Seoul – ein erstes Sammelsurium

Als ich heute abend zur U-Bahn ging, standen Soldaten mit dem Gewehr im Anschlag an der Treppe zum Untergrund und auf den Stufen lag eine regungslose Gestalt. Der Polizist, der den Zugang sicherte, wies mich freundlich an, ruhig weiterzugehen. Auf dem Weg traf ich noch etwa 15 Soldaten, zum Teil mit Knarre, ein paar mimten hollywoodreif irgendwelche Opfer. Die Passenten gingen gleichmütig vorbei, der Einsatz der Armee im Inland ist hier offenbar kein Streitthema.

Durchaus ein Streitthema scheinen aber Hunde zu sein, eine alte Dame trug ein Plakat, auf dem ein LKW voller gefangener Hunde zu sehen war. Was mit denen geschieht, kann man nur vermuten…

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Ich war mit Jason Clark ein paar Stunden in der Stadt unterwegs, neben langen Gesprächen über Theologie, Spiritualität und den Rest des Lebens, und neben etlichen Tassen Kaffee, haben wir eine Palastanlage besichtigt und uns durch das innenstädtische Straßengewirr gefranst. An vielen Stellen wirkt Seoul wie jede andere Metropole. Dann biegt man um eine Ecke, und hinter den Hochhäusern tun sich kleine Straßen mit winzigen Läden auf, über dem Kopf ein etwas abenteuerliches Gewirr von Stromleitungen. Wenn irgendwo Grünflächen sind und ein paar Bäume stehen, dann ertönt aus ihnen ein knarrendes Zirpen, das den Eindruck erweckt, die hiesigen Grillen und Zikaden haben sich mit Klapperschlangen gekreuzt.

Ich glaube, ich habe in meinem Leben noch nie so viele Coffeeshops gesehen, und auch europäische Bäckereien scheinen zu boomen. In Gagnam, wo das Nachtleben boomt, gibt es so ger ein „bräu haus“. Trotz dieser Affinitäten fällt man hier als „Westler“ sofort auf, es scheinen nicht viele Ausländer (zumindest kaum nichtasiatische) hier unterwegs zu sein. Anders gesagt: Im kleinen Erlangen sieht man sehr viel mehr Asiaten als im riesigen Seoul Kaukasier.

Ich habe auch schon lange nicht mehr so viele junge Menschen gesehen wie hier, Jason und ich haben uns schon richtig alt gefühlt. Und alle sind immer online: Fast überall gibt es kostenloses WiFi. In meinem Waggon in der U-Bahn saß gestern Abend ausnahmslos jede/-r einzelne mit einem Smartphone – meist einheimischer Provenienz – oder Mini-Tablet in der Hand, und auf den Gehsteigen muss man immer wieder Leuten ausweichen, die auf ihr Display starren. Oder Motorrollern, die dort regelmäßig angebrettert kommen, weil die Fahrbahn verstopft ist oder der Verkehr in die Gegenrichtung fließt.

Zum Abendessen stießen die beiden ersten Jahrgänge des Kurses dazu und morgen geht es dann los mit spannenden Referenten zu koreanischer Theologie und Geschichte – dann werden meine Posts vielleicht auch wieder etwas kohärenter als das hier.

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