Korea (9): Die weibliche Perspektive

Der letzte Beitrag am Montag: Abschließend spricht Dr. Min Jung Kim, sie ist Pastorin, leitet das Good Ministry Institute und Gastdozentin am Fuller Seminary und arbeitet als „Chaplain“ (gibt’s dafür einen deutschen Begriff?) von MCM, deren koreanischer Zweig auch von einer Frau geführt wird. Pastorinnen dürfen in Korea, wenn sie überhaupt ordiniert werden, weder Beerdigungen noch Abendmahlsgottesdienste halten, sagt sie. Oft sind sie für die männlichen Kollegen eine Art Sekretärin oder sie kümmern sich um den Kindergottesdienst.

DSC06018Trotz Promotion wurde sie selbst alles andere als freudig begrüßt in ihrer Denomination, daher auch die vielen unterschiedlichen Tätigkeiten in Gemeinde, Studium und Forschung und Wirtschaftsleben. Ihr Fachwissen zum Thema Integration neuer Gemeindeglieder in den Kirchen eignete sie sich an, weil sie keine Gelegenheit zur öffentlichen Wortverkündigung bekam.

Frauen in irgendwelchen Führungspositionen – in der „säkularen“ Welt keine Seltenheit – tauchen in den Gemeinden gar nicht auf, sagt sie. Weil sie nicht predigen durfte, schrieb sie Bücher und hielt Fortbildungen für Pastoren. Sie betrachtet sich als Wegbereiterin für ihre zukünftigen Kolleginnen: Kürzlich durfte sie die Beerdigung des ehemaligen Chefs von Hyundai halten.

Sie wirkt entschlossen und kämpferisch, glaubt aber nicht an einen schnellen Erfolg, in Korea ändert sich das wohl erst, wenn Jesus wiederkommt, sagt sie. Immer mehr Frauen studieren Theologie, aber sie kommen in den Gemeinden nicht zum Zug. Als „Firmenpfarrerin“ bei MCM/Sungjoo predigt sie nun bis zu sieben Mal in der Woche.

Und da kommt auch schon die Frage, die mir auf der Zunge lag: Müssen die Gemeinden, in denen Frauen leiten und predigen dürfen also erst noch gegründet werden? Das sei sehr schwierig, sagt Dr. Min Jung Kim. Hier werden neue Gemeinden in der Regel durch Ausgliederung von Gruppen aus großen Muttergemeinden gegründet. Selbst da scheitern viele Gründungsprojekte. Die Verbände stellen keine Mittel bereit, eine Frau stünde also völlig allein, wenn sie das täte.

Am Erbe der US-Missionare kritisiert sie den evangelikalen Heilsindividualismus. Nicht das Versagen der Leiter, sondern die Selbstbezogenheit der Christen und Gemeinden insgesamt hat den Bedeutungsverlust ausgelöst – hier widerspricht sie ihren Vorrednern also. Wenn die sozialen Aspekte des Evangeliums nicht wieder entdeckt werden, lässt sich das miese Image auch nicht mehr umkehren.

Unter den PioniermissionarInnen hier war auch eine Offizierin (geht das auf Deutsch?) der Heilsarmee aus Südafrika. Das wäre doch eine lokale Tradition, an die sich anknüpfen ließe…

Share