Gott ist genervt: Unharmonische Weihnachtsgedanken.

Weihnachten herrscht in unseren Familien und Freundeskreisen manchmal, aber beileibe nicht immer ungetrübte Freude. Hin und wieder ist einer genervt. Das Essen misslingt oder entspricht nicht den Erwartungen, Gäste verspäten sich, mühsam ausgesuchte Geschenke treffen auf eher mäßige Begeisterung, der Gesprächsstoff geht aus, weil zu viele Themen mit Konflikten besetzt und die Harmlosigkeiten alle schon abgegrast sind. Irgendwann fällt ein falsches Wort, oder jemand bekommt etwas gut Gemeintes in den falschen Hals. Es folgt betretenes oder beleidigtes Schweigen, manchmal auch ein erhitzter Wortwechsel.

Einen solchen finden wir zu Weihnachten auch beim Propheten Jesaja. Mit dem feinen Unterschied, dass hier Gott der Genervte ist:

Und der HERR redete abermals zu Ahas und sprach: Fordere dir ein Zeichen vom HERRN, deinem Gott, es sei drunten in der Tiefe oder droben in der Höhe! Aber Ahas sprach: Ich will’s nicht fordern, damit ich den HERRN nicht versuche.

Da sprach Jesaja: Wohlan, so hört, ihr vom Hause David: Ist’s euch zu wenig, dass ihr Menschen müde macht? Müsst ihr auch meinen Gott müde machen? Darum wird euch der Herr selbst ein Zeichen geben: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel. (Jesaja 7,10-14)

Der Prophet Jesaja und Ahas, der König von Jerusalem, haben Stress: Die Sicherheitslage ist angespannt. Es droht Krieg mit den nördlichen Nachbarstaaten. Jesaja fordert Ahas auf, zu glauben, und das heißt, sich angesichts sehr realer Gefahr auf Gottes Treue zu verlassen. Ahas indes glaubt nicht, dass Gott ihn und sein Volk retten wird. Jesaja bietet dem König im Namen Gottes an, sich – quasi als vertrauensbildende Maßnahme – ein Zeichen auszusuchen, der aber lehnt – freilich nur scheinbar demütig – ab. In Wahrheit ist das ein Affront: Er will sich die Möglichkeit offen halten, die mächtigen Assyrer um Hilfe zu bitten – eine brutale Supermacht, viel schlimmer als die jetzigen Feinde.

Gott ist genervt davon, wie dieser König hier herumlaviert. Wenn sich Ahas eine andere Schutzmacht sucht als Gott, steht damit auch die besondere Beziehung Gottes mit dem Königshaus aus Davids Linie in Frage. Und damit die Zukunft des Volkes Gottes. Also kündigt der Prophet von sich aus ein Zeichen an, ungebeten: Ein Kind wird in Kürze zur Welt kommen, das seine junge Mutter „Immanuel“ nennt: „Gott mit uns“. Bevor der Kleine gut und böse unterscheiden kann, sagt Jesaja gleich anschließend, werden die Reiche der Aggressoren verwüstet sein. Leider auch der größte Teil von Ahas’ eigenem Königreich, weil Ahas – das zeichnet sich schon ab – auch diese erneute Einladung zum Vertrauen ausschlägt.

Die gute Nachricht in der schlechten Nachricht lautet: Es ist kein totaler Untergang, der jetzt droht. Aber es bleibt unklar, ob der Name „Immanuel“ ein dankbares Bekenntnis, oder ein trotziges ist, oder vielleicht auch nur ein verzweifeltes Flehen.

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Ilya Yakover

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Ein Mann im Belagerungszustand. Das können wir verstehen: Auch für uns Heutige scheint die Frage eher die zu sein, welches der vielen Unheile, die derzeit drohen, uns zuerst erreicht:

  • Die Atomraketen aus Nordkorea und Donald Trumps Vergeltung?
  • Die Folgen der Kriege in der Ukraine und Syrien?
  • Die nächste große Wirtschaftskrise, gegen die sich nur wenige Superreiche versichern können?
  • Das labile Klima unseres Planeten – Stürme, Dürren, Überflutung?
  • Der massive Rechtsruck in Polen, Ungarn, Österreich und Sachsen mit seinem aggressiven Argwohn gegen alles Fremde und jeden, der aus der völkischen Reihe tanzt?

Aus Angst vor vermeintlichen Gefahren wenden sich auch heute viele an Helfer, die noch größeren Schaden anrichten. Irrsinnigerweise sind (in Ungarn, Polen oder den USA) auch viele fromme Christen darunter. Sie gewinnen kurzfristig an Sicherheit und opfern langfristig ihre Freiheit, wenn sie knallharte Machtpolitiker wählen, die Meinungs- und Pressefreiheit abschaffen oder ständig den Finger ab Abzug haben.

Kein Zweifel: Auch davon ist Gott genervt. Er hat es satt. Was wird er dagegen unternehmen?

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Er unternimmt Folgendes:

Fast 800 Jahre nach Jesaja legt der Evangelist Matthäus den Satz von der Jungfrau und dem Immanuel einem Engel in den Mund, der Josef im Traum erscheint und ihn auffordert, die schwangere Maria nicht zu verlassen.

Wieder macht Gott seinem Volk in schweren Zeiten ein Angebot. Wieder durch die Geburt eines Kindes.

Nur hat Herodes das, was Ahas noch überlegte, längst hinter sich: Er ist bereits mit einer brutalen und gierigen Supermacht verbündet. Die Römer garantieren, dass seine Sippe an der Macht bleibt. Er ist König von Augustus Gnaden, so wie Assad in Syrien heute nicht ohne Putins Hilfe regieren könnte. Herodes ist paranoid, prunksüchtig, gewalttätig und heimtückisch, wie der Kindermord von Bethlehem beweist. Sogar ein paar seiner eigenen Söhnen ließ er umbringen, damit sie ihn nicht vom Thron verdrängen. Der neugeborene Immanuel – Jesus – muss mit seinen Eltern vor Herodes nach Ägypten fliehen. In jenes Land, dessen König zu Moses Zeiten kleine israelitische Jungs ermorden ließ. Aus Gründen der staatlichen Sicherheit, wie es dann immer heißt.

Gott ist genervt vom Verhalten der Mächtigen. Für Herodes ist die Geburt des Immanuel der Anfang vom Ende, ein Zeichen seines Untergangs. Die mörderische Intrige gegen das Jesuskind schlägt fehl. Er stirbt nach qualvoller Krankheit, seine Dynastie tritt ab. Statt seiner Söhne regiert jetzt ein römischer Statthalter in Jerusalem. Die Stimmung im Land ist so polarisiert, dass noch zwei Generationen später heftige Unruhen ausbrechen. Die Stadt und der Tempel werden dabei zerstört. Nur ein Rest überlebt und zerstreut sich über die ganze Welt – Jesaja reloaded.

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Jesus, der neue Immanuel, wächst inmitten dieser Ereignisse auf. Die Evangelisten sehen in ihm das Gegenbild zu einer Politik der Angst, der Korruption und Ausbeutung, des Vertrauens auf Rüstungstechnik, Waffengewalt und Geheimpolizei. Er wird gut und böse provokant anders unterscheiden als die meisten seiner Zeitgenossen. Er wird zur Gewaltlosigkeit aufrufen, zum friedlichen Aufstand gegen Macht und Mammon, zum radikalen Vertrauen auf Gottes Fürsorge, sein Mit-Sein mitten in den Turbulenzen des Lebens. Wie Jesaja ruft er Menschen auf, in einer alternativen Welt zu leben, die von Gott und seiner Treue bestimmt wird, und sich keine Angst einjagen zu lassen.

Der Immanuel zeigt: Gott hat sich durch die Hintertüre in die Welt geschlichen. Er ist mit den Armen, mit den Friedfertigen, mit den Leidenden, er ist einer von ihnen und teilt ihr Leben. Er erleidet wie sie den Hass, der ihm von den Unterdrückern entgegenschlägt, und ebenso die Wut des Mobs, der Sündenböcke sucht und Blut sehen will.

Mob und Macht versuchen diese Störung aus der Welt zu schaffen, aber am dritten Tag ist sie wieder da und breitet sich aus wie ein Gerücht, von Mund zu Mund und Herz zu Herz. Ein Gerücht von der Treue Gottes denen gegenüber, die ihm vertrauen. Selbst im Angesicht von Krisen, Krieg, Katastrophen und Tod.

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Gott ist genervt von allem, was Menschen zerstört, ihre Würde mit Füßen tritt, Zusammenhalt und Vertrauen zersetzt, Gewinn über Gemeinwohl stellt. Er hat sich endgültig auf die Seite all derer geschlagen, die unter Unrecht leiden und nach Gerechtigkeit hungern und dürsten. Nun fordert er uns heraus, uns zu ihm zu stellen. Und unsererseits darauf zu vertrauen, dass Gottes Macht größer ist als all die Drohungen, denen wir uns ausgesetzt sehen.

Weihnachten – das ist aus der Jesaja-Perspektive die Frage, welcher Schutzmacht wir uns anvertrauen, einzeln und gemeinsam. Und was dabei aus uns wird. Vielleicht haben sogar einige der Dinge, die uns an Weihnachten genervt haben, mit solchen Schutzmächten und unserer Abhängigkeit von ihnen zu tun:

  • Dem wehrhaften Nationalstaat mit Polizei, Armee (und, wenn nötig, Bürgerwehren)? Der stellt Ordnung über Leben, Überwachung über Vertrauen und Gleichschritt über Freiheit.
  • Der Supermacht des freien Marktes, des Geldes und des cleveren Kalküls? Sie bringt wenige Gewinner und viele Verlierer hervor. Sie stürzt mich in die Tretmühle der Selbstoptimierung – und wenn alles ausgereizt ist, werde ich ausgemustert.
  • Starken und aggressiven Anführern, die laut, rücksichtslos und breitbeinig daherkommen und von sich behaupten, für „das Volk“ zu sprechen? Sie leben von Opfer-Typen und Opportunisten, beuten Angst, Neid und Hass aus. Sie spalten und säen Misstrauen. Andere machen sie innerlich kleiner, um selbst größer zu wirken.
  • Der Hoffnung auf Ruhm, Bewunderung und Anerkennung auf den analogen und digitalen Bühnen dieser Welt? Statt ich selber zu sein (und zu entdecken, was das eigentlich bedeuten würde), werde ich immer überlegen, was gerade gefragt ist und gut ankommt. Was Beifall (die „Likes“) oder Aufsehen erregt (die beliebten „Tabubrüche“). Was eben gerade als Projektionsfläche vorhandener Stimmungen taugt.

Ständig werden wir bewertet und beurteilt. Das strengt an und macht müde. Kein Wunder, dass wir genervt sind. Weihnachten ist eine Gelegenheit, dem auf die Spur zu kommen, was uns das Leben wirklich verleidet.

Und dann die Alternative zu betrachten: Ich vertraue dem Einen, der als Kind kam und es nicht als Zumutung empfand, klein zu sein. Der auch als Erwachsener Vertrauen schenkte und sich verletzlich machte. Der nicht das eigene Überleben und Wohlergehen im Sinn hatte. Der Menschen nicht taxierte und sich überlegte, welchen Nutzen sie für ihn wohl haben. Der Leute zusammenbringt, die sich von selbst nie zusammenfinden würden. Dem Immanuel.

Es ist riskant, Gott zu vertrauen. Es ist schwer, sich von ihm allein beschenken und beschützen zu lassen. Aber es ist auch der Weg zu einem erfüllten Leben – und zum Frieden mit mir selbst, meinen Mitmenschen und Gott.

Sein Segen und Wohlgefallen sei mit uns allen.

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Crazy Love (2): Zorn und Zärtlichkeit

(Wer Teil 1 noch nicht gelesen hat, bitte erst hier klicken)

Schließlich kommt er doch – der Tag, an dem er nach langem Zögern beschließt, seine Frau zu verlassen. Er packt seine Sachen und verlässt das Haus. Von einem Tag auf den anderen ist er nicht mehr erreichbar. Für sie bricht eine Welt zusammen. Als wäre das nicht genug, gerät sie auch noch ins Visier der Geheimdienste. Ihr verschwundener Mann, munkelt man, habe Kontakte zu Staatsfeinden unterhalten.

Gleichzeitig beginnt der soziale Abstieg: Sie muss das Haus verlassen und in ein Zimmer zur Untermiete ziehen. Die Menschen in diesem Teil der Stadt sind ihr fremd, die wenigsten sprechen ihre Sprache, sie fühlt sich einsam. Arbeit zu finden ist nicht einfach, es bleiben nur schlechte Jobs. Frühere Freundinnen gehen ihr aus dem Weg, ihre Nachbarinnen tuscheln hinter ihrem Rücken. Männer behandeln sie zunehmend respektlos.

Alles, was sie an ihm auszusetzen hatte, wirkt plötzlich hoffnungslos kleinkariert. Warum beginnt man das, was man hatte, so oft erst dann zu schätzen, wenn man es verliert? Vom guten Leben ist sie weiter weg als je zuvor. Und das schlimmste ist, dass sie immer deutlicher sieht, wie sie selbst ohne Not alle Türen zu einer Versöhnung zugeschlagen hatte.Sie braucht noch eine ganze Weile, bis sie sich fängt. Aber dann weiß sie, dass sie sich nicht gehen lassen will. Sie will die Scherben aufsammeln und ihr Leben in den Griff bekommen.

Eines Abends besucht sie ein Freund ihres Mannes. Er hat eine Nachricht dabei. Die erste seit Jahren. Sie beginnt erst zögernd zu lesen, aber dann ist sie auf ganzer Linie überrascht vom Inhalt: Kein Vorwurf, keine Klage. Stattdessen die Erinnerung an das Kennenlernen, an die ersten Jahre, als sie ein Herz und eine Seele waren, und das Bekenntnis, dass er das nie vergessen wird. Er spricht davon, dass zwischen ihnen alles wieder gut wird.

Sie kann es nicht fassen. Sie legt die Brief weg und schaut eine Weile aus dem Fenster hinaus in die Dunkelheit. Dann dreht sie sich um, nimmt den Brief wieder zur Hand und liest noch einmal. Kein Zweifel, das ist seine Handschrift. Und auch Art, sich auszudrücken erkennt sie sofort wieder. Bei allen Unterschieden zwischen ihnen beiden, bei allen Überraschungen, die er ihr zugemutet hatte im Lauf der Jahre, allen Enttäuschungen, weil Dinge sich nicht nach ihren Vorstellungen entwickelt hatten, allem Frust und Streit – sie konnte sich immer auf sein Wort verlassen.

Und doch ist er ein anderer geworden. So wie sie selbst eine andere geworden ist. Kann jetzt wirklich alles gut werden zwischen ihnen beiden? Wir haben diesen Brief. Hier ist der Wortlaut:

Für eine kleine Weile habe ich dich verlassen, aber weil ich dich von Herzen liebe, hole ich dich wieder heim. Als der Zorn in mir aufstieg, habe ich mich für einen Augenblick von dir abgewandt. Aber nun will ich dir für immer gut sein. Das sage ich, der Herr, der dich befreit. Zur Zeit Noachs schwor ich: ‘Nie mehr soll das Wasser die Erde überfluten!’ So schwöre ich jetzt: ‘Nie mehr werde ich zornig auf dich sein und nie mehr dir drohen! Berge mögen von ihrer Stelle weichen und Hügel wanken, aber meine Liebe zu dir kann durch nichts erschüttert werden und meine Friedenszusage wird niemals hinfällig.’ Das sage ich, der Herr, der dich liebt.

Wie die Geschichte weitergeht? Dazu in Kürze mehr.

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