte Jobs angeboten werden.
Kürzlich habe ich den Satz gelesen: Der Mensch ist ein Generalist. er kann alles, aber nichts gut. Das ist aus der Perspektive des Zoologen geschrieben. Aber ich freue mich immer, wenn ich glückliche Generalisten treffe. Da wird tatsächlich eine Qualität des Menschseins sichtbar, die man nicht überall antrifft.
Du sprichst mir aus der Seele. Sowas von!
Komm, wir gründen einen Club 🙂
Ja, bitte! 😉
Bin dabei 🙂
Wer ist in diesem Club für was verantwortlich? 😀
Habt ihr noch ’nen Platz frei?
… danke, Peter.
Johannes Reimer nennt das die Gabe des Apostels, der als Daumen den Propheten (Zeigefinger), Evangelisten (Mittelfinger), Hirten (Ringfinger), Lehrer (kleiner Finger), gegenüber steht. Er kann alles ein bisschen, aber nicht so gut, wie jeder einzelne mit den Begabungen und kann sie deswegen gut einsetzen und ihnen ein Gegenüber sein.
Es ist schwer, wenn der Ringfinger mit dem Mittelfinger ins Gespräch kommen muss. Über den Daumen geht das aber gut…
Und mal nebenbei bemerkt, Peter, in Deinem Generalismus bist Du auch sehr gut in Einzelnem! 🙂
Die weniger positive, aber durchaus originelle Formulierung für „Generalist“ wäre „Universaldilettant“ 😉 Hat man mir selber mal vorgeworfen, ich betrachte das immer noch als verstecktes Lob…
Danke Dir!
Und ich schließe mich den Vorrednern ebenso an.
Können wir das nicht wirklich weiter-entwickeln!??
Peter, du hast mich dazu inspiriert, meine „Über mich“-Seite zu ändern… http://www.aufnkaffee.net/uber-rolf-kruger/
🙂
Öha, mit so viel Resonanz habe ich gar nicht gerechnet. Willkommen im Club, alle miteinander! Was wäre denn ein Weg, das Thema weiterzuentwickeln? Über Möglichkeiten und Ideen der Existenzgründung nachdenken statt „Stellensuche“? Einen Kummerkasten einrichten für die gelegentlichen Frustmomente? Ein Logo entwerfen und T-Shirts drucken? 😉
Ich bin für die T-Shirts! Die 15-Jährigen heißen ja jetzt auch „Pupertisten“ 🙂
Jau, macht mal ein T-Shirt für uns, ich denke derweil schon mal über irgendwas Globales nach. Weltfrieden hab ich schon mal angefangen, ich denke, heute mach ich mich mal ans Thema Weltherrschaft.
Wir könnten uns auch gern zum „Ersten Deutschen Generalistentag“ treffen. Aber im Ernst: Gibt es eigentlich vernünftige Literatur zu dem Thema?
Auch von meiner Seite, herzlichen Dank für diesen Post. Ich habe es immer wieder in meinem Leben erlebt, dass man mir gesagt hat, dass ich recht flexibel einsetzbar bin, aber mich für nichts besonders herausgehoben habe. Meist wurde es negativ für mich ausgelegt, z.B. bei Job’s. Hab mir so oft gesagt, dass ich mich vielleicht mal für eine Sache entscheiden sollte, aber vielleicht wäre das ja auch eine falsche Entscheidung. 😉 So bleib ich wohl lieber Generalist und arbeite daran, in mein kreatives Chaos ein wenig Ordnung hinein zu bringen.
Gute Gedanken, danke. Mal kurz ein Plädoyer für die Spezialisten: Spezialisten können oft etwas „richtig“ (jedenfalls die guten), Stichworte wäre in diesem Zusammenhang zB „Meisterschaft“ und „Produktstolz“. Gute Generalisten müssen – meiner Meinung nach – irgendwie eine Ahnung/Erfahrung/Kenntnis davon haben, was Spezialistentum ist und wie es funktioniert, weil sie nur dann in der Lage sind, die einzelnen Spezis auch wirklich zu „vernetzen“ (denn das wollen Generalisten ständig…). Es gibt auch viele Generalisten, die meinen, sie wären Generalisten, sind’s aber nicht, weil sie das nur als Entschuldigung dafür nehmen, dass sie nix können (auch nicht „generalisieren“ und vernetzen!). 😉 @Simon Universaldilettant ist ein tolles Wort! T-Shirts: Wunderbar, will auch eins (natüüüürlich bin ich auch Generalist!). Einiges erinnert mich an die Professionstheorien der Sozialarbeit. Genau da geht es auch oft um das Verhältnis von Generalistentum und Spezialistentum. Daher gibt es auch tatsächlich Literatur dazu. Ich suche da mal was raus (das dauert aber ein bisschen, habe gerade keinen Zugriff auf meine alten Schätzchen…) Martin
Oder kann es sein, dass Generalisten einfach nur Angst haben sich festzulegen?
Nö.
Deine Frage impliziert ja, dass es eigentlich keine Generalisten gibt, sondern dass sie nur Spezialisten mit einem Problem sind. Dass Menschen also grundsätzlich Spezialisten sind. Dafür gibt es einfach zu viele lebende Gegenbeispiele.
So, hab’s gefunden, aber das passt doch nicht. Aber vielleicht hilft ja dies hier: Ich glaube, man kann (mindestens) zwei Typen von Generalisten unterscheiden: Die einen bringen ihre „speziellen“ (also eigenen, einzigartigen) Fähigkeiten mühelos in jedes Sytsetm, in jede Branche ein und werden dadurch zum Generalisten. Die anderen haben ihr „spezielles“ System, bringen sich dort aber mit zig Fähigkeiten gut ein (und werden so zum Generalisten). Der erste arbeite vielleicht im „System Kirche“, könnte aber auch im „System Irgendwasmitmedien“ oder im „System Politik“ mühelos unterkommen. Er hat solch generalistische Kompetenzen/Charaktereigenschaften, dass das letztlich kein wirkliches Problem darstellen würde. Der andere könnte seinen Bezugsrahmen nicht so ohne weiteres wechseln, aber der ist vielleicht in seinem System – bleiben wir mal bei „Kirche“ – nicht nur ein guter Prediger, sondern auch ein guter Seelsorger, Lehrer, Verwalter, Gemeindeleiter. — Bringt das irgendwelche neuen Erkenntnisse?
@Martin: Ja, ich finde, das ist eine sehr hilfreiche Fortführung der Diskussion. Sollten wir dann also sagen, es gibt „geborene“ und „gewordene“ Generalisten?
@Martin: Ich glaube, der erste Typ ist kein echter Generalist, sondern eher ein flexibler (und smarter) Spezialist.
Vielleicht hat Rolf recht: der erste Typ wäre ein wendiger Allrounder. Der zweite Typ wäre der klassiche Generalist. Um den geht’s dir, Peter, oder? Dass Generalisten selbst aktiv werden müssen/sollten, ist ja ein guter Gedanke. Anders wird’s auch nicht gehen, oder? Generalisten werden nie „maßgeschneiderte Jobs angeboten werden“. Was soll man da auch maßschneidern, dass müsste ja zudem ein Riesen-Anzug sein. Aber Generalisten können sich ihren Job selbst schenidern, weil sie natürlich auch ganz passabel schneidern können 🙂 Ich werde weiter drüber nachdenken…