Tempel und Tümpel

Im Blick auf die ökumensiche Landschaft mit ihren Strömungen wurde ich gestern an das Bild aus Ezechiel 47 erinnert. Dort entspringt im Tempel ein Fluss, der dann nach Osten hinunter ins Jordantal fließt, alles zum Blühen bringt und schließlich das Tote Meer gesund macht – es wird reich an Fischen. Um das Bild völliger Harmonie abzurunden, schiebt der Prophet in Vers 11 dann noch nach:

Die Lachen und Tümpel aber sollen nicht gesund werden; sie sind für die Salzgewinnung bestimmt.

Heute entdecken viele Christen, dass sie bei allen Unterschieden im Grunde zu einem gemeinsamen Strom gehören. Zugleich gibt es überall Gruppen und einzelne, die so viel Einigkeit und die hohe Fließgeschwindigkeit für gefährlich halten und die „klare“, harte Abgrenzung fester Standpunkte suchen. Ins Schwimmen wie der Prophet geraten sie nur sehr ungern. Manchmal wirbeln sie mit ihrem Protest viel Staub auf und manch einer investiert viel Zeit und Kraft, ihnen gut zuzureden – oft mit sehr überschaubarem Erfolg.

Vielleicht sollten wir uns an Pfingsten auf den Strom der Heilung konzentrieren und die ätzende Salzlauge ignorieren. Sie darf in Tümpeln fortbestehen und erfüllt so auch einen Zweck in Gottes Plan. Denn die salzige Brühe. die ungenießbar ist und in größeren Mengen lebensfeindlich wäre, dient nun der Salzgewinnung. In diesen Nischen wird etwas konserviert, was von Zeit zu Zeit und in sehr behutsamer Dosierung wieder nützlich werden kann – Mineralien, die sonst verlorengehen würden. Das spricht dafür, auch mit verbohrten Kritikern gelassen umzugehen. Man muss zwar nicht gutheißen, was sie tun und wie sie es tun, andererseits fließt der große Strom weiter und an seinen Ufern gedeiht so viel Interessantes, dass man sich nicht allzu lange mit ihnen aufzuhalten braucht. Irgendwann entdeckt man bei ihnen dann doch einmal eine (vielleicht sehr einseitige und ungeschickt vertretene) Einsicht, die allen wieder nützt.

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6 Antworten auf „Tempel und Tümpel“

  1. Sehr interessantes und passendes Bild!
    Man sollte sich jedoch vermutlich nicht allzu sicher sein, selber auf keinen Fall in so einem Tümpel zu sitzt… 😉

  2. Man muss nur aufpassen, nicht in diese Tümpel reinzutreten. Das Salz kann in Wunden ganz schön brennen… und leider hab ich das Gefühl, das Wasser dieser Tümpel kann auch mal überschwappen

  3. vielen dank für dieses wunderbare bild! endlich ein ansatz der mir wirklich hilft, gut und konstruktiv mit solchen minderheiten umzugehen, und nicht an deren borniertheit zu verzweifeln…

  4. Ein ganz wunderbares Bild! Manchmal – ich muss es einfach gestehen – scheine ich mehr so ein wenig genießbarer Salztümpel zu sein, obwohl ich mir einbilde, gut schwimmen zu können und Bewegung zu lieben. Dass mein Tümpeldasein auch zu Gottes großem Plan gehört, finde ich schön und entlastend, denn manchmal reichen die Kräfte für mehr einfach nicht.

    @Samuel, ja, das Salz kann ganz schön brennen, aber es hat auch reinigende Wirkung! Kochsalzlösungen sind aus der Medizin nicht wegzudenken.

    Lebensmittel ohne Salz sind nicht nur fad, sie verderben auch schneller…
    Es kommt eben nicht nur bei diesem Bild und Beispiel auf den Blickwinkel des Betrachters und die „Zielsetzung“ (des Salzes) an!

  5. Übrigens ist das Tote Meer oder Jam HaMelach – das Salzmeer – nicht nur für die Salzgewinnung von großer Bedeutung. In der „ungenießbaren Brühe“ finden sich viele wertvolle Mineralien (wie ja bereits erwähnt), darüberhinaus ist die Umgebung des Toten Meeres für Menschen mit Schuppenflechte oder Neurodermitis geradezu paradiesisch gut – weil heilsam!

    Nach einem Bad im Toten Meer fühlt sich auch die Haut „normaler Menschen“ weich und gut an – sofern man den Überschuss an Salz abgeduscht hat 🙂 ich habe es selbst ausprobiert.

    Wer kann schon wissen, was für wen und in welcher Situation gut ist?
    Das gilt auch für Gemeinden, in denen es immer liebe Geschwister gibt, die zwar den Mainstream bilden und dabei (fast) genauso tot sind wie das Tote Meer …
    Übrigens gibt es auch reichlich viele Pastorentümpel, um im Bild zu bleiben…

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