Ungewisse Sicherheit

Wir hatten gestern in Kooperation von Evangelischer Allianz und Evangelischem Dekanat einen guten Abend zur Situation von Flüchtlingen in Erlangen. Im Vorfeld habe ich am Rande eines Deutschkurses für Flüchtlinge mit ein paar Teilnehmern sprechen können. Schon diese kurzen Begegnungen waren eindrücklich: Eine Kurdin aus dem Irak erzählte, dass – noch zu Saddams Zeiten – ein naher Verwandter von „Sicherheits“behörden verschleppt und zu Tode geprügelt wurde (heute droht dort Gefahr eher durch Terroranschläge), ein junger Iraner war mit seiner Familie zum christlichen Glauben konvertiert und musste deshalb fliehen, ein Mann aus Afghanistan verlor Frau und Kind bei einem Bombenanschlag auf einen Bus.

In fast jeder dieser Familien führten die traumatischen Erlebnisse vor und während der Flucht zu psychosomatischen Erkrankungen, die hier wegen der Sprachbarriere oft nicht oder nicht ausreichend behandelt werden. Und die meisten leiden unter dem ungeklärten Status, hier nur geduldet leben zu können, sie müssen also immer mit einer plötzlichen Abschiebung rechnen und können keine Zukunft planen.

Wir zeigten einen Videoclip mit den oben beschriebenen Interviews, dann entspann sich ein lebhaftes Gespräch zwischen den Besucher/innen und den Vertreter/innen der verschiedenen Initiativen, eine Mitarbeiterin der AWO-Flüchlingshilfe erläuterte die staatliche Asylpolitik von Sammelunterkünften, Taschengeld/Lebensmittelpaketen und Bewegungsfreiheit. Am Ende hatten wir uns gemeinsam einen groben Überblick verschafft über bestehende Hilfsangebote und ein paar neue Ideen schwirrten schon durch den Raum.

Freundlich begleitet wurde das Ganze von der Stadt Erlangen, die das ehrenamtliche Engagement unterstützt, während der Vertreter einer Umlandgemeinde die Veranstaltung unter leisem Protest verließ, weil sie ihm zu „politisch“ erschien. Aber dass es kein kulinarischer Abend sein würde, wenn der Titel „Ungewollte Nachbarschaft“ lautet, war ja eigentlich klar.

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4 Antworten auf „Ungewisse Sicherheit“

  1. Auch eine interessante Frage, auf die ich gerade durch meine Beschäftigung mit nigerianischen Pfingstkirchen (die ja ca. 400 Gemeinden in Deutschland haben) wie ist eigentlich der Kontakt zu sogenannten Migrationskirchen und wie könnte man den verbessern?

  2. Zu Arne: Die Hamburger Missionsakademie bietet schon länger Fortbildungen für Leitende in Migrationsgemeinden an. Darauf aufbauend ist an der FH Hermannsburg ein Bachelor entstanden, in dem letztes Semester 16 Gemeindeleiter angefangen haben berufsbegleitend zu studieren. Das sind jeweils auch Beiträge zur Integration der Gemeinden in die Gesellschaft und ihre jeweilige kirchliche Landchaft vor Ort.

    Peter: Sind die neuen Nachbarn schon in Erlangen angekommen? Beim Forum waren das ja noch Pläne, wenn ich mich recht entsinne.

  3. Hallo Peter – gibt es für diejenigen, die nicht an dem Abend teilnehmen konnten eine Zusammenfassung (Folien) u. a. von dem AWO-Vortrag?

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