Jacksons Einöde

Als ich das erste Mal den „Hobbit“ hörte, war ich siebzehn, mit dem CVJM campen irgendwo in Norfolk und litt unter akutem Liebeskummer. Ein Highlight, das mich damals aufrichtete, waren die spätabendlichen Lesungen aus Tolkiens Buch durch unseren Gruppenleiter. Ich fieberte immer schon dem nächsten Kapitel entgegen. Mehr noch: Das Zuhören zog mich in die Geschichte hinein, ich war positiv verzaubert.

Als ich gestern Abend das Kino verließ, ging mir nichts aus der Geschichte nach, die ich gerade gesehen hatte. Und es lag nicht daran, dass ich sie schon kannte; sondern daran, dass die Erzählung vom Effektspektakel so verschüttet wird wie die gierige Superechse Smaug unter ihrem vielen Gold.

Keine Frage, die Szenenbilder und Animationen sind vom Feinsten, Jackson hat seine Einöde perfekt ausstaffiert. Aber schon die ausgiebige Kinovorschau des Vorprogramms auf andere Hollywood-Produktionen zeigte, dass dies kein Alleinstellungsmerkmal mehr ist. Irgendwann wird es gähnend langweilig, wenn noch ein Orkkopf rollt, noch ein Elbenpfeil sein Ziel findet (das tun Elbenpfeile nämlich immer), oder Gandalf sich am Rande eines Abgrunds (es ist immer ein Abgrund in der Nähe) mit Fies- und Finsterlingen höherer Ordnung battelt. Das alles haben wir im „Herrn der Ringe“ schon stundenlang zu sehen bekommen. Vor allem aber taugt der Hobbit nicht als Vorlage, um des großen Bruders (auch schon aufgeblähte) Action-Sequenzen zu toppen.

Den Charakteren beim Reden oder gar Nachdenken zuschauen kann man dagegen nur selten. Sie gehen in der Einöde des unablässigen und weitgehend sinnfreien Gebrülls und Gemetzels ziemlich unter. Da hilft auch die hinzugedichtete Romanze mit der schönen und wehrhaften Tauriel (hat Red Bull den Namen gesponsert, die Haarfarbe ließe darauf schließen?) nicht so recht drüber hinweg.

Teil drei lässt noch mehr vom Gleichen erwarten, schließlich findet die große Schlacht trotz all der partiellen Vorwegnahmen im Buch ja erst dann statt. Egal: Ein paar Schritte über den popcornverbröselten Kinoteppich und ich fing an, mich zu wundern, dass so überhaupt keine Neugier aufgekommen war, wie denn nun alles endet. Vermutlich hatte ich sie zusammen mit der 3-D-Brille in den Sack aus Ausgang geworfen.

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Pretty Woman: Erlösung auf die charmante Art

Ein wunderschönes Beispiel dafür, dass auch die Reformatoren andere, frische Metaphern in der Erlösungslehre kannten, findet sich in Luthers Traktat „Von der Freiheit eines Christenmenschen“. Luther spricht im Rückgriff auf mittelalterliche Brautmystik (die findet sich schon bei Bernhard von Clairvaux und bei Franziskus von Assisi) von einer Hochzeit der Seele mit Christus, und so, wie er die Rechtfertigung dann beschreibt, denkt man unwillkürlich an Julia Roberts’ Lachen, bevor sie im Badeschaum versinkt:

Hier beginnt nun der fröhliche Tausch und Streit: weil Christus Gott und Mensch ist, der noch nie gesündigt hat, und seine Rechtschaffenheit unüberwindlich, ewig und allmächtig ist, so müssen die Sünden in ihm verschlungen und ersäuft werden, wenn er die Sünden der gläubigen Seele durch ihren Brautring, d. h. den Glauben, sich selbst zu eigen macht und so handelt, wie er gehandelt hat. Denn seine unüberwindliche Gerechtigkeit ist allen Sünden zu stark; so wird die Seele von all ihren Sünden einzig durch ihr Brautgeschenk, d. h. um des Glaubens willen, frei und los und mit der ewigen Gerechtigkeit ihres Bräutigams Christus beschenkt. Ist das nun nicht ein fröhlicher Hausstand, wo der reiche, edle, rechtschaffene Bräutigam Christus das arme, verachtete, böse Hürlein zur Ehe nimmt und sie von allem Übel befreit, mit allem Guten schmückt?

Aus theologischer Perspektive interessant: Es ist hier wohl nicht der passive Gehorsam, nicht das „Strafleiden“ Christi, sondern seine aktive Gerechtigkeit, deren Kraft und Gewicht jeden Makel seiner Braut augenblicklich verschwinden lässt. Vergebung als „Brautgeschenk“ ist doch eine schöne Vorstellung, und im Gegensatz zu den strengen juristischen oder kühlen ökonomischen Metaphern des Schuldausgleichs ist dieses Bild auch noch etwas fürs Herz, wenn Christus als Prince Charming auftritt und das Herz der Menschheit erobert.

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