Zwiespältig

Zum Start des iPad bietet die hiesige Presselandschaft ein seltsames Bild: Einerseits gerät Apple, das Microsoft an Börsenwert gerade hinter sich gelassen hat, in die Kritik und Steve Jobs wird als kommender Digitator düster inszeniert, andererseits bieten dieselben Medien iPad Apps an und hoffen auf einen Erfolg des Systems, das ihnen geregelte Einnahmen und ein funktionierendes Geschäftsmodell verspricht. Ähnlich war zuvor schon geunkt worden, das Dinge werde sich nicht verkaufen, um gleich darauf Lieferengpässe und Terminverschiebungen (aufgrund der immensen Nachfrage!) zu bemängeln.

Ich hab jedenfalls keins bestellt, sondern meinem MacBook erst mal einen neuen Akku verpasst. Wirklich beunruhigend finde ich die Lage bei Foxconn. Statt die Arbeitsbedingungen zu verbessern müssen die Mitarbeiter dort schriftlich versprechen, sich nicht umzubringen. Da muss man wohl Chinese sein, um diese Logik zu verstehen. Das Thema ist für Steve Jobs so gefährlich wie die Ölpest für Obama.

Share

27 Antworten auf „Zwiespältig“

  1. Ist euch eigentlich schon mal aufgefallen, wie omnipräsent Apple in der Emergent-Szene ist? Mir war das schon beim Kongress letztes Jahr aufgefallen. Wäre ich ein Emergent-Kritiker, würde ich mich darauf stürzen (mein Freund meint immer, da Apple Stores wie Tempel aussehen und das Zeichen ein abgebissener Apfel ist, kann das nix gutes sein :))

    Jetzt habe ich mittlerweile auch ein MacBook und habe für OSX sogar mein geliebtes Linux hinter mir gelassen. Aus rationalen Gründen, wie ich mir sage, aber in Wirklichkeit bin ich wahrscheinlich nur in den Sumpf der emergenten Gehirnwäsche geraten.

    Aber ernsthaft: so klasse ich das Macbook finde, so unsympathisch finde ich manches an der Struktur von Apple. Und so zynisch das jetzt klingt: ich fürchte, der Hype der iPads wird die Foxconn Problematik schneller vergessen machen, als BP es schafft, die Auswirkungen der Ölkatastrophe zu vertuschen. Und währenddessen machen wir uns wie jeden Tag mitschuldig an der strukturellen Sünde dieser Welt…

  2. Das scheint aber auch nicht die ganze Wahrheit zu sein: Die Selbstmordrate bei Foxconn ist diesem Artikel nach signifikant niedriger als der chinesische Durchschnitt.
    http://www.zdnet.com/blog/foremski/media-gets-its-facts-wrong-working-at-foxconn-significantly-cuts-suicide-risk/1356

    Das die Arbeitsbedingungen dort verbesserungswürdig sind, steht außer Frage. Aber ich gehe trotzdem mal davon aus, das sie immer noch besser sind als in chinesischen Bergwerken.

  3. @Trupedo: Das finde ich ganz schön zynisch. Wobei ich sagen muss, dass tatsächlich das Problem weniger Foxconn sein wird, sondern unser System, das quasi wieder bei Sklavenhaltung angelangt ist (nur dass wir die Sklaven „outgesourcet“ haben)

  4. @Simon: Hier beim Händler vor Ort
    @ Tobias: das liegt daran, dass hier ein hoher Anteil an „kreativen“ und „early adopters“ vertreten ist, würde ich sagen. Nachdem Foxconn auch für Dell und HP baut, bleibt ein „fair gehandelter Computer“ noch ein Wunschtraum. Aber Öl können wir alle sparen, indem wir uns aufs Rad und in die Bahn setzen.
    @trupedo glastic: Die Methode mit der Erklärung fand ich trotzdem völlig bescheuert. China könnte Selbstmord ja gleich per Gesetz verbieten, wenn die Rate tatsächlich so hoch ist.

    1. Was ich richtig amüsant fand im ZDF-Bericht, war das Beispiel für „Zensur“ durch Apple: die Bildzeitung muss die Nacktfotos entschärfen. Zählt Pornografie nun als Menschenrecht?

  5. @Peter: D.h. mein (Foxconn?) Dell sagt über mich, dass ich weder ein Kreativer noch ein Early Adopter bin? DAS finde ICH jetzt richtig amüsant ;o)
    Der Kauf eines neuen Akkus ist aber auf jeden Fall ein guter Weg (der aber auch nicht so recht zum Bild eines Early Adopters passt): Geräte zu reparieren statt sie zu ersetzen ist definitiv eine unterschätze Disziplin.

  6. @Daniel: Ich denke, hier einen Umkehrschluss zu ziehen, ist wohl nicht zulässig, da Peter ja nur Tendenzen genannt hat. Wobei ich das auch noch ein bisschen bezweifle. Wenn ich im Zug so sehe, wer alles mit Apple Technik rumrennt, merke ich, wie Mainstream ich doch eigentlich bin.

    @Peter: Das mit Zug und Rad ist klar (wobei ich es immer noch schade finde, dass die Bahn nur Geschäftskunden erlaubt, per Aufpreis mit Öko-Strom zu fahren, das würde ich auch gerne machen). Allerdings ist es damit leider bei Weitem nicht getan, denn Öl wird halt auch noch zur Wärmeerzeugung und vor allem auch in der verarbeitenden Industrie (Kunststoffe) massiv benötigt. Wir haben uns in unserer Gesellschaft schon sehr abhängig vom Öl gemacht.

    Bei Technik ist der Einfluss als Käufer vermutlich tatsächlich recht gering (ich weiß nicht, wie es z.B. mit Herstellern wie Lenovo ist, aber ich fürchte, da wird es auch nicht besser aussehen). Ich finde es aber grundsätzlich schon krass, wie sehr die Argumente, dass sich da nichts ändern kann den Argumenten für die Sklaverei ähneln. Und wir stecken da alle mit drin. Das finde ich schon frustrierend. Ich finde auch, dass eine Prestigefirma wie Apple, die sich vor allem über ihr Image definiert da auch durchaus die Macht hätte, was zu ändern. Wenn sie wirklich an den Arbeitern interessiert sind, warum setzen sie dann nicht ordentliche Mindeststandards durch (und ich rede nicht über ein paar Cent mehr Geld)? Die Frage ist: wären wir bereit, es zu bezahlen?

  7. @Peter: Ha, das würde ich jetzt wieder verneinen. Ich halte mich auch eher für nen Bastler (zumindest softwaretechnisch) und wenn man die *Programme* von Apple größtenteils vermeidet, dann kann man da schon recht glücklich werden. 🙂

  8. @Peter (28. Mai 2010 um 12:50):

    Zur Zensur von Apple: Heute sind es die Titten von Bild; morgen die Apple-krittische Artikel von Ix und irgend wann die Menschenrechte in China…

    Micro Soft ist schon schlimm, wie die ihre Kunden gängeln, aber Apple treibt es auf die Spitze! Die wollen mir nich nur vorschreiben was ich mit ihrer Software tun darf, sonder sie machen mir sogar noch Vorschriften was ich mit *MEINER* Hartware tun darf.

    Peter, würdest du ein Auto kaufen, wo in dem Kaufvertrag steht, was und wen du in einendem Auto mitnehmen darfst?

    Apple hat geschafft, wo von Microsoft immer geträumt hat: Seinen Kunden die Benutzung freier (GPL) Software zu verbieten.

    Gruß

    Olaf

  9. @ Olaf: Ich halte das für völlig übertrieben. Wenn Apple die großen Zeitungsverlage gewinnen will (Nacktfotos sind in den USA eh tabu), dann kann es keine inhaltliche Zensur von Pressetexten geben.

    Apple macht Dir keine Vorschriften, was Du tun darfst, sie kontrollieren den App Store. Du kannst im Browser alle Webseiten (ok, ohne Flash) sehen, so weit ich weiß. Das ist ja das Absurde an dieser Diskussion.

  10. @Peter (30. Mai 2010 um 08:08):

    Es wird im App Store per Definition keine freie Software angeboten. Ich arbeite seid über zwei Monaten an der neuen Release von „BibleMemorizer“ . Wir könnten die Software für das iPhone portieren, aber Apple wird dich daran hindern, es auch zu installieren. Das selbe mit BibleTime und den ganzen andern OpenSource-Projekten. Selbst wenn du deine Hardware so benutzen kannst, wie du willst, verbietet es die Apple: Weiteres Beispiel. Apple hat beides: Hard- und Software-Monopol. Das kann man eigendlich nicht mehr toppen. Diese Situation hatten wir zu Letzt in den 80er auf den Großrechnern. Also ein Rückschritt von 30 Jahren.

    Apple is evil…

    Gruß

    Olaf

  11. Das Verbot eines Selbstmords macht leider doch Sinn, so kann man entsprechende Verbindungen daran knüpfen (z.B. weniger oder keine Entschädigung für die Angehörigen). Ich weiß allerdings nicht, wie die konkrete Foxconn-Regelung ist.

    Und die statistische Betrachtung macht meines Erachtens in gewissen Grenzen auch Sinn. Betrachtet man z.B. das Thema Krebs, dann würde man erwarten, dass bei 800.000 (!) Foxconn-Angestellten pro Jahr eine gewisse Anzahl Menschen Krebs bekommt, und zwar innerhalb des Bevölkerungsdurchschnitts für diese Arte Bevölkerungsgruppe. Wenn nun Zahlen vorliegen, wie viele Angestellte von Foxconn Krebs bekommen, sagt das also noch nichts aus. Erst wenn es significant mehr sind als in vergleichbaren Teilen der Bevölkerung, kann man von einem erhöhten Risiko sprechen.

    Olaf, ich finde dass du deine Aussagen so sehr verkürzt, dass es schon fast propagandistisch wirkst. Mac OS X (auch die Variante auf dem iPhone) enthält viele BSD und GNU-lizenzierte Komponenten. Und Apple hindert dich m.W. nicht daran, den Sourcecode für deine iPhone-App unter einer beliebigen Lizenz zu veröffentlichen. Was Apple allerdings beschränkt, ist die Zulassung zum Appstore, also den Vertriebsweg. Allerdings nicht aufgrund der Lizenz – jedenfalls sind mir keine solchen Fälle bekannt.

    Und übrigens – BibleTime setzt auf der Sword-Bibliothek auf. Es gibt auch eine entsprechende iPhone-App, die die gleiche Bibliothek nutzt: PocketSword. Siehe http://www.crosswire.org/pocketsword/ .

  12. PS. Wie aus „Art von Bevölkerungsgruppe“ in meinem letzten Kommentar eine „Arte Bevölkerungsgruppe“ wurde, ist mir auch nicht ganz klar. Hier in China kann ich Arte gar nicht empfangen, da gibts bestimmt nicht so viele Chinesen, die das gucken :-).

  13. @Christian: Das mit dem AppStore und GPL ist so wie ich das verstanden habe, eine grundsätzliche Sache, da sich Regularien des AppStores (z.B. das Software nur auf eine beschränkte Anzahl von Geräten gespielt werden darf) mit der GPL beißen. Wo man da jetzt das Problem sucht, ist eine andere Frage.
    OSX enthält soweit ich weiß Komponenten, die unter BSD-Lizenz stehen (was auch kein Problem ist) dürfte allerdings nichts unter GPL/LGPL enthalten (zumindest wüsste ich nicht, wo ich bei meinem OSX Sourcecode erhalten habe).

    Ich würde das alles auch differenziert sehen. Allerdings ist schon richtig, dass Apple nicht gerade ein Förderer freier Software ist, was durchaus negativ ist (das kann man z.B. Google nicht vorwerfen, die sind da sehr vorbildlich – allerdings sind die mir wieder aus anderen Gründen suspekt).

  14. @Christian nochmal: Und so wie ich das verstehe (ich habe kein iPhone) kann man Third-Party-Applications darauf nur via AppStore laden. Damit kann man grundsätzlich keine GPL Programme darauf laden (wegen Lizenzproblemen) und Apple hat tatsächlich die Kontrolle, was ich darauf ausführe. Wenn das so ist, dann gebe ich Olaf recht, dass das tatsächlich ein massiver Schritt zurück in Sachen freie Software ist!

  15. Geräte ohne austauschbare Accus und ohne (zugängliche) Schnittstellen her zu stenn, ist schon fast eine politische Aussage! Das würde ich „Closed Source“ in Reinkultur nennen. Wenn eine Glaubensgemeinschaft ihren Mitgliedern vorschreibt mit wem sie Kontakt haben und mit wem nicht, nennt man sie in der Regel „Sekte“. Ich würde sagen Apple mag genauso eine „Glaubensfrage“ sein wie GNU/Linux, nur mit dem entschiedenen Unterschied, das GNU/Linux die nicht vorschreibt mit wem du Umgang hast, solange du mit Anderen teils, was du von Anderen geschenkt bekommen hast. Das könnte man durch aus auch mit dem Abendmahlverständnis von Katholiken und Protestanten vergleichen…

  16. @Olaf: Natürlich ist Apple bei vielem proprietär. Ich hätte das auch lieber anders. Aber letztlich muss das halt jeder für sich entscheiden, was passt. Für mich überwiegen bei den Computern z.B. die Vorteile, ich würde mir aber denke ich nie ein iPhone oder einen iPod kaufen, einfach weil ich mich da total eingeschränkt fühlen würde (kein Ogg Vorbis? Wo leben wir denn?!). Aber deswegen haben wir dankenswerterweise ja Alternativen… und nicht jeder Kunde möchte das Recht haben, zu basteln (das ja manchmal dann auch die Notwendigkeit zu basteln mit sich bringt). Am Ende ist es immer ein Abwägen, was sinnvoll ist. Ich könnte auch fordern, dass jede CPU ein FPGA sein sollte, weil ich die Funktionalität ändern können will… aber ist das sinnvoll?

    Ich will damit nicht sagen, dass die Entscheidungen von Apple toll sind oder ich sie gut finde, aber sie als böse zu bezeichnen halte ich – zumindest aus diesem Grund – für übertrieben.

  17. Also, ich möchte Peters Blog hier nicht zum Open-Source-Diskussionsforum mutieren lassen, daher möchte ich nur so viel sagen: Man kann unterschiedlicher Meinung sein, welches Level an Freiheit Benutzer haben sollten/wollen, aber im Hinblick auf die _rechtliche_ Situation (GPL-Lizenzbedingungen) halte ich eure Interpretation für gefährlich verfehlt. Eine weitere Diskussion können wir gerne per Mail führen, oder auch gerne bei einem von uns im Blog.

    (Olaf, Tobias, das folgende bezieht sich nicht mehr auf euch, ich meine das allgemein.)

    Um den Bogen zur Theologie noch zu schlagen: Bei publikumsträchtigen Themen (Apple-Dominanz, Homosexualität, Kapitalismus, …) merke ich an mir selbst, dass es oft der einfachere Weg ist, sich recht schnell auf eine bestimmte Seite zu schlagen, ohne die nötige Distanz zu wahren und Hintergründe zu kennen. Gerade als Christ gerät man dann manchmal in den Zwiespalt, dass man Dinge verteidigt, die so eigentlich gar nicht Kernbestandteil unseres Glaubens sind. Der andere Weg, nämlich Wissen, woraus mein Glaube besteht, und dann mit etwas Distanz und Hintergrundwissen Dinge anhand dieser Maßstäbe zu beurteilen, ist deutlich schwerer. Auch ein Grund, warum ich mich auf Peters neues Buch freue – ich erhoffe mir einen Anstoss, mal wieder etwas Zeit mit den Grundlagen zu verbringen. (Peter, ich hoffe, das Buch schaffts auch irgendwie nach China :-))

  18. @Christian (31. Mai 2010 um 16:42):

    Ja, wenn unsere Interpretation so gefährlich verfehlt ist, dann sollte da natürlich unbedingt vor gewarnt werden!! Wir wollen ja nicht das jemand zu Schaden kommt. …Also Wer muss sich jetzt durch Wen und Was gefährdet wissen, und was muss Derjenige tun, um das Unheil noch mal von sich abwenden? *sehr mysteriös*

  19. @Christian: Ich sag’s mal dem Verlag 🙂

    Deine Gedanken haben mich auch nochmal ins Nachdenken gebracht. Es funktioniert nämlich auch umgekehrt zwischen Apple und den Medien: Jeder Popel-Artikel über Apple ist inzwischen ein Umsatzbringer, also latscht man alles ordentlich breit. Und bedient sich apokalyptischer und religiöser Analogien bzw. polarisierender Schwarz/Weiß Zeichnungen.

  20. Lasst uns das am besten mal mit einer Robinsonade beleuchten – Okay?

    Also stellen wir uns mal vor drei Leute treffen sich bei den Jungs (und Mädels) des The Simple Way (passt gerade, wegen der Buchempfehlung von Peter, die ich gerade lese…). Also Christen, die so durchgeknallt sind, das sie das leben wollen, woran sie vorher nur geglaubt haben (ohne es zu leben).

    Gut, der Abend neigt sich zur Nacht und drei Freunde fangen an sich über ihre Software zu unterhalten, die sie für ihr Bibeltudium verwenden. Der Windows-User zeigt seine Software. Alle sind begeistert. Der Linux-User sagt: „Cool, kannst du mir das geben?“. Der Win-User sagt: „Leider nein. Microsoft verbietet es mir!“. Der Mac-User zeigt sein iPhon mit seiner Software. Die Anderen beiden sind sich einig, das die Mac-Software auch cool ist. Der Mac-User schiebt schnell hinterher: „Darf ich aber auch nicht weitergeben!“. Dann packt der Linux-User seine Software aus. Die anderen Beiden sind sich einig, das die Software auch cool ist. Der Linux-User sagt darauf: „Hay, ihr könnt die Software haben. Ich schenke sie euch! Ihr müsst sie nur auf euer System anpassen. Aber das ist nicht weiter schwer. Ihr bekommt den Quell-Code dazu. So könnt ihr die Software anpassen…“. Während sich der Win-User sofort auf die Software stürzt und anfängt sie an zu passen, popelt der Mac-User in Nase und fängt an die Popel auf seinen hochglanzpoliertes iPhon ab zuschmieren. Der Linux-User fragt: „Hay, was ist mit dir? Du kannst die Software legal haben. Warum willst du sie nicht?“ darauf antwortet der Mac-User: „Das hat mir Apple verboten!“.

    Ja, man kann sich auch selbst der Gnade berauben. Das ist ein Holzweg der in die Steinzeit für. Ich glaube ein iPhon ist inkompatibel mit dem Evangelium. – meine Meinung!

Kommentare sind geschlossen.