Es gibt eine Alternative

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Ein bewegtes Osterwochenende neigt sich dem Ende zu. Am Gründonnerstag und Karfreitag hatten wir über 1.800 Gäste im Henninger-Keller. Im Bericht der Erlanger Nachrichten gestern hieß es am Ende, viele hätten auch nach dem Verlassen des Kreuzwegs noch geflüstert (leider waren aber nicht alle so leise…). Immerhin – es war auch sehr bewegend zu sehen, wie viele Eltern ihren Kindern die Leidensgeschichte erklärt haben. Vielleicht setzen sich diese Gespräche aus dem Keller in den Familien ja noch weiter fort.

Die vierte Kreuzwegstation beschreibt die Begegnung zwischen Jesus und seiner Mutter Maria. Hier sieht man unsere bildhafte Umsetzung aus diesem Jahr: eine Fotomontage, die auf die Kellerwand projiziert wurde. Für mich war sie besonders persönlich, weil mein Sohn das Schild hält auf dem Foto (das Jesusgesicht in der Endmontage ist freilich ein anderes). Es hat mich schon die ganze Karwoche über begleitet.

Den Kindern anderer Menschen Gewalt anzutun ist eine der übelsten Formen des Terrors – etwas, das im Repertoire der organisierten Kriminalität ebenso wie bei zahlreichen Diktatoren auftaucht. Dagegen kann man sich noch weniger wehren als gegen Schmerz, den man am eigenen Leib spürt. Es ist eine doppelte Geiselnahme: Auch der, der körperlich unversehrt bleibt, wird zum Opfer von Folter und Erpressung.

Maria folgt trotz dieser Qualen ihrem Sohn durch diese letzten Stunden; sie ist deshalb auch eine der Frauen, denen der Auferstandene an Ostern zuerst begegnet. Und damit ist sie für alle Christen ein Vorbild: Wer in der Nähe des Leidenden bliebt, der wird auch Zeuge der Macht Gottes über den Tod. Wer sich abwendet, wer sich raushält, wer sich zurückzieht, der verpasst das Wichtigste.

Dass dieses schmerzhafte Dranbleiben auch eine politische Dimension hat, hat Jakob Augstein heute in seiner Kolumne auf SPON herausgestellt:

Man muss kein Christ sein um die Bedeutung der Auferstehung schätzen zu lernen. Die Auferstehung ist der Sieg des utopischen Denkens. Und zwar im Diesseits. Nicht in irgendeinem Wolkenkuckucksheim. Das ist der Triumph der Utopie über die Hoffnungslosigkeit des Todes. Der Tod kommt daher wie ein Finanzkapitalist und sagt „There is No Alternative“ – und dann straft die Auferstehung Christi diese Worte Lügen. Das ist unerhört. Es gibt eine Alternative.

Wir sind gewiss nicht immun gegen Schmerz; aber die Hoffnung darauf, dass das Leid nicht das letzte Wort hat, kann uns weniger erpressbar machen. Frohe Ostern!

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