Reichlich Rechtsgläubig

Bild am Sonntag hat vor ein paar Wochen schon mit islamophoben Thesen auflagenträchtig Staub aufgewirbelt und sie dann ebenso auflagenträchtig selbst kritisiert. Das Schwesterblatt „Die Welt“ versuchte schon vor geraumer Zeit, nicht nur Christian Wulff, sondern vor allem auch die Grünen als Islamfreunde an den Pranger zu stellen.

Eine Mitchristin, die anscheinend selten eine Gelegenheit auslässt, den Islam in das düsterste Licht zu rücken, postete nun neulich diesen schon angestaubten Welt-Artikel in einem sozialen Netzwerk und ihre christlichen Freunde kommentieren mit Sätzen, die recht robuste und rustikale Feindbilder transportieren. Da mischt sich eine bestimmte Gläubigkeit mit Islamfeindlichkeit und rechtem Gedankengut auf mehr als bedenkliche Weise. Ein paar kurze, anonymisierte Zitate:

  • Die grünen würden ja Deutschland abschaffen wenn sie könnten. Was hat Trittin mal gesagt? er schäme sich, Deutscher zu sein?
  • Grüne sind einfache Antichristen
  • na Pädophil sind sie ja schon passtja zu der Religion..und für Inzucht sind sie ja auch die grünen….nur gibts dann schwirigkeiten mit den Homosexuellen !!
  • Sie folgen halt Mohamed seime aisha war ja 9 jahre alt als er sie zur frau nahm
  • In islamischen Ländern brennen sie alles Christliche nieder, und hier wird noch von Steuergeldern ihre satanische Synagogen gebaut
  • Die spinnen, die Gruenen. Gleichstellung der Christen mit den Moslems? Wie stellen sie sich das nur vor?

Ich kann mich noch immer nicht daran gewöhnen, wenn Leute – Christen! – so reden und schreiben. Als ich in dem Thread anmerkte, dass ich mich wie auf einer NPD-Versammlung fühlte, wurde ich sogleich als „Grüner“ betitelt und bekam mitgeteilt, die NPD sei ja antisemitisch, mit der habe man nichts zu tun. Die NPD würde sich bei so viel inhaltlicher Zustimmung zum übrigen Parteiprogramm freilich trotzdem die Hände reiben. Vielleicht hätte ich alles auch längst vergessen, wenn nicht „Charismanews“ in den USA jüngst ganz offiziell solch militant islamfeindliche Thesen veröffentlicht hätte. Das hat zwar viele Proteste ausgelöst, aber so lange an der Basis vieler Gemeinden unwidersprochen so geredet werden kann, ist das Problem nicht vom Tisch.

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2 Antworten auf „Reichlich Rechtsgläubig“

  1. Ich sehe hier zwei Seiten: Einerseits passt es nicht zum neutestamentlichen Christsein, einen auf fremdenfeindlich zu machen, Verschwörungstheorien zu verbreiten oder zu polemisieren. Trotzdem habe ich mit dem Verb „islamophob“ ein Problem. Es hat sich in unserer Gesellschaft inzwischen zum Unwort entwickelt, um bestimmte Indiviuen oder Gruppen abzustempeln. Dazu kommt, dass sich gegenüber Christenfeindlichkeit offenbar kein Pendant in der medialen Berichterstattung etabliert ist, was dem Islam offenbar einen größeren Schutz zusichert als dem Christentum. Normalerweise nennt man so etwas Diskriminierung. Wenn Jesus für uns der (einzige) Weg zu Gott ist halten wir im Umkehrschluss natürlich den Islam für falsch. In diesem Sinne ist der christliche Glaube per se „islamophob“. Insofern frage ich mich, ob wir als Christen irgendeinen Grund haben, den Islam zu verteidigen. Daher: Liebe zu Muslimen – definitiv ja (und damit ein entschiedenes Nein gegenüber Muslimenphobie. Aber Liebe zum Islam? Das sei ferne!

  2. Ich sehe da kein solches Ungleichgewicht zwischen Kirchen- und Islamkritik, zumal nicht in den letzten Wochen. Ich habe auch noch nie einen Aufruf gelesen, „den Islam“ zu lieben. Aber Muslime zu lieben und ihnen mit maximaler Fairness zu begegnen, ohne dabei den eigenen Standpunkt zu verleugnen, das wäre doch schon was. Und die konkret zitierten Beispiele fallen für mich allesamt in die Kategorie „islamophob“ und inakzeptabel. Wenn Christen bestimmter Milieus das tolerieren, brauchen sie sich nicht zu beschweren, wenn sie öffentlich einen schweren Stand haben.

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